Sun sucht für Hotspot noch Plattformanbieter

Javaone: Entwickler erhalten klare Zukunftsperspektiven

25.06.1999
MÜNCHEN (CW) - Auf der Entwicklerkonferenz Javaone in San Franzisko hat Veranstalter Sun Microsystems drei Varianten der Java-2-Plattform vorgestellt. Damit konkretisiert der Hersteller die bereits im vergangenen Jahr angekündigte Diversifizierung seiner Java-Produkte für Desktops, Embedded-Systeme und High-end-Server.

Vertraut man den Prognosen von Forrester Research, wird die Zahl der Java-Entwickler von derzeit weltweit 1,7 Millionen auf drei Millionen im Jahr 2002 zunehmen. Jedes der Top-1000-Unternehmen soll dann über Java-Know-how im eigenen Haus verfügen. Als Barometer dieses Trends kann die Javaone gelten, die inzwischen 20000 Besucher zählt und von Sun als international größte Entwicklermesse bezeichnet wird.

Angesichts dieser Zahlen scheint es höchste Zeit, daß die McNealy-Company seiner Klientel klare Perspektiven aufzeigt, damit sie gezielter für bestimmte Märkte oder Aufgaben entwickeln kann. Einen konkreten Fahrplan dazu, wie der Hersteller Java 2 noch in diesem Jahr ausrichten wird, stellte Sun erstmals in San Franzisko vor. Demnach soll es neben der an Desktops und Workstations orientierten "Java 2 Standard Edition" (J2SE) auch eine Variante für die Applikations-Server-Entwicklung (J2EE = Java 2 Enterprise Edition) sowie eine Micro-Edition (J2ME) für den Bereich der speicherreduzierten Consumer-Devices und Embedded-Systeme geben. Laut Alan Baratz, dem bei Sun für Software und Plattformen zuständigen Manager, deckt man mit den drei Varianten den Java-Einsatz von Smartcards bis hin zu geschäftskritischen Rechenzentren ab.

Um die bereits seit kurzem verfügbare Standardversion in das Wintel-Lager einzuschleusen, traf Sun ein Abkommen mit AOL, das auf der Messe präsentiert wurde. Es sieht vor, daß J2SE ab Dezember auf der AOL-Installations-CD und darüber hinaus im Netscape Navigator 5 zur Verfügung steht. Auf diese Weise, so hofft man bei Sun, wird Java 2 eine für Entwickler interessante Verbreitung im Windows-Umfeld erreichen.

Die Marktreife der beiden anderen Java-2-Varianten wird sich dagegen noch etwas hinziehen. Kernstück der High-end-Version J2EE sind unter anderem Techniken für Enterprise Javabeans 1.1 (EJB), Java Server Pages und Java Servlets.

Hinzu kommen eine Datenbankanbindung via JDBC 2.0, ein Java-Mail-API sowie Services für Java Mail und Java Message. Interessant in diesem Zusammenhang war die Kongreßveranstaltung "Component Model Deployathon", bei der gezeigt wurde, wie eine EJB-Applikation ohne jede Modifikation auf den Systemen unterschiedlicher App-Server-Hersteller ablaufen kann. Bis Dezember 1999, so der Zeitplan, sollen Spezifikationen, Referenzimplementierungen, eine Kompatibilitätstest-Suite und das Programmiermodell von J2EE fertiggestellt sein.

Große Aufmerksamkeit erregte Suns Ankündigung der Java 2 Micro Edition (J2ME), da bislang immer noch keine Virtual Machine zur Verfügung steht, die klein genug für den Mini-Arbeitsspeicher (Memory Footprint) von Embedded-Systemen ist. Schlüsselkomponente soll hier die "K Virtual Machine" (KVM) werden - bislang unter der Projektbezeichnung "K Java VM" bekannt. Die KVM wird den Herstellerangaben zufolge weniger als 64 KB von den durchschnittlich 128 KB großen Arbeitsspeichern der Mobiltelefone, Handhelds oder Pager beanspruchen.

Sun geht dabei nicht den Weg einer abgespeckten Java Virtual Machine wie HP, wo man mit "Chai Virtual Machine" eine 250 KB umfassende VM für kleinere Systeme unabhängig von Sun entwickelt hat. Statt dessen verwendet die McNealy-Company eine Art Client-Server-Technik, bei der das Endgerät nur die wichtigsten VM-Funktionen speichert, während sich zusätzlich benötigte Klassen (Services) über ein dynamisches Download-Feature von einem Server laden lassen.

Die Bedeutung der Micro-Edition wurde auf der Messe von Suns KVM-Partnern unterstrichen. Neben Motorola, Bull, Fujitsu, Matsushita, Mitsubishi und NEC wurde vor allem ein Abkommen mit 3Com groß herausgestellt. Die Handheld-Division des Herstellers kündigte an, KVM noch in diesem Jahr in das Palm-OS zu integrieren. Sun geht deshalb davon aus, daß noch 1999 eine Referenzplattform für J2ME entstehen wird.

Ein weiteres "heißes" Thema auf der Veranstaltung war neben Suns Java-Strategie das Problem der mangelnden Performance von Java-Applikationen, das Sun mit seiner "Hotspot"-Technik angeht. Das Prinzip dabei sind unter anderem die Analyse und Optimierung häufiger Methodenaufrufe sowie eine mit Garbage Collection verbesserte Speichernutzung. Auf diese Weise bietet die seit April verfügbare Version 1 der Ablaufumgebung gegenüber der früheren JVM eine um das Doppelte gesteigerte Leistung bei bestimmten Server-Applikationen. Auf der Messe debütierte Hotspot 1.0 für Java 2 in Implementierungen für Windows und Solaris. Ab August, so die Ankündigung, steht ein Pre-Release von Hotspot 2.0 für Java 2 zur Verfügung, das die Performance um weitere 30 Prozent anheben soll.

Doch zur Beseitigung von Performance-Problemen kocht jeder Anbieter sein eigenes Süppchen, was für die Entwicklergemeinde eine erfreuliche Marktvielfalt zur Folge hat. IBM etwa zeigt kein Interesse an Hotspot und setzt statt dessen auf ein eigenes Set von JVMs. Eine auf der Javaone gezeigte und ab Juli verfügbare JVM kommt für Windows und OS/2 und basiert auf dem JDK 1.1.8. Big Blue zufolge wird sie der Leistung von Hotspot auf Java 2 in nichts nachstehen.

Oracle geht ebenfalls eigene Wege und bietet mit "Oracle J Server" die nach eigenen Angaben schnellste JVM für den Zugriff auf Oracle 8i an. Die Ablaufumgebung werde bis Jahresende auf Java 2 portiert und sei die leistungsfähigere Alternative zu Hotspot.

Auf Extratour bleibt auch Symantec mit der Ankündigung, bis Jahresende unter der Bezeichnung "Excaliber" eine JIT-Umgebung herauszubringen, die sämtliche Konkurrenz hinter sich läßt. Lediglich Hewlett-Packard hat Sun zufolge Interesse an der Hotspot-Technik.