Design Thinking vs. Future Thinking

Kalter Kaffee im Thermobecher

18.11.2023
Von   IDG ExpertenNetzwerk
Seit meiner akademischen Ausbildung gestalte und begleite ich diverse Startups der Tech-Branche sowie mein eigenes Startup eat app live - der App-Verlag. Darüber hinaus hatte ich die Chance, digitale Lösungen wie die ZNS GET-App und die Commerzbank Baufi-App erfolgreich mit zu planen und zu konzipieren. Mit Begeisterung beteilige ich mich daneben aktiv an der digitalen Start-Up-Branche u.a. durch Interviews und Beitragsreihen.
Unternehmen sollten auch mal nicht auf Ihre Kunden hören, um wirklich nachhaltiges Unternehmenswachstum zu generieren.
Um Produktinnovationen voranzutreiben, führen Kundenbefragungen nicht immer zu einem anhaltenden Ergebnis.
Um Produktinnovationen voranzutreiben, führen Kundenbefragungen nicht immer zu einem anhaltenden Ergebnis.
Foto: Krakenimages.com - shutterstock.com

Seit Ende der Industrialisierung und damit dem Zerfall des Massenmarkts zu Gunsten von mehr Individualität - befeuert durch eine fast grenzenlose Globalisierung - ist jedem Unternehmen klar, dass der Kunde mehr Macht hat denn je. Deshalb ist er ja auch König. Und genau aus diesem Grund bestimmt er auch, welche Produkte und Services ein Unternehmen anbieten sollte. Aber das muss nicht immer so sein.

Warum es Innovationen braucht

Die Kreation und Umsetzung eines neuen Geschäftsmodells spielt in vielen Bereichen eine große Rolle - für Startups stellt es das Zentrum aller Handlungen dar, für Unternehmen, die meist mehrere Geschäftsmodelle parallel betreiben, bedeutet es Konkurrenzfähigkeit und für eine Volkswirtschaft nachhaltiges Wachstum. Die meisten Geschäftsmodelle setzen dabei auf eine Innovation in Form einer Produktneuheit, um am Markt eine Nachfrage zu erzeugen, diese zu halten oder anderen Marktteilnehmern diese strittig zu machen.

Kundenbefragung als (schnelle) Lösung

Erfreulich ist, dass in den letzten Jahren verschiedene Ansätze entwickelt wurden, wie Produktneuheiten systematisch entwickelt werden können. Manche rücken das Design Thinking und alle Methoden zur Analyse der Kundenbedürfnisse in den Fokus. Das ist auf jeden Fall ein Ansatz, der Unternehmen auf kurze Sicht zufriedene (Bestands-)kunden mit geringer Flopquote bescheren kann. Denn "der Kunde ist König" und seine/ihre Bedürfnisse werden letztlich über den Erfolg des Produkts entscheiden - denkt sich so mancher Unternehmer. Aber diese Form der Ideenvalidierung ist nicht für Innovationssprünge oder gar Disruptionen geschaffen - also nachhaltige Innovationen. Doch warum eigentlich nicht?

Beim Design Thinking wird zunächst in einem Teilnehmerkreis abgegrenzt, was, für wen, in welchem Rahmen und mit welchem Endziel entwickelt werden soll. Das könnte für ein Beispielunternehmen, welches Thermoskannen herstellt, zum Beispiel lauten: "Unsere Umsatzzahlen für Thermoskannen gehen zurück, da die Winter immer milder werden. Wir wollen daher ein neues Produkt entwickeln, welches für unsere bisherigen Thermoskannenkäufer interessant ist, um unseren Umsatz stabil zu halten."

Lesetipp: So schaffen Sie eine Innovationskultur

Beispiele für Design Thinking

Ausgehend von dieser definierten Problemstellung im Rahmen des Design Thinkings beginnt nun die Phase der "Beobachtung". Hierbei wollen die Teilnehmer des beispielhaften Design-Thinking-Prozesses ihre Bestandskunden verstehen, indem diese beobachtet oder befragt werden. In beiden Fällen schauen sie sich das aktuelle Verhalten des Kundenstamms an, um daraus Schlüsse darüber zu ziehen, welches neue Produkt entwickelt werden sollte. Dazu werden 100 Bestandskunden befragt, wie ihr Alltag aussieht, welche Probleme ihm oder ihr dabei begegnen und wie er oder sie dieses Problem aktuell löst. Dabei erfährt das Unternehmen, dass die meisten Kunden eine große Unzufriedenheit mit der Zubereitung des Kaffees innehalten - die (überwiegenden) Kapselmaschinen würden den Kaffee nicht heiß genug zubereiten, sodass er meist nach kürzester Zeit ausgekühlt wäre.

Daraufhin beschließt das Unternehmen, eine speziell für diese Kapselmaschinen angefertigten Thermobecher auf den Markt zu bringen, um dieser Kundengruppe ein Problemlöser-Produkt zu verkaufen. Klingt nach einem Erfolg, oder? Auch Airbnb setzte das Design Thinking erfolgreich ein, um herauszufinden, wie einige Anzeigen wesentlich besser ausgespielt werden konnten - das Ergebnis: Mit besseren Fotos der Unterkünfte.

Ein anderes Beispiel jedoch verdeutlicht, warum eine Kundenbefragung nicht zu Innovationssprüngen führt: Hätte Henry Ford damals eine Kundenbefragung durchgeführt und die Menschen gefragt, wie die Fortbewegung verbessert werden könnte, hätten die meisten nur im Rahmen ihrer Vorstellung geantwortet: Mehr Pferde! Bessere Kutschenräder!

Im nächsten Abschnitt erfahren Sie auch, warum der Thermoskannenhersteller mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen kurzfristigen Erfolg erzielen wird, aber in kürzester Zeit erneut nachjustieren muss.