Keine Wiederwahl als Chairman

John Chambers zieht sich bei Cisco zurück

20.09.2017
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
John Chambers, Gründer und zuletzt Executive Chairman des weltgrößten Netzausrüsters Cisco, will im Dezember 2017 nicht mehr für eine Wiederwahl ins Board of Directors zur Verfügung stehen. Der Rücktritt beendet eine beispiellose Karriere im weltweiten ITK-Markt.

Wie Cisco mitteilt, wird der heutige Chief Executive Officer (CEO) Chuck Robbins auch neuer Executive Chairman. Die Leistungen von Chambers (68), der 20 Jahre als CEO die Geschicke des Konzerns lenkte, sollen allerdings nicht in Vergessenheit geraten: Ihm bleibt der Ehrentitel eines "Chairman Emeritus".

Cisco wurde unter der Führung von Chambers zum größten Netzausrüster im weltweiten ITK-Markt und zu einem der profitabelsten Unternehmen in der Branche. Allerdings kam vor rund zehn Jahren erstmals Sand ins Getriebe: Der Megatrend Virtualisierung sorgte dafür, dass Anwender ihre Rechenzentren besser auslasten konnten und weniger Equipment benötigten. Ein noch stärkerer Wandel setzte mit Cloud Computing ein: Je mehr die Dienste von Cloud-Anbietern wie Amazon Web Services, Microsoft oder IBM genutzt werden, desto geringer ist der Bedarf an eigenen RZ-Kapazitäten und in der Folge an Routers und Switches.

Chambers hat Cisco geprägt

"Johns brillanter Geist, seine Empathie und sein charismatischer Führungsstil haben Cisco über mehr als 20 Jahre geformt und gestaltet. Dafür sind wir John alle dankbar", lässt sich CEO Robbins in einem Statement für die Presse zitieren. Sein Einfluss auf die gesamte ITK-Industrie sei immens, zudem habe er Cisco auf dem Fundament einer ganz besonderen Kultur von Integrität und Innovation aufgebaut - das werde Mitarbeiter, Partner und Kunden in die Zukunft begleiten.

Ist CEO von Cisco und wird auch neuer Chairman: Chuck Robbins.
Ist CEO von Cisco und wird auch neuer Chairman: Chuck Robbins.
Foto: Cisco

Sein Amt des CEO hatte Chambers bereits vor zwei Jahren an den vormaligen Vertriebs-Chef Robbins abgegeben, als Chairman war er aber dennoch das Gesicht der Company geblieben. Obwohl sein Erfolg unbestritten ist, gab es damals doch viele Beobachter, die einen Wechsel an der Führungsspitze für überfällig hielten. Cisco brauche ein neues Gesicht, das für einen grundlegenden Wandel stehe, so der Tenor in den Medien damals.

Übergabe an Rollins von langer Hand vorbereitet

Chambers fügte sich in seine neue Rolle besser ein, als viele befürchtet hatten. Anstatt weiter die Fäden zu ziehen und Rollins ins Handwerk zu pfuschen, reduzierte er seine Arbeitszeit vor rund einem Jahr auf die Hälfte und widmete sich anderen Dingen, darunter einigen Startups, an denen Chambers beteiligt ist. Mit dem künftigen Chairman Rollins hatte er einen detaillierten Übergabeplan ausgearbeitet.

Gegenüber der "Financial Times" sagte Chambers vor wenigen Tagen: "Unsere Wettbewerber, die vor zehn Jahren und früher noch da waren, sind alle verschwunden." Es habe etliche Startups gegeben, die sich als "Cisco-Killer" positioniert hätten. Das sei am Ende keinem gelungen.

Cisco war 1984 von Wissenschaftlern der Stanford University in San FranCISCO (daher der Name) gegründet worden. Es gehörte zu den ersten Unternehmen, die kommerziell erfolgreich Router mit Multiple-Network-Protocol-Unterstützung verkauften. Zwischen 1992 und 1994 wuchs das Unternehmen durch die Übernahme einiger auf Ethernet-Switching spezialisierten Firmen, darunter Kalpana, Grand Junction und vor allem Crescendo Communications. Auf Basis dieser Technologien entstand die Marke Catalyst, die für eine Reihe von Netzwerk-Switches steht.

Als 1995 John Chambers das Ruder übernahm, lag der Jahresumsatz bei 1,2 Milliarden Dollar, im vergangenen Jahr waren es 48 Milliarden. Cisco wuchs vor allem in der zweiten Hälfte der 90er Jahre rasant - in Zeiten, in denen das Multi-Protocol-Routing auf dem Rückzug war und IP-Netze weltweit ihren Siegeszug antraten. Cisco ritt die Internet-Welle und erarbeitet sich im Router-Segment eine Quasi-Monopolstellung. Heute nimmt Chambers zu Recht für sich in Anspruch, die Markentwicklungen richtig interpretiert zu haben. Außerdem gelang es ihm stets, das Innovationstempo hoch zu halten.

Das alles führte dazu, dass Cisco sogar kurzzeitig zum Unternehmen mit dem weltweit höchsten Börsenwert aufstieg: Die Marktkapitalisierung betrug im März 2000, auf dem Höhepunkt der Internet-Blase also, stolze 555 Milliarden Dollar. Damit würde Cisco auch heute noch weit oben in der ersten Liga der teuersten Unternehmen mitspielen. Heute ist das Unternehmen rund 160 Milliarden Dollar wert.