"PR-Desaster"?

Jack Wolfskin zeigt die Tatzen

22.10.2009
Als "fliegenpilzle" am Mittwoch vergangener Woche ihre Post öffnete, verschlug es der Hobby-Näherin beinahe die Sprache.

"Ich hab heute eine Abmahnung von Jack Wolfskin im Briefkasten gehabt", schrieb sie kurze Zeit später im Forum des Online-Marktplatzes DaWanda. 991 Euro forderten die Anwälte des Outdoor-Ausrüsters - weil die Kleinhändlerin in ihrem Shop zwei Taschenspiegel mit Stoff-Pfötchen verkauft hatte. Das Weltunternehmen mit der Tatze als Markenlogo witterte einen Verstoß gegen das Markenrecht und schaltete die Anwälte ein. "fliegenpilzle" war nicht die einzige Anbieterin auf DaWanda, die eine Abmahnung bekam - ohne vorherige Ankündigung wohlgemerkt.

Diesen Katalog werden wohl ein paar Leute weniger bestellen als gewohnt.
Diesen Katalog werden wohl ein paar Leute weniger bestellen als gewohnt.
Foto: Jack Wolfskin

Bei vielen Internetnutzern hat Jack Wolfskin, das seinen Sitz in Idstein im Taunus hat, mit dem Vorgehen seinen guten Ruf verspielt. Im Web ist bereits von einem "PR-Desaster" die Rede. In Blogs und dem Online-Kurznachrichtendienst Twitter kursieren angesichts der "Abmahnwelle gegen Hobbybastler" Boykottaufrufe. Der Kommunikationsberater Klaus Eck (alles Gute zum Geburtstag übrigens!), der Unternehmen beim Aufbau eines Netz-Images berät, schreibt als "PR-Blogger": "Das David-gegen-Goliath-Spiel (...) schadet der Online-Reputation des Unternehmens inzwischen massiv."

Die Blogger- und Twitterer-Gemeinde solidarisierte sich mit den Abgemahnten. Ein "Zwitscherer" kündigte an, "Alle seine Jack-Wolfskin-Klamotten in die Altkleidersammlung" zu werfen. "Eine große, etablierte Marke schießt sich selbst ins Knie - und merkt es nicht einmal", merkte ein anderer an. Viele Nutzer reagierten mit Hohn und Spott: "Jack Wolfskin verklagt demnächst auch Wölfe im Wald, die unerlaubter Weise das JW-Logo hinterlassen", unkte einer. Und ein anderer philosophierte darüber, "ob Wolfskin jetzt auch meine Kater abmahnt. Wegen der Tatzen meine ich."

Jack Wolfskin verteidigte sein umstrittenes Vorgehen: Man habe als Markeninhaberin "das Bestreben und die Pflicht, die Marke gegen ähnliche Drittzeichen zu verteidigen, da die Marke sonst geschwächt wird", heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens (dessen Pressebereich im Web nicht öffentlich zugänglich ist). Bei den 991 Euro handele es sich nicht um eine "Strafzahlung", sondern um die Kosten, die Jack Wolfskin durch die Einschaltung der Anwälte entstanden seien. Eine Sprecherin lehnte jeden Kommentar zur Zahl der Abmahnungen und zu den Reaktionen im Internet ab.

Gegenwind bekommt Jack Wolfskin auch von DaWanda selbst, wo Bastler handgefertigte Mode, Taschen oder Schmuck anbieten. Das Internet-Unternehmen hatte bereits nach einem Schreiben der Jack-Wolfskin-Anwälte beanstandete Produkte von seiner Seite genommen. Trotzdem habe der Outdoor-Ausstatter mit Abmahnungen reagiert. "Wir sind von diesem Verhalten maßlos enttäuscht", schreibt "DaWanda" auf seiner Internetseite. Mehrere Hersteller bieten inzwischen Artikel an, deren Erlös sie als Zeichen der Solidarität den Abgemahnten spenden wollen.

Kommunikationsberater Eck meint, mit der heftigen Reaktion im Internet habe Jack Wolfskin sicherlich nicht gerechnet - "zumal der Outdoor-Ausrüster schon in der Vergangenheit immer wieder seine Marke mit Abmahnungen geschützt hat." Beispiel "taz": Das Blatt hatte die typische "taz"-Tatze schon 1979 designen lassen, aber versäumt, sie schützen zu lassen. Jack Wolfskin ließ die Tatze dann 1982 schützen - und mahnte die Zeitung in den vergangenen Jahren mehrmals ab, weil sie das Logo auf Outdoor-Kleidung und Handtüchern verwendete. (dpa/tc)