Bayern und Niedersachsen streiten um Submicron-Standort:

Jaumann gönnt Nordlichtern Jessi nicht

17.06.1988

HANNOVER/MÜNCHEN (CW) - Zu seinem Ausstand aus der Politik hat der scheidende bayerische Wirtschaftsminister Anton Jaumann noch einen Krach mit den Nordlichtern vom Zaun gebrochen. Für den CSU-Politiker wäre es ein "Schildbürgerstreich", wenn das europäische Mikroelektronik-Zentrum "Jessi" (Joint European Submicron Silicon Initiative) wirklich in Itzehoe angesiedelt würde.

Firmen, die jetzt über einen schnellen Zugriff auf Institute in Bayern und Baden-Württemberg verfügten, würden durch einen norddeutschen Standort "bestraft", schimpfte der Minister. Um das zu verhindern, werde der Freistaat seine "Schlüsselstellung" im Bund nutzen. Jaumanns niedersächsischer Amtskollege WaIter Hirche schoß sofort mit schweren Geschütz zurück: Die Drohung mit der "sogenannten Schlüsselrolle Bayerns" im Bundesrat sei "politisch taktlos und unappetitlich". Die "plötzliche Anspruchshaltung" des Südstaatlers sei fadenscheinig.

In Hannover beteuerte Hirche, der norddeutsche Raum sei "sowohl von der rein wirtschaftlichen Seite als auch vom Forschungspotential her bestens präpariert und prädestiniert". Hinter dem Jaumann-Vorstoß vermutete der Wirtschaftsminister der Regierung Albrecht offenbar bayerische Profilierungssüchte, denn er gab Kontra: "Uns geht es weiß Gott nicht nur um regionalpolitische Gründe, wie der bayerische Wirtschaftsminister unterstellt, und ich bin gegenüber regionalem Eifersuchtsgepolter, das aus solcherart am Ziel vorbeischießenden Argumenten spricht, völlig immun."