Internet-Dienstleister stellt Insolvenzantrag

Kabel New Media ist zahlungsunfähig

06.07.2001
MÜNCHEN (CW) - Mit dem Hamburger Internet-Dienstleister Kabel New Media hat die Krise der New Economy ihr bisher prominentestes Opfer in Deutschland gefordert. Das Unternehmen stellte Anfang dieser Woche einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Das Amtsgericht Hamburg hat den Eingang eines entsprechenden Insolvenzantrags bestätigt. Da die liquiden Mittel nicht mehr ausreichen, um die künftig fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen, sei man zu diesem Schritt gezwungen gewesen, teilte Kabel New Media in einer Pflichtveröffentlichung mit. Ziel sei es nach wie vor, eine Lösung zur Fortführung des gesunden Kerngeschäfts zu finden und damit den Erhalt von Arbeitsplätzen und Kundenbeziehungen zu gewährleisten. Dem Insolvenzantrag vorausgegangen war Ende vergangener Woche das Scheitern von Gesprächen mit möglichen neuen Investoren.

Ganz im BranchentrendDass sich die Krise um das Unternehmen jetzt so zugespitzt hat, kommt für Experten nicht überraschend. Weltweit kämpfen derzeit die Internet-Beratungshäuser, die einst als Protagonisten der New Economy gefeiert wurden, mehr oder weniger ums Überleben; Insolvenzen beziehungsweise gravierende Geschäftseinbrüche von Firmen wie March First und Razorfish sprechen Bände. Auch die Entwicklung von Kabel New Media verlief branchentypisch: Einst als reine Multimedia-Agentur gestartet, positionierten sich die Hamburger zunehmend als E-Business-Dienstleister mit einem Komplettangebot. Nach dem Börsengang an den Neuen Markt im Juni 1999 wurde ein Dutzend Firmen übernommen, mit dem man ein "Netzwerk der Entrepreneure" kreieren wollte. Doch mit dem Ende des Internet-Hypes und dem allgemeinen Einbruch in der IT-Branche fraß ebendieses Netz die Substanz des Unternehmens auf. Die größtenteils viel zu teuren Akquisitionen mussten wertberichtigt werden, teilweise gingen die Firmen selbst in Konkurs. Hinzu kam, dass Kabel New Media auch im operativen Geschäft kräftig rote Zahlen schrieb.

Weitere Zukunft ungewissErst vor zwei Wochen hatte das Unternehmen im Zuge "laufender Jahresabschlussarbeiten" angekündigt, dass der Verlust für das Ende März abgelaufene Geschäftsjahr 2000/01 bis zu 130 Millionen Euro betragen könne.

Wie es mit dem Unternehmen und seinen derzeit noch rund 800 Mitarbeitern weitergeht, ist unklar. Weitere Stellungnahmen gab es von Kabel New Media nicht. Man erwarte die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, mit dem sofort erste Gespräche geführt würden, hieß es lediglich. Wesentlicher Aspekt werde dabei "die Darstellung der in den vergangenen Tagen erfreulicherweise eingegangenen Zahlungen von Kunden sowie entsprechender Vertrauensbekundungen" sein.

Ungemach könnte den Hamburgern aber auch noch von anderer Seite drohen. Nachdem bereits vor Veröffentlichung der Ad-hoc-Meldung zum Insolvenzantrag der Kurs von Kabel New Media erneut dramatisch eingebrochen war, hat das Bundesaufsichtsamt für Wertpapierwesen (BaWe) zunächst rein formell Ermittlungen wegen möglichen Insiderhandels aufgenommen. Darüber hinaus soll Firmengründer und Vorstandschef Peter Kabel - so wird jedenfalls aus unternehmensnahen Kreisen kolportiert - in den letzten Monaten ganz bewusst auf eine Insolvenz zugesteuert haben, um sich von der Schuldenlast zu befreien und mit Hilfe von Freunden und Gönnern wieder die Aktienmehrheit und damit die Chance eines Neuanfangs zu sichern.