Jetzt drohen thermische Probleme Auch mit neuer Pentium-CPU ist Intel nicht aus dem Schneider

13.01.1995

MUENCHEN (CW) - Neue Schwierigkeiten mit Intels Pentium-Prozessor: Erst musste das Unternehmen eingestehen, monatelang CPUs mit einer fehlerhaft rechnenden Fliesskommaeinheit ausgeliefert zu haben. Jetzt warnt das US-Fachmagazin "Computer Reseller News" vor moeglichen thermischen Problemen, die auftreten koennen, wenn mit den neuen Pentium-Prozessoren nicht geeignete Kuehlelemente eingesetzt werden.

Bekannt ist, dass der Pentium-Chip - wie andere CPUs auch - nicht immer nur durch die Umluft der in PCs eingebauten Luefter gekuehlt wird. Zur zusaetzlichen Temperaturregulierung dienen Kuehlelemente, die direkt auf dem Prozessor aufgebracht werden und die im Chip entstehende Hitze ableiten.

Solche Kuehlelemente bietet Intel fuer seine Chips an, sie werden allerdings auch von Drittherstellern produziert. Das "Wall Street Journal" zitiert einen Intel-Sprecher, der gegenueber den "Computer Reseller News" geaeussert habe, man stehe bezueglich dieser Fragestellung mit PC-Herstellern in Kontakt: Insbesondere wolle man sicherstellen, dass alle Kuehlelemente, die Intel selbst fertigt und gemeinsam mit den neuen Pentium-Chips ausliefert, auch einwandfrei arbeiten. Er sei sich, zitiert das "Wall Street Journal" den Sprecher weiter, keiner Schwierigkeiten gewahr, die Anwender mit etwaigen falschen Kuehlelementen haetten.

In Deutschland erklaerte bislang nur die Dell Computer GmbH aus Langen, ab sofort fehlerbereinigte Pentium-Prozessoren anzubieten. Galt dies zunaechst nur fuer die "Optiplex"-Rechner, so gab der fuer alle Technikfragen zustaendige Dell-Manager David Detweiler an, auch die "Omniplex"- und "Dimension"-Systeme sowie die Server der "Poweredge"-Linie liefere man nunmehr mit den neuen Pentium-CPUs aus. Noch bis vor drei Wochen haetten die neuen, korrekt rechnenden Intel-CPUs nur "in sehr geringen Stueckzahlen" fuer "absolut dringende" Faelle zur Verfuegung gestanden.

Einstweilige Verfuegung gegen Intel angedroht

Dell benutze, so Detweiler weiter, in keinem seiner Systeme die Intel-eigene Kuehlung. Vielmehr habe man, je nach Modell, ein eigenes Kuehlungsdesign entwickelt. So wuerden im Chassis etwa der Poweredge-Server vier Luefter arbeiten. Einer davon sei direkt neben dem Pentium-Prozessor plaziert.

PC-Hersteller saehen sich vor dem grundsaetzlichen Problem, mehrere Rechnerlinien anzubieten, die unterschiedliche Architekturlayouts aufweisen koennten. So gebe es etwa Systeme mit und solche ohne Ziff-Sockel fuer CPUs. Dies zwinge aber die PC-Hersteller, jeweils spezielle Kuehlungsdesigns zu entwerfen.

Da Kunden im Moment dabei sind, ihre fehlerhaften Pentium-CPUs gegen neue auszutauschen, fuehrt das zusaetzliche Kuehlungsproblem unweigerlich - so Detweiler - zu "logistischen Alptraeumen". Dell loese dieses Problem, indem man eine Prioritaetenliste aller anfragenden Anwender anlege und eigene Techniker die fehlerhaften Prozessoren peu e peu austauschen lasse.

Fuer Intel koennte sich das Pentium-Debakel darueber hinaus zu einer unendlichen Geschichte entwickeln: Fuer den 17. Januar 1995 beraumte der Santa Clara County Superior Court einen Gerichtstermin an. Ein Richter wird zu entscheiden haben, ob er einer Gruppe von Klaegern recht gibt, die gegen den Prozessormonopolisten eine einstweilige Verfuegung erwirken wollen. Mit dieser soll es Intel unter anderem untersagt werden, fehlerhafte Pentium-Chips auszuliefern, ohne ausdruecklich auf deren Mangel hinzuweisen.

Ausserdem soll verhindert werden, dass Intel sich praeventiv vor Schadensersatzklagen von solchen Kunden schuetzen kann, die durch den fehlerhaft rechnenden Pentium-Prozessor geschaedigt wurden. Nach Darstellung der Klaeger verlangt Intel eine entsprechende Einverstaendniserklaerung.