Digital Natives

Junge Kreative lassen sich nicht anketten

06.06.2011
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Komplexität statt Kreativität

Die Idee, sich Querdenker auf Zeit zu mieten, fand auch Urs Vetsch reizvoll. Ansonsten konnte der CIO der Zurich Financial Services das Buhlen um die Digital Natives nicht nachvollziehen. Die Versicherungsbranche sei weniger an Kreativen als an Mathematikern und Technikern interessiert. In der IT einer Versicherung gehe es darum, komplexe Prozesse abzubilden, wie sie etwa die Risikoberechnung einer Lebensversicherungspolice erfordere.

Mehr Interesse an Digital Natives zeigt indes die Deutsche Bank, eigentlich auch ein konservativer Anwender. Felix Reiners trägt die schöne Jobbezeichnung Innovation Manager und übt diesen seltenen Beruf beim Frankfurter Geldhaus aus. Mit einem kleinen Team entwickelt er neue Ideen, benutzt die in Stanford entwickelte Methode Design Thinking und bastelt an Prototypen. "Die IT hat bei uns viele neue Sachen wie Blogs und internes Microblogging angestoßen", sagt Reiners. Gerade die interne Twitter-Variante biete die große Chance, sich mit Mitarbeitern aus ganz anderen Bereichen über hierarchische Grenzen hinweg auszutauschen. Erste Erfahrungen zeigten bereits das große Potenzial.

Sicherheit wiegt schwerer

Auch bei VW ist die neue Kommunikationskultur eingezogen. Volker Kratzenstein, Leiter IT-Projects, Architectures und Standards, stellte einen internen Vertriebsblog vor, an dem sich schon 35.000 VW-Mitarbeiter beteiligen. Die Kommunikation sei direkt, die Informationen würden schnell bereitgestellt, und die Communities organisierten sich selbst, so Kratzenstein über die Vorzüge von Social Media im Unternehmen. Allerdings müssten Compliance-Vorschriften eingehalten werden.

Compliance und Social Media sind aber in der Unternehmenspraxis oft Gegensätze. "Es herrscht ein Kampf zwischen Vertretern von Architektur und Sicherheit auf der einen und von Coolness und Innovation auf der anderen Seite", sagte Brenner, der schon über 200 Führungskräfte in Sachen Social Media trainiert hat. Viele IT-Chefs seien noch nicht bereit für Themen wie Web 2.0 oder Mobile und sähen Innovation als Hobby an nach dem Motto: Das mache ich, wenn ich mal Geld und Zeit übrig habe.

Digital Natives

Sie sind kaum älter als 30 Jahre, mit Internet und Mobiltelefon aufgewachsen und rund um die Uhr informiert. Eingefahrene Arbeitsweisen, Hierarchien und Verbote - insbesondere in Sachen Kommunikation - schrecken Digital Natives ab. Sie wollen keinen Nine-to-Five-Job, sondern arbeiten, wie es ihrem Lebensrhythmus entspricht. Ins Büro eingesperrt zu sein ist ihnen ein Greuel, lieber arbeiten sie auch mal von zu Hause oder dem Café aus. Sie definieren sich über ihre Aufgaben, die ihnen Sinn, Abwechslung und Spaß bringen sollen. Von Führungskräften erwarten sie direktes Feedback und Anerkennung. Eine klassische Karriere ist ihnen nicht so wichtig.