Interview mit Stefan Welcker, Perceptive Software

Jeder definiert Big Data wie er es gerne haben möchte

25.07.2013
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Der Markt für Enterprise Content Management (ECM) steht vor neuen Herausforderungen. Wie sich der Anbieter Perceptive Software darauf einstellt, erläutert im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE Stefan Welcker, Regional Director für die Regionen DACH/CEE.

CW: Perceptive Software ist - ungeachtet seiner Größe und Marktbedeutung - hierzulande ein noch relativ unbeschriebenes Blatt. Woran liegt das?

Welcker: Ihr Eindruck täuscht nicht. Perceptive Software ist in Deutschland infolge der Zusammenfassung der von Lexmark übernommenen Softwarefirmen unter einem Dach erst seit Ende vergangenen Jahres so richtig präsent. Wir haben unseren Marktauftritt entsprechend vorbereitet und präsentieren uns gerade auch in Deutschland als Anbieter eines Produktportfolios, das sich auf die Erfassung von Dokumenten, deren wiederholte Bearbeitung und damit den regelmäßigen Zugriff auf Informationen sowie die Sicherung von Datenintegrität über den gesamten Lebenszyklus fokussiert.

Stefan Welcker, Regional Director für die Regionen DACH/CEE.
Stefan Welcker, Regional Director für die Regionen DACH/CEE.
Foto: Perceptive Software

CW: Den Ansatz des Komplett-Lieferanten verfolgen inzwischen immer mehr Hersteller, wenngleich der Markt speziell in Deutschland nach wie vor von vielen kleineren Nischenanbietern geprägt ist.

Welcker: Die gesamte DACH-Region gehört sicher zu den herausforderndsten Märkten für ECM-Lösungen weltweit. Viele mittelständische Softwarehäuser und unzählige Integrations-Partner prägen die Szene. Dies führt nicht selten dazu, dass man beim Kunden mit mehr als 20 Wettbewerbern pitchen muss. Wir grenzen uns jedoch ganz bewusst von anderen Marktteilnehmern ab, indem wir unseren Plattformgedanken in den Vordergrund stellen, um unseren Kunden ganzheitliche Lösungen aus einer Hand anbieten zu können.

Durch unsere Muttergesellschaft Lexmark haben wir Zugang zu einer Vielzahl von Großunternehmen, die bereits zufriedene Kunden sind. Natürlich zählt gerade in der DACH Region auch der gehobene Mittelstand zu unserer Zielgruppe. Je mehr unterschiedliche Dokumententypen, je komplexer die Prozesse und je personalintensiver die Verarbeitung ist, umso mehr benötigen die Unternehmen Lösungen aus dem Hause Perceptive Software.

CW: Bedeutet dies, dass sich Ihr Unternehmen direkt als Wettbewerber zu den großen ECM-Anbietern wie IBM und EMC positioniert?

Welcker: Mit Blick auf ein ideales Kundenprofil vielleicht schon. Aber ich denke, schon von der Historie her betrachtet lässt sich kein Anbieter mit einem anderen eins zu eins vergleichen. Perceptive zielt auf große Volumina ab, was für die anderen genannten Wettbewerber natürlich auch gilt. Aber unser Hauptaugenmerk liegt auf dem Capturing, also der Datenerfassung und der Datenqualität, die wir den Kernapplikationen unserer Kunden zuführen. Unser Lösungsangebot ist dabei aber so strukturiert, dass nicht zwingend das darunter liegende Content Management System oder Archiv auch von uns stammen muss. Wir bieten unseren Kunden heute neben der umfassenden End-to-End Lösung auch einzelne Lösungsmodule zur Steigerung der Effizienz an.

Entscheidend ist, dass wir nicht zwingend zum Kunden gehen müssen, um ihm zu sagen: Werfe deine alten Installationen raus! Wir setzen vielmehr bei vorhandenen Standardanwendungen an, etwa in eine SAP-Umgebung, und erweitern diese so, dass der Anwender alle relevanten und bisher versteckten Daten besser finden und in automatisierten Prozessen effizienter verarbeiten kann. Das führt zu signifikanten Steigerungen der Erkennungsraten und damit der Dunkelverarbeitung und zur Reduzierung der manuellen Aufwände auf Seiten unserer Kunden.

CW: Das klingt nach einem sehr hohen Installationsaufwand.

Welcker: Das Gegenteil ist der Fall. Viele unsere Programme sind plattform-orientiert aufgebaut und gehen binnen weniger Wochen als "Out-of-the-Box"-Lösung beim Kunden live. Die Weiterentwicklung und das Training der Systeme kann von unseren Kunden eigenständig ohne Unterstützung der internen IT-Organisation oder von unserer Seite durchgeführt werden.

CW: Datenerfassung und Archivierung waren früher die Kernbestandteile von ECM. Nun kommen jedoch mit der immer größeren Menge vor allen Dingen unstrukturierter Daten aus den Social Networks völlig neue Herausforderungen auf die Unternehmen zu. Immer mehr ECM-Anbieter widmen sich daher auch dem Thema Big Data.

Welcker: Zunächst ist mein Eindruck, dass derzeit jeder im Markt Big Data so definiert, wie er es gerne haben möchte. Wir haben dazu eine klare Position. Erstens: Unsere Lösungen können alle Dokumente unabhängig von ihrer Struktur und ihrem Format verarbeiten, erkennen und extrahieren. Zweitens: Mit unseren Search-Engines können die Anwender Dokumente gezielt wiederfinden - unabhängig davon, in wie vielen Repositories, Business-Intelligence-Systemen, Intranets, Archivsystemen oder Datenbanken die Informationen zum Teil mehrfach vorgehalten werden und zum Teil auch noch falsch verschlagwortet sind.

CW: Wie groß ist denn die Organisation von Perceptive in Deutschland und planen Sie mittelfristig auch mit einem Netz an Integrations- und Vertriebspartnern?

Welcker: Als vollständig in den Lexmark-Konzern integrierte Tochter können wir hierzu keine Angaben machen. Gehen Sie aber mal davon aus, dass der Beitrag von Perceptive zum Umsatz und Ergebnis des Gesamtkonzerns nicht unerheblich ist - auch hierzulande schon. Für die Kunden dürfte es indes viel bedeutsamer sein, dass wir als völlig autarke Division agieren können. Und natürlich haben wir auch in Deutschland anspruchsvolle Wachstumsziele. Was den möglichen Aufbau eines Partnergeschäfts angeht, müssen wir abwarten. Unsere Software, die zum Teil auch hier in Deutschland entwickelt wurde, muss dazu "Partner-Ready" sein. Daran arbeiten wir und halten uns die Umsetzung einer entsprechenden Strategie in jedem Fall offen. (ba)