Job-Killer Offshoring?

03.12.2004
Bitkom sieht die Chance auf neue Stellen, Forrester befürchtet einen massiven Stellenabbau

Das Auslagern von IT-Aufgaben sichert nach Ansicht des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (Bitkom) in Deutschland nicht nur bestehende Arbeitsplätze, es bietet auch die Chance, neue Stellen zu schaffen. So führten die Einsparungen und Prozessverbesserungen, die Unternehmen mit Hilfe von Outsourcing erzielen können, für mehr Innovation und Wettbewerbsfähigkeit, was sich wiederum positiv auf den Arbeitsmarkt auswirke.

Selbst die Verlagerung der Wertschöpfung in so genannte Niedriglohnländer hat laut Bitkom-Geschäftsführer Peter Broß nicht zwingend eine Vernichtung von Arbeitsplätzen in Deutschland zur Folge. Unter Umständen entständen dadurch sogar neue Jobs, da die IT-Dienstleister die geringeren Kosten im Offshore-Land über niedrigere Preise an ihre Kunden weitergäben und diesen dadurch "Spielräume für Investitionen in anderen Bereichen" verschafften.

Millionen von Jobs sind betroffen

Dagegen rechnen die Marktforscher von Forrester Research mit einem massiven Stellenabbau durch Offshoring. Im Jahr 2015 werden allein in den USA 3,5 Millionen Stellen im IT-Services-Sektor in Offshore-Länder verlagert worden sein. Nach Einschätzung des US-amerikanischen Hochschulprofessors und Outsourcing-Experten Leslie Willcocks könnte diese Zahl jedoch noch weit höher liegen: "Ich gehe davon aus, dass der Offshoring-Trend zu einer grundlegenden Neuanpassung der globalen Arbeitsverteilung führen wird", prognostizierte Willcocks.

Aussichten auf Erfolg haben Offshore-Projekte, die über einen externen Anbieter im Drittland abgewickelt werden, nach Ansicht von Willcocks vor allem bei folgender Offshore/Onshore-Verteilung der involvierten Fachkräfte: Kunde und Outsourcer stellen jeweils 15 Prozent der Projekt-Manager im eigenen Land. Die restlichen 70 Prozent entfallen auf die Mitarbeiter des Dienstleisters im Offshore-Land.

Unter Umständen kann aber auch ein höherer Anteil an Onsite-Fachkräften sinnvoller sein - vor allem wenn der Kunde keine Erfahrung im Offshoring mitbringt. So sah der Outsourcing-Vertrag zwischen dem britischen Finanzdienstleister Nationwide und dem indischen IT-Dienstleister Wipro zunächst vor, dass die Hälfte der Projektmitarbeiter von Großbritannien aus tätig war. Erst später wurde die Offshore-Belegschaft nach und nach ausgebaut.

Interkulturelles Training ist wichtig

Ein wichtiger Faktor für den Erfolg eines Offshore-Vorhabens ist das Verständnis für die unterschiedlichen Arbeitsweisen im Onshore- und im Offshore-Land. Nach Einschätzung von Arun Singh, Cambridge-Professor und ehemaliger KPMG-Partner mit Schwerpunkt Indien, lassen sich die laufenden Kosten eines Offshore-Projekts durch interkulturelles Training und die daraus resultierende verbesserte Kommunikation und Flexibilität um 26 bis 32 Prozent senken. (sp)