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Ixos AG - führt ein Weg aus der Krise?

10.08.2000
Der neue Chef Robert Hoog im Gespräch

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Robert Hoog hat kein leichtes Erbe angetreten. Der seit Anfang Juni amtierende neue Vorstandschef der Ixos AG muss ein zuletzt durch Insiderverkäufe und schlechte Ergebnisse arg gebeuteltes Unternehmen wieder auf Kurs bringen. Im Gespräch mit CW-Redakteur Gerhard Holzwart gab sich der ehemalige Fujitsu-Siemens-Manager dennoch optimistisch: Vor allem mit einer Rückbesinnung auf das Kerngeschäft will er den Archivspezialisten sanieren.

CW: Sie haben am 1. Juni ein Amt angetreten, um das Sie derzeit nur wenige in der IT-Branche beneiden. Sie führen ein Unternehmen, dessen wirtschaftliche Substanz bröckelt, dessen Strategie fragwürdig erscheint und das viel Kredit bei den Anlegern verspielt hat. Was haben Sie, wenn Sie die ersten Wochen bei Ixos Revue passieren lassen, für ein Gefühl?

HOOG: Ein sehr gutes. Man kann die Kritik so pointiert zusammenfassen, wie Sie es getan haben. Man kann es aber auch differenzierter sehen. Ich habe, da will ich gar nichts beschönigen, ein verunsichertes Unternehmen, verunsicherte Mitarbeiter vorgefunden. Hier war, wenn Sie so wollen, viel Seelenmassage notwendig - und zwar schnell. Ich hatte also nicht, wie man gemeinhin sagt, 100 Tage zur Eingewöhnung, sondern allenfalls 100 Stunden. Was ich aber auch sehr schnell gesehen habe und auf was ich in der Zukunft baue, sind Stärken des Unternehmens, die die vermeintlichen Schwächen mehr als wettmachen.

CW: Können wir auf die Stärken und Schwächen von Ixos noch etwas detaillierter eingehen?

HOOG: Kein Problem. Erlauben Sie mir aber, dass ich mit den Stärken beginne. Wir haben einen Grad der Internationalisierung erreicht, wie ihn in Deutschland außer der SAP vermutlich kein anderes Softwareunternehmen vorweisen kann. Nahezu 70 Prozent der Umsätze werden im Ausland generiert; 32 Prozent allein im wichtigen US-Markt. Ich denke, dass wir zudem in unserem Kerngeschäft, also der digitalen Archivierung, mit einer im Markt anerkannten technologischen Kompetenz und einer großen Zufriedenheit seitens unserer Kunden argumentieren können.

CW: Und wie verhält es sich mit den Schwächen?

HOOG: Viele Mitarbeiter sind, das hatte ich schon angedeutet, aufgrund diverser Vorkommnisse in den letzten Monaten verunsichert. Das Unternehmen hatte vor und vor allem auch nach dem Börsengang lange Zeit eine gute und gesunde Wachstumsentwicklung. Als dann plötzlich rote Zahlen gemeldet werden mussten, die Medien voller Berichte über angebliche Insidergeschäfte waren und der Aktienkurs in den Keller fiel, war das für viele ein regelrechter Schock.

CW: Auf das Thema Insiderhandel kommen wir noch zu sprechen. Ixos wurde an der Börse aber auch aufgrund anderer Dinge abgestraft - nämlich nicht erfüllter Gewinn- und Umsatzprognosen. So eine eher unrühmliche Geschäftsentwicklung tritt nicht über Nacht ein. Insofern müssten doch negative Einflüsse oder eine falsche Strategie eher erkennbar gewesen sein?

HOOG: Aus meiner heutigen Sicht war man einfach zu optimistisch, was den Aufbau neuer Geschäftsfelder angeht. Vor allem wurden zu viele Themen gleichzeitig angepackt, wenn ich beispielsweise an die Produkte "Mobile/3", "E-Con" oder "Exchange-Archive" denke. Dies sorgte in der Folge für hohe Anfangsinvestitionen und den Umstand, dass dort nicht gleich entsprechend hohe Umsätze und Gewinne erzielt werden konnten.

CW: Aber besagte Produkte sind doch schon fertig entwickelt und verfügbar.

HOOG: Damit alleine ist es aber nicht getan. Unsere Kunden wollen Lösungen, was entsprechendes Know-how im Vertrieb und Service voraussetzt, das jedoch erst aufgebaut werden musste.

CW: Also liefen die Kosten aus dem Ruder.

HOOG: Korrekt.

