Integration von Text- und Datenverarbeitung lohnt sich besonders für kleine bis mittlere Unternehmen:

Kalkulation am Schliersee kommt aus Minden

03.07.1981

MÜNCHEN (rs) - Um die Integration von Text- und Datenverarbeitung rankt sich das Bemühen der DV-Hersteller. Mit Schwarzweißmalerei wie "Hier nur Text-, dort nur Datenverarbeitung" kommt man nach Ansicht der Hersteller nicht weit. Zu stark hänge dies von der konkreten Situation vor Ort ab. "Auch eine Schreibmaschine", so Ingo Lüdke aus der IBM-Presseabteilung, "hat noch ihre Berechtigung."

Um gleich bei IBM zu bleiben: Die Stuttgarter scheinen sich in ihrem Angebot für jegliche Form der Textverarbeitung und auf alle möglichen Anforderungen eingestellt zu haben. Abgesehen einmal von den - wie die Konkurrenz mitunter in ihrer Werbung zu suggerieren versucht - veralteten Kugelkopfschreibmaschinen bieten die Schwaben ein spezialisiertes Textsystem, das allerdings per Schnittstelle in SNA-Netze eingebunden werden kann.

Die nächste Stufe ist dann ein Bürosystem, das bereits über arithmetische und Datenverarbeitungsfunktionen wie Grundrechenarten oder Dateien-Handling verfügt. Im Distributed-Data-Processing-System 8100, das derzeit nur mit Schwierigkeiten abzusetzen ist, weil die Anwender sich noch nicht von der Notwendigkeit einer integrierten TV/DV-Lösung überzeugen ließen, tritt die Textverarbeitung in den Hintergrund. Prinzipiell gilt und dem schließt sich auch Siemens mit seinen Basisdatensystemen 6000 an: Je größer der Rechner, umso mehr wird die Textverarbeitung eine Anwendung unter anderen.

Brief mit Knopfdurck

Kriterien, wann ein reines Textverarbeitungs- und wann ein integriertes System sinnvoll ist, können oder wollen die Unternehmen nicht nennen. Standardantwort: Jeder Einzefall müsse genau unter die Lupe genommen werden. Zu viel hänge von den Fachabteilungen und ihrer Organisationsstruktur ab.

Natürlich, die Trivialbeispiele "Korrespondenzintensive Abteilung" und "Sachbearbeiter" werden als Extreme genannt. Während für die Produktion von Werbebriefen oder Kundenanschreiben allgemeiner Art auf DV-Funktionen getrost verzichtet werden kann, muß ein Sachbearbeiter schon mal auf Dateien zurückgreifen, um beispielsweise ein Angebot zu erstellen. Da erscheint es durch aus sinnvoll, wenn der Bearbeiter nach der Kalkulation mit dem berühmten Knopfdruck das Angebot auch noch gleich selbst drucken und verschicken kann.

Texte schreiben neben Film

Eine Veränderung im benötigten Know-how beim TV/DV-Vertrieb registriert Triumph-Adler. Die Vertriebsleute, unterstreicht Pressesprecher Jörg Pläsker, müßten mittlerweile erhebliche Kenntnisse in der Textverarbeitung, insbesondere in Organsationsfragen, an den Tag legen. Mit reiner DV-Theorie sei nichts zu machen. Ähnlich wie IBM und Siemens stellt sich auch das Nürnberger Unternehmen auf diverse Anforderungen ein. Das "nicht beißende" TA-Textsystem Bitsy verfügt über ein paar arithmetische Funktionen, die 1600-Familie erledigt auch Textverarbeitung, wenn der Anwender es möchte und die entsprechende Software erwirbt.

Ein wesentliches Einsatzgebiet der Rechner, die Text- und Datenverarbeitung können, sieht Philips-Pressechef Horst W. Henn bei kleinen und mittleren Unternehmen. "Gerade bei Systemen wie der P 330, die um 40 000 Mark kosten", lobt Henn das Philips-Produkt, "sind Text- und Datenverarbeitung zusammengewachsen." Viele Firmen wollten neben der Finanzbuchhaltung beispielsweise mit ihrem Rechner auch Breife schreiben. Die Weiterentwicklung bei den Druckern, die mittlerweile in Korrespondenzqualität drucken können, habe dies erst ermöglicht.

Kalkulation per DFÜ

Der Karosserie-und Lackierfachbetrieb Hermann Kraus in Hausham am Schliersee beispielsweise habe für seine Verwaltungstätigkeiten eine P330 eingesetzt. Über DFÜ kann sich, wie Henn berichtet, das Unternehmen mit dem Audatext-Rechenzentrum im nordrhein-westfälischen Minden zusammenschließen. So nutze der Unternehmer das RZ-Angebot der Schadenskalkulation. Nach Eingabe der notwendigen Angaben erhalte Kraus die vollständige Kalkulation zurück, die er dann gleich als Grundlage der Reparaturrechnung verwenden könne.

Auch die Kundenbetreuung könne laut Henn mit einer integrierten Text-/Daten-Maschine verbessert werden. So ließen sich, wieder am Beispiel eines Kraftfahrzeugbetriebes, aufgrund der gespeicherten Kundendaten Briefe nach dem Motto "Ihr Auto hat heute Geburtstag" verschicken. Es gehe allerdings auch ernsthafter.

"Reine Textverarbeitung - o. k.", findet Wang-Manager Ralf Bengsch. Das Problem sei, daß Insellösungen entstehen konnten, bei denen die Abteilung A nicht auf die Informationen der Abteilung B zugreifen könnten. Überhaupt möchte Bengsch die Begriffe Text- und Datenverarbeitung zusammenfassen. Er würde lieber von Informationsverarbeitung sprechen und das bedinge eben doch eine integrierte Lösung.

Unterschiedlich sehen die größeren Anwender die Textverarbeitung. Ludwig Kottmann, DV-Leiter der Frankfurter Allibert GmbH, hat mittelfristig keine Pläne für eine programmierte Textverarbeitung, aber er beobachtet den Markt. Intuitiv würde er zu einer zentralisierten Textverarbeitung neigen. Noch registriert er auch bei den Mitarbeitern eine leichte Scheu, sich mit "Maschinen auseinanderzusetzen".

Anders sein Kollege Hans Dieter Lukas von der Faber Castell KG in Stein. Hier ist für das zweite Halbjahr die Einführung der Textverarbeitung geplant, die Untersuchungen seien aber noch nicht abgeschlossen. Aus heutiger Sicht würde er eine getrennte Lösung anstreben. Stand-alone-Systeme scheinen seiner Meinung nach für die speziellen Belange dieses Unternehmens die preisgünstigere Lösung.

Keine automatisierte Textverarbeitung betreibt der Hamburger Buchgroßhandel Wegener. "Bei Rundschreiben an alle Kunden", bestätigt DV-Leiter Carsten Diercks, "wäre es schön, wenn wir´s hätten." Im allgemeinen falle zu schreibender Text aber in einer Größenordnung an, daß man auf ein Textsystem nicht angewiesen sei.