"Auswandern" kommt nicht fuer jeden in Frage

Junge High-Tech-Firmen auf der schwierigen Suche nach Kapital

05.01.1996

Mit der Ankuendigung, Aktien an der Nasdaq zu plazieren, war der Fast Multimedia AG die Aufmerksamkeit der Branche sicher. Der Sprung an US-Boersen ist bei deutschen IT-Unternehmen bisher keinesfalls Usus. "Unser Kapitalbedarf in Hoehe eines zweistelligen Millionenbetrags war den Banken zu hoch", erklaerte Corporate Marketing Manager Roland Schaefer auf dem Unternehmerforum "Eigenkapitalstrategien fuer mittelstaendische Unternehmen" in Muenchen. So verzeichnete die 1985 gegruendete Gesellschaft 1993 und 1994 im Multimedia-Sektor ein hohes Umsatzwachstum, das finanziert werden musste.

Die Banken liessen jedoch nur ueber einstellige Millionenbetraege mit sich handeln. Staatlichen Beteiligungsgesellschaften fehle es an Dynamik und sie taetigten zudem nur begrenzte Investitionen. Deutsche Boersen kamen als Moeglichkeit zur Kapitalgewinnung auch nicht in Frage. Die Banken fordern von emissionswilligen Firmen mindestens 200 Millionen Mark Umsatz. Zudem muss das Unternehmen mindestens fuenf Jahre erfolgreich operiert haben. Als weiteres Kriterium der Boersentauglichkeit eines Unternehmens kommt die Erfuellung der Business-Plaene hinzu. "In unserem Markt sagen Forecasts nicht viel aus", konstatiert Schaefer. Die Infrastruktur fuer High-Tech-Wachstumsfirmen in Deutschland ist schlecht, zieht das Fast-Management ein Fazit.

Der gleichen Meinung ist auch Ulrich Seng, Gruender der Spea Software AG. "Wir mussten extremes Wachstum finanzieren. Dafuer gibt es in Deutschland kein Geld. Hohe Wachstumsraten sind fuer jeden deutschen Banker ein Zeichen hoechster Unseriositaet", gab Seng gegenueber der "Wirtschaftswoche" seine Erfahrung wieder. Fuer Risikokapitalgeber fehle dagegen mangels Instrumenten wie der Nasdaq eine vernuenftige Moeglichkeit, die Investition plus Rendite wieder zurueckzubekommen. Zuerst war bei Spea von einer baldigen Emission in den USA die Rede, dann verkaufte Seng sein Unternehmen jedoch fuer 61 Millionen Dollar an die Diamond Multimedia Systems Inc.

Fast entschloss sich zu einem Public Offering an der Nasdaq. Auch der Sicherheitsspezialist Ultimaco AG aus Oberursel will sich innerhalb der naechsten eineinhalb Jahre an der US-Telefonboerse notieren lassen. "Wir werden uns eventuell fuer die Nasdaq entscheiden, weil dort High-Tech-Werte leichter angenommen werden", erklaert der Vorstandsvorsitzende Horst Goertz.

Dem Boersenengagement ging bei Fast die Gruendung der Fast Multimedia Inc. mit Sitz in den USA voraus. Als Investoren sind TVM und Sequoia Capital mit insgesamt 15 Prozent eingestiegen.

Billig ist das Public Offering allerdings nicht. Mit rund 1,5 Millionen Mark schlagen bei Fast allein das Auditing, die Beratung sowie der IPO-Prozess zu Buche. Hinzu kommen Reisekosten, Aufwendungen fuer die Umstrukturierung etc.

Der Gang an die US-Boerse kommt nach der Erfahrung Peter Kronfelds, Vice-President Marketing, nicht fuer jedes Unternehmen in Betracht. Bei Fast sei die Ausgangsposition durch die internationale Ausrichtung des Unternehmens sowie den hohen US-Anteil am Umsatz guenstig gewesen. Auch Ultimaco ist in den USA aktiv und erwartet dort in den kommenden Jahren erhebliche Umsaetze.

Unternehmen mit nationalem Zielmarkt fehlt es noch an einer Moeglichkeit wie der Nasdaq. Die Boersengeschichte der SAP AG ist immer noch die Ausnahme. Auf deutschem Boden hat es auch die Darmstaedter DB-Soft AG versucht. Im Maerz 1993 war die Aktie des Herstellers von kaufmaennischer Standardsoftware als erste deutsche Neuemission ohne Begleitung einer Bank von Freimakler Uto Baader zu einem Preis von 215 Mark in den Muenchner Freiverkehr eingefuehrt worden. Zur Erfolgsstory reicht die Kursentwicklung bisher allerdings nicht (vgl. Seite 2). Die Aktie fuehre ein "Aschenbroedel-Dasein", beklagten die beiden Vorstaende Gabriele Kiehl und Sabine Fraenzl vor einigen Wochen in einer Pressekonferenz.