IT und Logistik - eine Kombination mit Zukunft

11.10.2012
IT steuert Warenflüsse, deshalb sind Informationslogistiker ideal ausgebildet für einen IT-Job in der Logistik. Doch dieses Berufsprofil ist selten zu finden. Dadurch haben auch reine Informatiker beste Chancen.

Die Welt wird mobil. Beispiel car2go - das Car-Sharing-Angebot von Daimler für Innenstädte. Über eine Smartphone-App kann der Fahrer feststellen, ob gerade in seiner Nähe ein Auto steht und frei ist. Ist das der Fall, navigiert ihn eine andere App dorthin. Er öffnet das Auto mit einer Chipkarte, fährt los und lässt das Fahrzeug am Zielort einfach stehen. Dort wartet es auf den nächsten Kunden. Gut 4000 Autos hat Daimler in elf Städten im Einsatz, darunter Amsterdam, Berlin, Ulm, Vancouver und Washington DC.

Michael Kuger (24), studierter Informationslogistiker, entwickelt bei der Daimler-Tochter TSS in Ulm solche Apps: "Meinen Job könnten auch reine Informatiker machen, aber die Informationslogistik macht es mir einfacher, ein alltagstaugliches Produkt zu entwickeln, weil das Studium ein Grundverständnis logistischer Prozesse vermittelt."

In der Logistik ist es wie in anderen Industrien: Das technische Rüstzeug für ihren Job bekommen Informatiker im Studium. Den deutschlandweit einzigartigen Bachelor-Studiengang Informationslogistik gibt es seit fünf Jahren an der Hochschule für Technik in Stuttgart. "Er ist eine Kombination aus IT und Logistik", sagt Studiendekan Volker Coors. IT helfe, dass das richtige Produkt im richtigen Zustand zur rechten Zeit am rechten Ort sei, und das bei minimalen Kosten. "Doch Logistik ist häufig komplex und IT daher unverzichtbar." Ein Beispiel: Von der Kuh auf der Weide bis hinein ins Kühlregal des Supermarkts müsse der Weg der Milch lückenlos nachvollziehbar sein. Dahinter steckten gesetzliche Vorschriften und die Ansprüche von Logistikern und Kunden, die stets wissen wollen, wo sich das Produkt gerade befindet. Im Grundstudium hören die Studenten Vorlesungen in Mathematik, Informatik und zu logistischen Themen aus der Betriebswirtschaftslehre. Später können sie aus Softwareentwicklung oder Identifikationstechniken ein Schwerpunktfach wählen. In der Softwareentwicklung geht es beispielsweise um mobile Systeme, bei den Informationstechniken dreht sich vieles um die Funkerkennungs-Technik RFID. Etwa 15 bis 20 Absolventen verlassen jährlich die Stuttgarter Universität, jeder fünfte mit einem Master.

Ob Bachelor oder Master, Coors bezeichnet die Jobchancen als hervorragend. Typische Arbeitgeber sind Unternehmen, die Logistiksoftware entwickeln, etwa Daimler TSS. Als den wichtigsten Trend in der Logis-tik nennt Coors 2D-Barcodes. Viele nutzen die Möglichkeit, mit ihrem Smartphone ein Angebot auf einem Prospekt zu fotografieren, und gelangen so auf die Internet-Seite des Anbieters, wo sie gleich bestellen können. Reale Objekte mit digitalen Informationen über mobile Geräte zu verbinden - solchen Logistikprozessen bescheinigt der Professor eine große Zukunft.

Sebastian Reim (28) war einer von zwölf Absolventen des ersten Abschlussjahrgangs Informationslogistik in Stuttgart. Seine Bachelor-Arbeit schrieb er bei Daimler TSS und arbeitete anschließend zweieinhalb Jahre als Abap-Entwickler. Seit Oktober ist er in dieser Rolle beim Laserspezialisten Trumpf in Ditzingen angestellt. Gerade hat er eine Anwendung für Prüflose beim Wareneingang ergänzt. Eine andere Aufgabe ist die Steuerung interner und externer Entwicklungsprozesse. "Was der Logistiker mit der Ware macht, das machen wir mit Informationen", beschreibt er den Job von Informationslogistikern.

Jürgen Schulz ist Lehrbeauftragter in diesem Fach und Geschäftsführer von Locom, einem Beratungs- und Softwareunternehmen für Logistik mit Sitz in Karlsruhe, mit etwa 50 Mitarbeitern. Allein in der Softwareentwicklung arbeiten rund 30 Informatiker: "Die technische Eignung bringen sie aus dem Studium mit, das Branchenwissen um die Logistik lernen sie in der Praxis." Fünf Informatikerstellen hat Schulz aktuell offen. "Wir erwarten Kenntnisse in der Softwareentwicklung mit der Programmiersprache .NET sowie in den Datenbanken MySQL und Oracle." Wie Einkauf und Verkauf verknüpft werden, das bringt den Einsteigern das Unternehmen bei.

