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Gartner warnt

ITxpo: Telcos sollten ihre Finger von Content lassen

05.11.2007
80 Prozent der traditionellen Telcos werden laut Gartner mit Content-Angeboten scheitern. Bessere Chancen billigen die Experten ihnen als Anbieter von Bit-Pipes, Aggregatoren oder in der Ausweitung ihres Geschäfts auf Schwellenländer zu.

Traditionelle Telekommunikations-Anbieter brauchen mehr zum Überleben als die bisher eingesetzten Wettbewerbstechniken wie Preisabschläge oder Produkt-Bundlings. Gartner-Analysten vertraten auf dem gegenwärtig stattfindenden Gartner Symposium/ITxpo in Cannes die Ansicht, dass stark kundenorientierte Newcomer in diesem Markt - wie Apple, Nokia oder Google - traditionelle Carrier zwingen werden, ihre Angebote grundsätzlich zu überdenken. Dabei sei die Verwertung von Content, die viele Carrier zu bevorzugen scheinen, kein erfolgversprechendes Konzept: 80 Prozent der Carrier werden laut Gartner mit entsprechenden Projekten scheitern.

Gartner-Analyst Martin Gutberlet präsentierte auf der ITxpo vier strategische Optionen für Carrier. (Quelle: Gartner)
Gartner-Analyst Martin Gutberlet präsentierte auf der ITxpo vier strategische Optionen für Carrier. (Quelle: Gartner)


Für den Gartner-Analysten Martin Gutberlet liegt das unter anderem an der zugrundegelegten Vorstellung einer linearen Wertschöpfungskette für Inhalte. Diese geht von Content-Erstellern am Anfang der Kette aus, gefolgt von Content-Aggregatoren, Broadcastern und Distributoren. Im Szenario der Carrier hätten nur die letzten beiden Glieder Kontakt zu den Endnutzern. Dies sei aber nicht mehr der Fall - längst verfüge jedes Glied der Kette über Endkundenkontakte, manche davon viel reichhaltiger als die der Distributoren.

Prinzipiell sieht Gutberlet für Carrier vier strategische Optionen:

  1. Sie bleiben im Wesentlichen bei ihrem traditionellen Geschäftsmodell und dehnen ihr Business auf Schwellenländer aus. Allerdings laufen sie in einem solchen Szenario Gefahr, schnell von der relativ schnell einsetzenden Marktsättigung eingeholt zu werden.

  2. Sie stellen sich als Bit-Pipe-Provider auf. Da die Player zurecht davon ausgehen können, dass die Datenmenge in den Netzen weiter dramatisch zunimmt, ist die Hoffnung auf Wachstum in diesem Szenario nicht unbegründet. Allerdings müssen sie hier beachten, dass sich die Preise in ständigem Sinkflug befinden, sie also nur profitabel agieren können, wenn sie auf Effizienz setzen.

  3. Als Aggregator geht es darum, dem Nutzer auf Basis von Flatrates Services anzubieten, fremde mit eigenen Dienstleistungen zu bündeln, bei der Content-Suche zu helfen und vor allem die Rechnung für all diese Dienste zu schreiben. Das Risiko liegt hier im für Nicht-Carrier noch eingeschränkten Zugang zum Netz. Wenn Regulierung allen den gleichen Zugang zum Netz bringt, verflüchtigt sich das Aggregatormodell sehr schnell.

  4. Positioniert sich der Carrier als "Content-Innovator" und -Besitzer, sieht Gartner ein großes Risiko auf ihn zukommen. Carrier beherrschen dieses Business nicht. Außerdem dürften nicht (Netz-)exklusive Inhalte kaum den gewünschten Netz-Traffic beflügeln.

"Was Content betrifft, müssen sich die Carrier wohl darauf einstellen, dass er über verschiedenste Quellen bezogen und über verschiedenste Kanäle verteilt wird", erklärte Gutberlet während der ITxpo in Cannes. "Nicht 'Content is King'", warnte er die Carrier, sondern auf die "Kundenerfahrung" komme es an. In diesem Zusammenhang müssten die Telcos noch jede Menge von den Googles, Amazons und Skypes dieser Welt lernen. (ciw)