Branchenverband prognostiziert gutes Jahr-allerdings mit Einschränkungen:

Japaner sehen Mikro-Zukunft mit gemischten Gefühlen

21.06.1985

TOKIO (vwd) - Die japanischen Computerhersteller werden auch 1985 ein gutes Jahr erleben. Der Branchenverband, Electronic Industries Association of Japan (EIAJ), schränkt seine Prognose jedoch im Hinblick auf die Entwicklung am Markt für Mikrocomputer ein. Es bestünden in diesem Bereich erhebliche Unsicherheiten, gibt der Verband zu bedenken.

Bei Mikrocomputern scheint sich der Inlandsabsatz zu verlangsamen. Der Verband verweist auf eine Untersuchung der Fachzeitschrift. "Nikkei Pasocon" bei 1000 Unternehmen verschiedener Größe. Sie ergab, daß schon ein erstaunlicher Sättigungsgrad an Kleinstcomputern erreicht worden ist. Ende Januar 1985 besaßen bereits 98, 1 Prozent der großen Unternehmen mit mindestens 1000 Mitarbeitern einen oder mehrere Mikros. Insgesamt fanden sich solche Geräte bei 88 Prozent aller Unternehmen, die die Umfrage beantworteten.

EIAJ prognostiziert für den Zeitraum des japanischen Geschäftsjahres vom 1. April 1985 bis 31. März 1986, daß der Inlandsabsatz von Mikrorechnern gegenüber dem Vorjahr mengenmäßig "nur" noch um 20 Prozent auf 1,89 Millionen Stück steigen wird. Nach vorläufigen Zahlen des Verbandes sind 1984/ 85 etwa 1,58 Millionen Stück in Japan abgesetzt worden. Der Umsatz könnte sogar noch, geringere Zuwachsraten ausweisen, da diese Geräte immer billiger auf dem Inlandsmarkt angeboten wurden, betont beispielsweise die Japan Electronic Industry Development Association.

Ein weiteres Fragezeichen scheint über dem generellen Einsatz von Computern in japanischen Unternehmen zu schweben. Nach einer repräsentativen Untersuchung des Japan Information Processing Development Center, die kürzlich in Tokio veröffentlicht wurde, waren Mitte 1983 nur 18 Prozent mehr Computer im Einsatz als ein Jahr zuvor.

Für manche unabhängigen Experten in Japan weist diese vergleichsweise geringe Steigerungsrate bei der Verbreitung von Computern in den japanischen Unternehmen darauf hin, daß bereits ein gewisser Sättigungsgrad erreicht sei und demnach neue Rekorde beim Inlandsabsatz kaum aufzustellen seien. Auch die Entwicklung schnellerer Modelle mit größerer Speicherkapazität werde hier keine nachhaltige Abhilfe schaffen, da vor allem die japanischen Mittelständler für diese Kapazitäten keine effizienten Verwendungsmöglichkeiten hätten.

Nicht mehr so rasant

Insgesamt als sehr gut wurde das abgelaufene Geschäftsjahr vom Branchenverband bewertet. Allerdings sind die Ausfuhren der Computerhersteller nicht mehr ganz so rasant gestiegen wie 1983 oder noch im ersten Halbjahr 1984. Bei neuen Rekordergebnissen der Branche verdoppelte sich der japanische Handelsüberschuß nahezu gegenüber dem Vorjahr-trotz deutlich gestiegener Einfuhren in diesem Bereich. Diese machten jedoch gerade rund ein Viertel des Aktivsaldos von 866 Milliarden Yen aus.

Nach einer kürzlich in Tokio veröffentlichten Statistik des Finanzministeriums (MoF) kletterten die Computerausfuhren 1984 wertmäßig gegenüber dem Vorjahr nur noch um 59,9 Prozent auf 1086,6 Milliarden Yen. Die Zuwachsrate hatte 1983 im Vergleich zu 1982 noch bei 97,6 Prozent und im ersten Halbjahr 1984 gegenüber dem Vorjaheszeitraum bei 71,5 Prozent gelegen.

Immerhin stellte das Ergebnis 1984 einen Ausfuhrrekord dar. Auch mengenmäßig erreichten die Exporte mit 22,0 Millionen Stück (plus 81,7 Prozent) einen neuen Höchststand. Besonders günstig entwickelten sich "digital automatic data processing machines" mit einem Ausfuhrwert von 1069,8 Milliarden Yen. Das waren 60,8 Prozent mehr als im Vorjahr.

In der Liste der Bezieherländer hat sich 1984 auf den ersten Plätzen keine besondere Veränderung ergeben, denn nach wie vor sind die USA wichtigster japanischer Kunde im Ausland vor der Bundesrepublik Deutschland und Großbritannien, das seinen dritten Platz halten konnte.

Auch die Einfuhren von Computern und Zubehör haben sich 1984 wieder etwas belebt. Während 1983 lediglich ein Importplus von 0,4 Prozent verzeichnet worden war, stieg es 1984 wertmäßig um 35,8 Prozent auf 220,7 Milliarden Yen. Der Handelsüberschuß dieser Branche kletterte auf 865,9 Milliarden Yen. Ein Jahr zuvor hatte er noch bei 464,8 Milliarden Yen gelegen.

Dennoch sind Verbandsfachleute nach wie vor der Meinung, daß ein Handelskrieg zwischen Japan und seinen ausländischen Handelspartnern im Computerbereich unwahrscheinlich sei, da man durchaus schon von einer internationalen Arbeitsteilung sprechen könne. So führe Japan zum überwiegenden Teil kleinere Rechner aus als beispielsweise die USA.

In der Liste der Lieferländer lagen auch 1984 die USA weiter an der Spitze vor Brasilien, Kanada und Großbritannien. Die Bundesrepublik Deutschland, die 1983 noch an sechster Stelle gestanden hatte, fiel gegenüber 1984 auf den achten Platz zurück.

Die Gesamtproduktion der japanischen Hersteller hat sich 1984 ebenfalls gut entwickelt. Nach noch vorläufigen Zahlen kletterte der Wert des Gesamtausstoßes gegenüber dem Vorjahr um 43,7 Prozent auf 2810,7 Milliarden Yen. Allerdings muß hierzu nach wie vor die Kategorie "Mehrzweckcomputer" als Schwachstelle gelten, deren Erzeugungswert mit 663,0 Milliarden Yen im Vergleich zu 1983 um 5,3 Prozent sank. Für das gute Gesamtergebnis waren vor allem die Entwicklung im Bereich "Computer für Kontrollzwecke" (plus 122,8 Prozent) und die Kategorie "Periphere Einheiten" mit plus 51,1 Prozent verantwortlich.

Führungsposition behauptet

Nach ebenfalls noch vorlagigen Zahlen konnte der japanische Marktführer Fujitsu Ltd. seine Führungsposition im Geschäftsjahr 1984/85 behaupten. Der Umsatz erreichte nach Schätzungen der Wirtschaftszeitung "Nikkei Sangyo" 1984/1985 einen Wert von 827 Milliarden Yen. Das waren 25 Prozent mehr als im Vorjahr. An zweiter Stelle blieb IBM Japan mit rund 760 Milliarden Yen (plus 24 Prozent). Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß das Geschäftsjahr von IBM mit dem Kalenderjahr zusammenfällt. Weiterhin an dritter und vierter Stelle lagen NEC mit 660 Milliarden Yen (plus 27 Prozent) und Hitachi mit 530 Millarden Yen (plus 20).