Ähnlich ist das auch bei Daimler TSS. Das Unternehmen hat 500 Mitarbeiter, und zum Team von Rüdiger Mierzwa, technischer Leiter der Telematik für car2go, gehören nur ein Informationslogistiker, aber vier Informatiker. "Absolventen des Studiengangs Informationslogistik passen deshalb so gut zu uns, weil deren Ausbildungsinhalte die Qualifikationsanforderungen von Telematikprojekten wie car2go abdecken", so Mierzwa. Bei ihm entstehen Embedded Systems. In der Praxis bedeutet das am Beispiel car2go: Der Mieter hält eine Chipkarte an die Windschutzscheibe, damit die Tür aufgeht. Im Hintergrund läuft auf dem Server die Prüfung, ob das Fahrzeug frei und die Karte gültig ist. (hk)

Logistik in Zahlen

Rund 2,8 Millionen Beschäftigte gibt nach Angaben der Bundesvereinigung Logistik, Bremen, in der Logistik. Nach einer Befragung der Vereinigung unter den Mitgliedsunternehmen planen über die Hälfte Neueinstellungen im laufenden Jahr. Etwa 50.000 neue Jobs sollen 2012 entstehen. Der Umsatz im Logistikmarkt ist 2011 im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent auf 222 Milliarden Euro gestiegen. Weitere Informationen unter www.bvl.de.

"IT macht Logistik schnell"

DHL Express ist innerhalb der Deutschen Post DHL der Geschäftsbereich, in dem Sendungen besonders schnell zugestellt werden. Ohne IT würde das nicht gehen, sagt Henning Endruscheit*.

CW: Welche Bedeutung hat IT für die Logistik von DHL Express?

ENDRUSCHEIT: Sie ist ein wesentlicher Bestandteil in unserem Leistungsportfolio. Für uns als weltweit tätiges Logistikunternehmen ist eine reibungslose IT absolute Voraussetzung, um logistische Prozesse sicherzustellen.

CW: Wie viele Informatiker arbeiten in der Logistik bei DHL Express?

ENDRUSCHEIT: Grob geschätzt sind etwa 40 Prozent der Beschäftigten in Deutschland im weitesten Sinn Informatiker. Weltweit arbeiten bei DHL Express rund 1400 IT-Spezialisten.

CW: Welche Aufgaben haben die DHL-Informatiker in Deutschland?

ENDRUSCHEIT: Sie arbeiten im Wesentlichen als Softwarearchitekten und Projekt-Manager. Außerdem brauchen wir Experten zum Steuern und Planen des IT-Betriebs. Sie alle stellen auf der einen Seite die Schnittstelle zu unseren Fachabteilungen und Kunden, auf der anderen Seite zu IT-Dienstleistern dar. Unsere IT-Spezialisten erfassen die Anforderungen der Fachabteilung, stimmen sie ab und harmonisieren sie mit internationalen Einheiten, steuern Dienstleister und stellen einen störungsfreien IT-Betrieb sicher. Sie sollten sich mit Softwarearchitekturen sowie Service- und Projekt-Management auskennen. Außerdem brauchen sie detailliertes Prozess-Know-how in der Logistik, um Lösungen im Sinne der Kunden entwickeln und im internationalen Kontext einbetten zu können.

CW: Können Sie uns dazu ein Beispiel nennen?

ENDRUSCHEIT: Nehmen wir die Integration der IT unserer Kunden. Gerade große, international agierende Unternehmen haben oft sehr spezielle Anforderungen an die Bereitstellung von Informationen, um ihre internen Prozesse zu unterstützen und unverzüglich auf eventuelle Ereignisse reagieren zu können. Dazu gehören Benachrichtigungen bei Zustellverzögerungen, lückenlose Verfolgung der Sendung, elektronische Rechnungsabwicklung bis hin zur Anzeige der Signatur des Kunden bei der Zustellung. Die Datenerfassung beginnt deshalb schon bei der Beauftragung der Sendung und der Übermittlung dieser Daten vom Kundenservice an die Disposition, setzt sich beim ersten Scan der Sendungsdetails fort, wenn der Kurier die Sendung abholt, und spielt dann im Sendungsverlauf mit jedem weiteren Scan eine enorm wichtige Rolle für die Sendungsverfolgung.