CW: War denn für das Nichterreichen der ursprünglichen Umsatz- und Gewinnprognosen ausschließlich der zögernd anlaufende Verkauf der erwähnten neuen Produkte verantwortlich, oder gab es nicht auch einen Einbruch beim traditionellen Geschäft mit "Ixos-Archive" im SAP-Umfeld?

HOOG: Beides ist richtig. Natürlich hatte man zunächst die Annahme zugrunde gelegt, dass sich mit den neuen Produkten relativ schnell auch die Umsätze steigern lassen. Und wir hatten, das muss man auch klar sagen, im gesamten zurückliegenden Geschäftsjahr in unserem Kerngeschäft Probleme in der Region Deutschland. Das waren allerdings interne Schwierigkeiten in der Vertriebsstrategie sowie im Management und keine marktspezifischen Einflüsse.

Das sieht man auch daran, dass wir im gleichen Zeitraum in den USA außerordentlich erfolgreich waren. Diese hausgemachten Probleme sind aber noch vor meinem Eintritt erkannt und behoben worden, so dass ich davon ausgehe, dass sich dies auch sehr schnell insgesamt positiv auswirken wird. Lassen Sie mich es so formulieren: In unserem Kerngeschäft ist das Wachstum ungebrochen.

CW: Wenn Sie in den USA so zulegen konnten, lässt dies aber auch noch einen anderen Schluss zu: Die von Ixos in der Vergangenheit strapazierte Krise im ERP-Markt war wohl doch nicht ganz so ausschlaggebend für den schlechten Geschäftsverlauf.

HOOG: Das würde ich so nicht sehen. Ixos hatte schon auch damit zu kämpfen, dass es sich die Kunden im vergangenen Jahr aufgrund der Jahr-2000-Problematik dreimal überlegten, ob sie die Einführung einer R/3- oder anderen ERP-Lösung samt nachfolgender Installation einer Archivlösung noch vor dem Millenniumswechsel in Angriff nehmen sollten oder nicht.

Was die Vereinigten Staaten angeht, hatte das Unternehmen dort bekanntlich auch geraume Zeit Probleme. Der Reseller-Vertrag mit SAP lief Ende 1998 aus; der Aufbau einer eigenen Sales-Organisation kostete Zeit, Geld und Ressourcen. Jetzt sind in den USA mehr als 100 qualifizierte Mitarbeiter an Bord. Rund 50 Prozent Umsatzwachstum im abgelaufenen Geschäftsjahr im R/3-Umfeld sprechen Bände.

CW: Hatte das Ausscheiden von Willy Söhngen mit den Schwierigkeiten in Deutschland zu tun?

HOOG: Formal betrachtet war Herr Söhngen als weltweiter Vertriebsvorstand natürlich auch für Deutschland verantwortlich. Ihm hier aber konkrete Versäumnisse anzukreiden, wäre sachlich nicht gerechtfertigt. Es waren strukturelle Probleme, auf die ich nicht näher eingehen möchte. Herr Söhngen und der Aufsichtsrat haben sich in gegenseitigem Einverständnis auf eine sofortige Trennung geeinigt, und ich trage diese Entscheidung mit.

CW: Diese Sprachregelung kann man auch anders interpretieren.

HOOG: Damit muss ich leben. Man sollte aber berücksichtigen, dass es nicht nur personelle Wechsel im Management gegeben hat, sondern dass wir in Deutschland auch einen anderen Vertriebsansatz implementiert haben. Wir haben unter anderem die regionalen Zuständigkeiten unserer Vertriebsbeauftragten (VBs) zugunsten einer Branchenfokussierung aufgegeben. Damit ist sichergestellt, dass die VBs nicht mehr jedem 50 000-Mark-Auftrag nachlaufen, sondern sich auf das konzentrieren, wo Ixos von jeher stark war: das Lösungsgeschäft bei den Top-500-Kunden.

CW: Anfang Juli hat Ihr Unternehmen mit der Bekanntgabe vorläufiger Zahlen Anleger und Analysten auf ein verlustträchtiges viertes Quartal sowie auf einen rot schimmernden Jahresabschluss 1999/00 eingestimmt. Rund zehn Millionen Mark an Sonderaufwendungen für Restrukturierungen hätten vor allem im Schlussquartal ein tiefes Loch in die Kasse gerissen, hieß es. Welche Maßnahmen wurden im Einzelnen ergriffen?

HOOG: Ich hatte eingangs schon erwähnt, dass es notwendig gewesen war, sich zu überlegen, was wir gleichzeitig schultern können und was nicht. Vor diesem Hintergrund haben wir uns entschieden, ein paar Dinge nicht zu machen. Das betrifft zum Beispiel die Anwendungssoftware Mobile/3, die wir nach dem jetzt im August auf den Markt kommenden neuesten Release nicht mehr funktional weiterentwickeln werden.

