Dank guter Vorbereitung nur kleine Störungen

Jahr-2000-Problem: Der Gau blieb aus

07.01.2000
MÜNCHEN (CW) - Geknallt haben zum Wechsel ins Jahr 2000 nur die Sektkorken. Die große Katastrophe in der IT ist bislang ausgeblieben. Die für den Notbetrieb bereitgestellten Dieselgeneratoren wurden nicht benötigt, und die zahlreichen IT-Experten, die zu Mitternacht Dienst schoben, langweilten sich. Einige Probleme traten in Atommeilern, beim Pentagon sowie bei Online-Konten auf.

Gespannt beobachteten die IT-Experten in Europa und Amerika den Jahreswechsel in Neuseeland, Australien und Japan. Diese Staaten vollzogen als erste Industrieländer den Sprung ins nächste Jahrtausend. Schon am Silvester-Nachmittag hiesiger Zeit meldeten sie einen problemfreien Übergang ins Jahr 2000 und sorgten für Erleichterung in europäischen Rechenzentren. Ausgerechnet die hochsensible Atomenergie-Industrie konnte jedoch keine Entwarnung geben. In Atommeilern in den USA, Spanien, Indien und Japan kam es zu Fehlfunktionen.

Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) hatte für den länderübergreifenden Erfahrungsaustausch eigens ein weltweites Informationsnetz geknüpft. Um 18.30 Uhr Ortszeit meldete dieser Informationsdienst dem deutschen Bundesumweltministerium zunächst, in Japan, Russland, Südkorea, China und Taiwan seien die Meiler ohne weiteres ins nächste Jahrtausend gerutscht. Diese Meldung musste kurz danach revidiert werden.

In einem japanischen Atomkraftwerk waren Strahlenschutzmonitore ausgefallen. Eine Nachfrage in deutschen Atommeilern ergab, dass derartige Geräte hierzulande nicht im Einsatz sind. In zwei weiteren japanischen Meilern kam es ebenfalls zu kleineren Störungen. Insgesamt verzeichneten die japanischen Behörden rund 30 Vorfälle.

Vor Ausfällen waren aber auch die USA nicht gefeit, das Land, aus dem die lautesten Kassandra-Rufe zum Jahr-2000-Problem ertönten. Sieben US-Atommeiler meldeten Probleme, allerdings unbedeutender Art. Entweder funktionierte die Zugangskontrolle oder die Verarbeitung von Wetterdaten nicht richtig. In den USA mußte zudem ein Sprecher des Verteidigungsministeriums vor die Kameras treten und den Ausfall von Spionagesatelliten einräumen. Nähere Details verweigerte er mit dem Hinweis, bei den Trabanten handle es sich um geheimdienstliches Equipment.

Das einzige Land weltweit, das mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, war der westafrikanische Staat Gambia. Dort kollabierte die Stromversorgung. In der Folge kam es zu starken Beeinträchtigungen beim Schiffs- und Flugverkehr. Kleinere Unregelmäßigkeiten meldeten zudem schwedische Krankenhäuser, in denen EKG-Geräte ihren Dienst versagten. Für die betroffenen Patienten blieb der Ausfall folgenlos. Gefordert waren hingegen die Krankenschwestern, die die Werte manuell messen mussten.

Eine erfreuliche Bekanntschaft machte ein Kölner Journalistenbüro mit dem Jahr-2000-Bug. Als sich am Neujahrstag ein Mitarbeiter am PC den Kontostand ansah, leuchtete ihm die Zahl 3,9 Milliarden entgegen. Einem 43-jährigen Handelsvertreter wiederfuhr Ähnliches. Sein Konto beim gleichen Kreditinstitut wies eine Summe von 13 Millionen aus. In beiden Fällen waren die Beträge mit keiner Währungsangabe versehen. Zum Leidwesen der Betroffenen haben die offiziellen Kontoauszüge die Summe nicht übernommen. Ursache der Fehler waren PC-Finanzprogramme, die die Bank für den Online-Zugriff verteilt hatte (siehe auch Seite 6).