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Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz?

Jurist: Nokia-Vorgehen beim Aus für Bochumer Werk rechtswidrig

06.02.2008
Das Vorgehen des Nokia-Managements zur Schließung des Bochumer Werkes verstößt nach Darstellung von Arbeitsrechtlern gegen deutsches und europäisches Recht.

"Das Betriebsverfassungsgesetz schreibt vor, dass der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsstilllegungen rechtzeitig und umfassend informieren und die Maßnahmen mit ihm beraten muss", sagte Arbeitsrechtler Julian Richter am Dienstag in Hamburg der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die Belegschaft mit vollendeten Tatsachen zu überraschen, sei nicht nur moralisch fragwürdig, sondern auch rechtswidrig. Das folge auch aus der Massenentlassungs-Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft.

Der Betriebsrat kann sich nach Einschätzung des Arbeitsrechtlers gegen das Vorgehen von Nokia wehren. "Was man gerichtlich erzwingen kann ist, dass man mitreden kann", sagte Richter. "Der Betriebsrat kann vielleicht am Ende eine Schließung nicht verhindern. Aber man kann sich auf verschiedene Kompromisse einigen, wie zum Beispiel eine zeitliche Verlängerung der Produktion oder auf lediglich eine Teilschließung", betonte der Anwalt der Kooperation "ArbeitnehmerAnwälte".

Besucher des Bochumer Schauspielhauses haben wegen der Schließungspläne in den vergangenen Tagen ihre Nokia-Handys in eine "Protest-Tonne" geworfen. Seit Ende Januar hätten sich auf diese Art mehr als 30 Besucher ihrer jetzt "ungeliebten Handys" entledigt, sagte ein Theatersprecher am Dienstag. Außerdem füllten Theaterfreunde vor und nach den Aufführungen 1400 Protestpostkarten aus, die in den nächsten Tagen an den Nokia-Vorstandschef Olli-Pekka Kallasvuo gehen. Am Nachmittag übergab der Kaufmännische Direktor des Schauspielhauses, Rolf Suhl, Handys und Postkarten der Bochumer Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD).

Die Vorsitzende des Bochumer Betriebsrates, Gisela Achenbach, hatte nach der Schließungsankündigung des finnischen Nokia-Konzerns im Januar betont, das Management habe das Aus für Bochum dem Betriebsrat zu keiner Zeit angekündigt. Die IG Metall betonte, die Arbeitnehmer wollten jetzt endlich Gespräche mit dem Nokia-Management über Perspektiven zum Erhalt des Standortes führen. Die Gespräche müssten auf jeden Fall vor der von Nokia angesetzten Aufsichtsratssitzung am 28. Februar in Finnland stattfinden. Auf dieser Sitzung solle das von Kallasvuo angekündigte Aus für das Bochumer Werk offiziell beschlossen werden, erklärte die Gewerkschaft in Düsseldorf.

Das Werk Bochum mit seinen 2300 Beschäftigten soll nach dem Willen von Nokia Mitte 2008 aufgegeben und die Produktion nach Rumänien verlagert werden. (dpa/tc)