CW: Bei allem Verständnis für Ihre Betonung des Kerngeschäfts: Gibt es Sinn, ausgerechnet in einer Zeit, wo die gesamte IT- und TK-Branche dem Mobile Commerce das Wort redet, das einzige Produkt, das Ixos in diesem Bereich vorzuweisen hat, einzustellen?

HOOG: Ich habe nicht gesagt, dass wir Mobile/3 einstellen, sondern dass wir es funktional nicht mehr weiterentwickeln. Es ist also sichergestellt, dass unsere Kunden auf absehbare Zeit mit dieser Lösung arbeiten können, weil wir das Produkt weiter pflegen. Was Ihre eigentliche Frage angeht, muss man einräumen, dass der Produktname Mobile/3 vielleicht etwas irreführend ist. Das Tool ist ausschließlich für R/3-Kunden konzipiert worden, die das entsprechende Servicemodul der SAP einsetzen. Außendienstmitarbeiter haben damit via Laptop und später vielleicht auch über ein WAP-Handy Zugriff auf die entsprechenden Daten - ein gutes und funktionsfähiges Produkt, aber ein Nischenmarkt. Ich will aber auch nicht verhehlen, dass wir von der SAP einen klaren Wink bekommen haben, dass man hier mit einer eigenen Lösung liebäugelt.

CW: Werden weitere Produkte eingestellt beziehungsweise funktional nicht mehr weiterentwickelt?

HOOG: Nein.

CW: Der beschlossene langsame Tod eines vermeintlichen Nischenprodukts kann aber doch nicht der Hauptbestandteil einer zehn Millionen Mark teuren Restrukturierung sein.

HOOG: Natürlich nicht. Wir haben uns unter anderem auch unsere Leipziger Tochter Ixos Anwendungssoftware GmbH angeschaut und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir dort einen sauberen Schnitt machen.

CW: Warum?

HOOG: Weil es betriebswirtschaftlich keinen Sinn gibt, eine 100-prozentige Tochter weitgehend selbständig im Konzern mit eigenen, parallelen Strukturen arbeiten zu lassen.

CW: Was waren denn die Aufgaben der Ixos Anwendungssoftware GmbH?

HOOG: Die Kollegen in Leipzig bekamen von uns Entwicklungsaufträge, waren hier quasi verlängerte Werkbank. Außerdem unterstützten sie bei Bedarf unseren Service- und Consulting-Bereich und vertrieben Ixos-Produkte in den neuen Bundesländern.

CW: Wie soll denn der von Ihnen erwähnte "saubere Schnitt" aussehen?

HOOG: Eine Integration in den Konzern kommt aufgrund der spezifischen Situation in Leipzig und dem hohen Selbständigkeitsgrad der Kollegen vor Ort nicht in Frage. Also bleibt die Schließung oder ein Verkauf. Dritte mögliche und durchaus nicht unwahrscheinliche Alternative wäre ein Management-Buyout beziehungsweise Spinoff. Die entsprechenden Gespräche sind aber noch nicht abgeschlossen.

CW: Wird es im Ixos-Konzern zu Entlassungen kommen?

HOOG: Nach dem jetzigen Stand der Dinge gehe ich nicht davon aus. Wir sind zuversichtlich, dass die Anpassungsmaßnahmen dort, wo sie notwendig sind, auf freiwilliger Basis umzusetzen sind.

CW: Ihr Unternehmen hat angedeutet, was die Abspeckkur kosten wird, aber nicht, wie viel Geld damit eingespart werden soll.

HOOG: Ich bin guter Dinge, dass wir alle notwendigen Maßnahmen noch im ersten Quartal abschließen können. Und Sie können von einer signifikanten Einsparung ausgehen. Nicht weil wir Hunderte von Mitarbeiter auf die Straße setzen, sondern weil wir uns in nächster Zeit wirklich auf unser Kerngeschäft konzentrieren wollen. Dass heißt übrigens auch nicht, dass wir keine neuen Produkte mehr entwickeln und auf den Markt bringen. Aber wir werden uns zum Beispiel die eine oder andere in Betracht gezogene Marketing- und Vertriebskampagne schenken.

CW: Kommen wir zur strategischen Ausrichtung von Ixos und damit zum ewig aktuellen Thema: Wie hält es das Unternehmen mit SAP?

