IT-Unternehmen formieren sich gegen Rechts

29.03.2001
Mitarbeiter der Softwarefirma Nextra haben die Initiative "IT-Unternehmen gegen rechte Gewalt und Ausländerfeindlichkeit" ins Leben gerufen. Die Industrievereinigungen Bitkom und "D21" unterstützen die Aktion.

Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) sprach anläßlich eines Standbesuchs bei der norwegischen Firma Nextra auf der CeBIT von einer ausgezeichneten Initiative. Gerade das Internet sei ein Medium, dass wegen seiner ganzen Anlage weder auf die Herkunft, noch auf die Hautfarbe, noch auf die Religion Rücksicht nehmen müsse.

Der niedersächische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) lobt die "ausgezeichnete Initiative" gegen rechte Gewalt.
Der niedersächische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) lobt die "ausgezeichnete Initiative" gegen rechte Gewalt.

Vielmehr könne es weltweit „die Menschen miteinander verbinden“. Die IT-Branche sei "geradezu prädestiniert dafür, sich für Toleranz und Weltoffenheit einzusetzen", erklärte Gabriel.

Natürlich wisse man, dass Rechtsradikalismus und Gewaltaufrufe auch über das Internet verbreitet würden. Auch das Medium Internet laufe, wie alle anderen Medien auch, Gefahr missbraucht zu werden. Deshalb sei es gut, wenn sich IT-Unternehmen zusammenschließen, um zu überlegen, was getan werden könne, um zu verhindern, dass Provider aus irgendeinem Land der Welt solche Gewaltaufrufe, Texte oder Musiktitel mit rechtsradikalem Inhalt ins Internet stellen. "Wenn wir klug genug sind, die Mobile Economy zu organisieren; wenn wir wissen, wie wir ein ganzes Haus mit dem Internet vernetzen müssen, um von überall auf der Welt die Waschmaschine ein- und ausschalten zu können; wenn wir Business-to-Business mit gewaltigen Wachstumsraten zu entwickeln in der Lage sind - dann wird es doch wohl auch möglich sein, solche Gewaltaufrufe und menschenverachtende Parolen aus dem Internet zu verbannen," so der niedersächsische Ministerpräsident weiter.

Gegründet wurde die Aktion durch eine private Initiative von Mitarbeitern der Nextra Deutschland aus Darmstadt. Sie will die IT-Branche auf eine ethische Charta gegen Extremismus von rechts und links im Internet verpflichten. Dabei soll das Bewusstsein der gesamten IT-Branche für die gesellschaftliche Bedeutung des Internet geschärft werden. Gewaltaufrufe dürften im WWW keinen Platz haben. Auch mit bereits laufenden Programmen, die eine missbräuchliche und gesetzeswidrige Nutzung des Internet unterbinden helfen sollen, wird man kooperieren. Ferner soll die Arbeit von Organisationen unterstützt werden, die bereits heute Aussteiger aus der neofaschistischen Szene betreuen und Opfern rechtsextremer Überfälle Hilfe bieten. Gemeinsam mit Initiativen auf lokaler Ebene erhoffen sich die Initiatoren, IT-Experten zu gewinnen, die durch "Internet-Coaching" Medienkompetenz vermitteln können.

Etwas allgemein verbindlich hört sich der weitere Wunsch an, die IT-Branche auf "ihre sozial-gesellschaftliche Verantwortung zu verpflichten". Die IT-Branche Deutschlands sei wie kein anderes Industriesegment auf die Zuwanderung von Experten aus dem Ausland angewiesen. Doch gerade die Ereignisse in jüngerer Vergangenheit mit Anschlägen auf Synagogen und Morden an ausländischen Bürgern hätten das Ansehen Deutschlands im Ausland beschädigt. Manche Reiseführer würden vor Reisen in deutsche Städte warnen. Unter den IT-Experten im Ausland gelte Deutschland nicht als erste Wahl. Die Initiative "IT-Unternehmen gegen rechte Gewalt und Ausländerfeindlichkeit" wolle demgegenüber zeigen, dass ausländische Kollegen in ihren Unternehmen, in ihrer Gemeinschaft und ihrer Arbeitswelt willkommen seien.

Der "Stern" hatte die Aktion "Mut gegen rechte Gewalt" initiiert, die in den vergangenen zwölf Monaten zahlreiche Unterstützer gefunden hatte. Die Nextra-Mitarbeiter hatten sich zudem von der Künstleraktion "Rock gegen rechte Gewalt" inspirieren lassen. Alle Überschüsse, die im Rahmen der jetzt gestarteten Initiative gesammelt werden, gehen direkt an die Amadeu-Antonio-Stiftung, die Opfern rechter Gewalt Hilfe bietet. Auch das Aussteigerprogramm "Exit" sowie Vor-Ort-Initiativen gegen rechte Gewalt sollen mit den Spenden unterstützt werden. Mit der Amadeu-Antonio-Stiftung sollen zudem Medienkompetenzprogramme für Jugendliche auf lokaler Ebene gestartet werden. Sachspenden und Schutzmaßnahmen gegen radikale und extremistische Umtriebe im Internet ergänzen die Initiative. Über die von Takline eingerichtete Spenden-Nummer 0190/070700 kann jeder die Initiative unterstützen. Ein Anruf kostet fünf Mark. Dieser Beitrag fließt direkt in die Amadeu-Antonio-Stiftung.