IT-Weiterbildungssystem eröffnet neue Karrierepfade

21.01.2003
Von Hiltrud Osterried

So viel zur Theorie. In der Praxis müssen die Teilnehmer auf ihr Zertifikat allerdings noch warten. Stefan Grunwald, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Fraunhofer Institut ISST und dort zuständig für Quit, rechnet damit, dass im Mai oder Juni die ersten Prüfungen für die Spezialistenprofile abgenommen werden können. Die Zeit drängt, denn die ersten Qualifizierungsprojekte in den Unternehmen sind bereits abgeschlossen. Zu den Vorreitern bei der Pilotierung und Einführung des IT-Weiterbildungssystems gehört die Deutsche Telekom AG, bei der sich 13 Teilnehmer zum Network Administrator qualifiziert haben und nun auf die Zertifizierung warten.

Klaus Küper, Projektleiter Telekom-Trainingscenter: "Im IT-Umfeld reicht die klassische theoretische Weiterqualifikation durch Kurse nicht mehr aus."
Klaus Küper, Projektleiter Telekom-Trainingscenter: "Im IT-Umfeld reicht die klassische theoretische Weiterqualifikation durch Kurse nicht mehr aus."

„Gerade im IT-Umfeld reicht die klassische theoretische Weiterqualifikation durch Kurse nicht mehr aus“, begründete Klaus Küper, Projektleiter im Telekom-Trainingscenter, die Entscheidung für die arbeitsprozessorientierte Variante der Weiterbildung. Durch das Lernen in einem realen Kundenprojekt könne der Teilnehmer beweisen, dass er nicht nur theoretisches Wissen hat, sondern auch die nötige Handlungskompetenz.

Hohe Anforderung an Lernbetreuer Zu den wenigen Weiterbildungsinstituten, die Teilnehmer bei der Qualifizierung via APO-Methode unterstützen, gehört die Freiburger Benedict School, die zwölf angehende Projektkoordinatoren betreut. Als Erstes mussten sich die Teilnehmer aus verschiedenen Unternehmen ein Projekt aus ihrer Arbeitspraxis aussuchen, das bestimmte vom Fraunhofer Institut vorgeschriebenen Anforderungen an ein Referenzprojekt erfüllt. Danach erarbeiteten sie mit den Lernprozessbetreuern die Ziel- und Qualifizierungsvereinbarungen.

Das selbstbestimmte Lernen an alltäglichen Projektaufgaben verlangt den Teilnehmern einiges ab. Deshalb sind sie auf die Unterstützung durch die Lernbetreuer angewiesen, an die Schulleiter Patrick von Stackelberg hohe Anforderungen stellt: „Sie müssen den Teilnehmern helfen, systematisch vorzugehen. Sie überprüfen und unterstützen den Lernprozess, was hohe Didaktik- und Methodenkompetenz voraussetzt.“ Aber auch beim arbeitsprozessorientierten Lernen geht es nicht ohne Präsenzseminare.

So veranstaltet die Benedict School für die angehenden Projektkoordinatoren ein Abendseminar zum Thema „Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Projekt-Manager“, da sich nach den Erfahrungen Stackelbergs „Deckungsbeitragsrechnungen schlecht aus dem Buch lernen lassen“. Bei anderen Themen, etwa dem Projekt-Management, hat der Schulleiter gute Erfahrungen mit E-Learning gemacht.

Lernen auch in der Freitzeit

Das IT-Weiterbildungssystem erfordert ein sehr hohes Engagement der Teilnehmer. Vor allem die Erstellung der Projektdokumentationen findet bei den meisten in der Freizeit statt, „da die Alltagsarbeit dazu wenig Zeit lässt“, berichtet Sigrid Heinecke, Projektleiterin beim Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft, in dem sich zurzeit 15 IT-Mitarbeiter zum Projektkoordinator und Netzwerkadministrator weiterbilden. Auch für die Präsenzveranstaltungen am Freitagabend oder Samstag müssten die Teilnehmer Freizeit opfern.

Das Pilotprojekt bei der Deutschen Telekom war sehr aufwändig, da Teile des Spezialistenprofils noch erarbeitet werden mussten. Insgesamt erstreckte sich die Weiterbildung dort über rund ein Jahr. In den Unternehmen, deren Mitarbeiter die Benedict School bei der APO-Weiterbildung betreuen, liefen die Projekte selbst zwischen einem und sechs Monaten, die Weiterbildung dauerte rund sechs bis sieben Monate.

Wie viel Zeit die Teilnehmer investieren müssen, hänge vom Vorwissen, der Berufserfahrung, der Komplexität des Projekts und nicht zuletzt davon ab, wie schnell jemand seine Dokumentation schreiben kann, weiß Schulleiter von Stackelberg. Er schätzt, dass Teilnehmer für die Weiterbildung zum Projektkoordinator mit 200 bis 250 Stunden außerhalb der Arbeitszeit rechnen müssen. Hierin inbegriffen sei der Besuch der Präsenzseminare und die Erstellung der 30- bis 50seitigen Dokumentation. Zudem hängt der zeitliche Aufwand von den jeweiligen Spezialistenprofilen ab. Darum fällt es den Beteiligten schwer, allgemein gültige Zahlen zur Dauer der Weiterbildung zu nennen.