Joint-venture soll interaktive Loesungen vermarkten AT&T und Silicon Graphics schliessen Multimedia-Bund

01.07.1994

MUENCHEN (pg) - AT&T stellt die Weichen in Richtung Multimedia. Die AT&T-Division Network Systems kuendigte zusammen mit Silicon Graphics ein Joint-venture an, das interaktive Video-Server- Applikationen entwickeln soll. Mit dem Hersteller von RISC- Workstations holt sich der amerikanische TK-Konzern einen Partner ins Boot, der bereits drei achtbare Multimedia-Erfolge verbuchen konnte.

Die weltweit groesste Telefon-Company beansprucht nicht nur im internationalen Sprach- und Datenkommunikationsgeschaeft eine Fuehrungsrolle, sondern will sich auch ein grosses Stueck vom Multimedia-Kuchen sichern. Deshalb gruendete die AT&T Network Systems jetzt mit Silicon Graphics ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Namen "Interactive Digital Solutions". Die Tochter soll Server, Systemsoftware, Integrationsloesungen sowie Support fuer Betreiber von Telefonnetzen und Kabelfernsehsystemen liefern, die ihrerseits interaktives Fernsehen (Video on demand), multimediale Applikationen sowie Videokonferenzen anbieten.

Das neue 50-50-Unternehmen hat die Aufgabe, das Potential, das AT&T in Sachen ATM-Netze, Netzwerk-Management, Vertrieb, Wartung und Support einbringt, mit dem RISC-basierten Media-Server "Challenge" sowie der Systemsoftware von Silicon Graphics zu kombinieren. Der Workstation-Produzent tummelt sich mit seiner Multimedia-Software im Bereich namhafter Konkurrenten. So fertigt zum Beispiel Oracle Video-Server-Applikationen, ferner draengen IBM und Microsoft heftig auf diesen Markt.

Trotz der grossen Gegner hat Silicon Graphics zumindest ein Bein schon fest im Multimedia-Geschaeft. Bereits vor einem Jahr fiel die Wahl des amerikanischen Medienkonzerns Time-Warner auf die Company aus Mountain View. Die Kalifornier stellen fuer ein interaktives, digitales Kabel-TV-Netz, das ab Ende 1994 in 400 Haushalten in Orlando, Florida, erprobt werden soll, mit ihren Challenge- Maschinen die noetigen Video-Server und entwickeln als Front-end oder Set-Top-Geraet eine Art kompakte Workstation, die auf der Mips-Multimedia-Engine aufsetzt.

Neben dem Prestigeerfolg, den Silicon Graphics mit Warner verzeichnete, landeten die Amerikaner vor drei Wochen mit der japanischen NTT einen weiteren Coup. Die Vereinbarung mit dem TK- Riesen aus Nippon sieht die Kalifornier als Partner beim Aufbau eines landesweiten Netzwerkes fuer interaktive Multimedia-Dienste vor.

Mit AT&T hat sich nun die dritte Groesse mit Silicon Graphics zusammengeschlossen. Walter Fertl, Geschaeftsfuehrer der Silicon Graphics GmbH, betonte gegenueber der Presse, der Deal mit AT&T stehe in keinem Widerspruch zum Abkommen mit NTT. Die Verbindung sei, so der Deutschland-Chef, nicht exklusiv, vielmehr wuensche sich sein Unternehmen die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern.

Gegenueber der CW teilte Fertl mit, in ein bis zwei Jahren mit den ersten vermarktbaren Produkten des Joint-ventures zu rechnen.

"Wir werden aber zu keiner Netzwerk-Company", hob Fertl anlaesslich einer Pressekonferenz in Muenchen ausdruecklich hervor. Silicon Graphics trete lediglich als Technologielieferant auf, dessen rechtzeitiges Engagement fuer Multimedia sich jetzt auszahle. "Wir wissen aber nicht, wohin die Reise gehen und wie der Consumer die Services annehmen wird", sagte Fertl und wies damit auf die Unberechenbarkeit der Multimedia-Zukunft hin.