HOOG: Ich kann darauf nur die ewig gültige Antwort geben: SAP ist und bleibt für Ixos ein wichtiger Partner. Es ist ja durchaus so, dass man in Walldorf ungeachtet mancher kritischer Stimmen erfolgreich ist. Die SAP verkauft ihre Lösungen nach wie vor gut und schafft damit für uns automatisch einen Wachstumsmarkt. Wir sind, das sage ich ganz offen, dankbar dafür und haben kein Interesse daran, dass sich dieses Verhältnis ändert.

Ebenso klar ist aber auch, dass dieses Verhältnis kein exklusives mehr wie noch vor fünf Jahren ist. Beide Partner haben sich geöffnet - nicht weil sie nicht mehr miteinander können oder wollen, sondern weil die Realität im Markt dies erfordert hat. Für uns bedeutet dies, dass die Kunden immer häufiger mehr als nur unsere unbestrittene Kompetenz bei "Ixos-Archive für R/3" einkaufen wollen - und dass wir dem Markt gegenüber auch kommunizieren, dass wir mehr anzubieten haben.

CW: Mit dieser Lobeshymne auf SAP werden Sie Kritiker, die Ixos seit je her eine zu starke Abhängigkeit von Walldorf unterstellen, kaum überzeugen können.

HOOG: Will ich ja auch gar nicht, weil wir dies nicht als Abhängigkeit im negativen Sinne empfinden. Ich möchte aber schon darauf hinweisen, dass wir auch heute namhafte Kunden haben, die unsere Produkte einsetzen, ohne SAP im Haus zu haben. Andererseits bestreite ich gar nicht, dass unser Geschäft im R/3-Umfeld in den beiden kommenden Jahren noch mit Abstand den größten Anteil am Gesamtumsatz ausmachen wird. Mittelfristig kann ich mir aber durchaus vorstellen, dass dieser Anteil nennenswert reduzieren lässt. Ich kann hier nur auf besagte Realitäten beziehungsweise Trends im Markt verweisen und auf das, was wir technologisch in der Pipeline haben. Es wird in naher Zukunft jedenfalls alles andere als eine Seltenheit sein, dass zwei Unternehmen elektronisch auf XML-Basis Dokumente austauschen, die nicht R/3 im Back-Office implementiert haben.

CW: Ist das so zu verstehen, dass Ixos als Archivspezialist künftig nicht mehr im Windschatten der SAP oder eines anderen ERP-Anbieters segeln wird?

HOOG: So kann man es sehen. Früher galt sicher: Am Anfang war die ERP-Umgebung, und mit einem gewissen Zeitverzug kamen Firmen wie Ixos zum Zuge. Ich gehe davon aus, dass das E-Document-Management - darin würde ich primär unsere heutige Kompetenz sehen - zu einem strategischen Thema wird. Man sagt heute so einfach: Bestellung, Auftrag, Rechnung, und das war´s. Wenn Sie den E-Commerce beim Wort nehmen, ist dies aber keine esoterische Veranstaltung mehr, sondern beruht zum Beispiel darauf, dass Daten aus identischen oder unterschiedlichen ERP-Systemen mit Hilfe von XML über das Internet transferiert - besser gesagt: gemeinsam bearbeitet - werden. Das heißt, Sie müssen fixe Daten, also abgeschlossene Vorgänge, irgendwann archivieren. Vor allem aber müssen Sie in der Verhandlungsphase Datensätze wechselseitig bearbeiten und austauschen können, das verstehen wir unter E-Document-Management. Und deshalb sehen wir uns als Anbieter in Zukunft bei strategischen IT-Entscheidungen ganz vorne dabei.

CW: Kommen wir zum Schluss auf das von Ihnen schon angesprochene Thema Insiderhandel zurück. Ihr Unternehmen hat ja aufgrund dieser Vorfälle und der zuletzt schlechten Zahlen viel Vertrauen im Markt verloren.

HOOG: Das ist leider richtig. Wobei wir es hauptsächlich nur in Deutschland gespürt haben, wo diese Themen von der Finanz- und Wirtschaftspresse stark in den Vordergrund gerückt wurden. Wir hatten hierzulande, um es so auszudrücken, einen erhöhten Vertriebsaufwand. Etwas anderes zu behaupten wäre unglaubwürdig. Teilweise bin ich selbst bei den Kunden gewesen, um gewisse Vorgänge darzustellen und unsere finanzielle Situation ins rechte Licht zu rücken.

CW: Wenn die zwei Gründer, einer davon noch amtierender Vorstandschef, kurz vor der Veröffentlichung einer Gewinnwarnung eine beträchtliche Zahl ihrer Anteile am Unternehmen verkaufen, ist dies doch aber ein Vorgang, der zu denken geben sollte. Deshalb noch einmal die Frage: Wie wollen Sie denn das verlorene Vertrauen von Anlegern und Kunden zurückgewinnen?

HOOG: Zunächst einmal sind da - auch von unseren Wettbewerbern - einige falsche Behauptungen im Markt lanciert worden. Ixos hat keine Liquiditätsprobleme. Was das verlorene Vertrauen angeht, müssen wir einfach so schnell wie möglich wieder profitabel werden. Da wird es aufgrund der angekündigten Restrukturierung im ersten Quartal sicher noch die eine oder andere Bremsspur geben; im zweiten Quartal sowie im gesamten neuen Geschäftsjahr gehe ich allerdings wieder von einem eindeutig positiven Ergebnis aus. Mir ist übrigens, um auch das zu betonen, nicht bekannt, dass wir aufgrund unserer finanziellen Situation einen einzigen Auftrag verloren hätten. Das sich das eine oder andere Neugeschäft verzögert hat, ist aber korrekt.

CW: Trotzdem bleibt das unschöne Bild der Aktienverkäufe der Herren Färber und Strack-Zimmermann, das Sie offensichtlich nicht kommentieren wollen.

HOOG: Ich will diesem Thema gar nicht ausweichen. Ixos hatte strenge interne Auflagen für Insidergeschäfte und hat diese aufgrund der Vorfälle im März noch einmal - vor allem für das Topmanagement - verschärft.

CW: Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel dürfte dies unter Umständen anders sehen.

HOOG: Weiß ich nicht. Wir sind bis heute nicht mit Fragen oder einer offiziellen Untersuchung konfrontiert worden. Ich denke, dass - wenn überhaupt - einige Personen, nicht aber das Unternehmen Ixos Probleme bekommen werden.

IXOS - FÜHRT EIN WEG AUS DER KRISE?

Es war ein ziemlicher Schlag ins Kontor, als Ixos am 10. Juli die vorläufigen Umsatzzahlen für das vierte Quartal und Geschäftsjahr 1999/00 bekanntgab. Rund 28,6 Millionen Euro Umsatz stünde - bedingt durch Restrukturierungsaufwendungen in Höhe von etwa fünf Millionen Euro - im Schlussquartal ein operativer Verlust gegenüber, hieß es. Auch das gesamte abgelaufene Fiskaljahr (Einnahmen voraussichtlich 107,4 Millionen Euro) sei rot gefärbt. Genauere Zahlen soll(t)en erst auf der am 16. August stattfindenden Bilanzpressekonferenz mitgeteilt werden.

Mit diesen wenig berauschenden Zahlen schloss der Archivspezialist ein weiteres Quartal negativ ab - was um so schlimmer war, als das Unternehmen noch im April offiziell von schwarzen Zahlen ausgegangen war. Der Kurs der Aktie fiel daraufhin weiter, nachdem das Papier vorher schon aufgrund diverser Vorkommnisse dramatisch an Wert eingebüßt hatte. Neben den schlechten Ergebnissen hatte Ende März der Verkauf großer Aktienpakete der beiden Firmengründer und heutigen Aufsichtsräte, Eberhard Färber und Hans Strack-Zimmermann wenige Tage vor der Veröffentlichung einer Gewinnwarnung für ein katastrophales Echo bei Analysten und Anlegern gesorgt. Die im Zusammenhang mit den vorläufigen Zahlen für das vierte Quartal und das Geschäftsjahr 1999/00 gemeldeten Rücktritte der beiden Vorstände Willy Söhngen (Vertrieb) und Vijay Sondhi (Finanzen) zeugen von internen Management-Querelen.

Robert Hoog, erst Ende März ebenfalls unter nicht sehr erfreulichen Umständen als Geschäftsführer von Fuijtsu-Siemens Computers (FSC) ausgeschieden, räumt, so scheint es, intern kräftig auf. Sein Ziel ist es, das Unternehmen Ixos im seinem Kerngeschäft zu stärken sowie behutsam und entschieden zugleich auf die Erfordernisse des Marktes zu trimmen - die da heißen: den Wandel vom reinen Archivspezialisten zum Anbieter von E-Document- und Knowledge-Management-Lösungen in heterogenen Umgebungen zu vollziehen. Alte Zöpfe wie die immer wieder kritisierte Abhängigkeit von SAP müssen dabei wohl endgültig abgeschnitten werden. Unbestrittene Stärken der Münchner wie technologisches Know-how samt einer guten Entwicklertruppe könnte Ixos in der Tat wieder in ruhigeres Fahrwasser bringen. Von den Analysten hat der neue Frontmann jedenfalls, wie er im persönlichen Gespräch andeutet, ein entsprechende "Galgenfrist" zur Sanierung des Unternehmens erhalten. (gh)