Die großen Themen des begonnenen Jahres sind eher unspektakulär

IT-Trends 2002: Zurück zur Vernunft

11.01.2002
MÜNCHEN (CW) - Heterogene IT- Welten harmonisieren und bestehende Anwendungen Web-fähig machen - diesen Aufgaben stellen sich die IT-Chefs 2002. Von den "geschäftskritischen" Themen der E-Business-Ära ist das Customer-Relationship-Management (CRM) übrig geblieben. Möglicherweise im Kommen: das ASP-Modell.

Stellvertretend für viele andere bezeichnet Harry Lammich, IT-Leiter bei der Kasseler Energie-Aktiengesellschaft Mitteldeutschland (EAM), als derzeit bestimmenden IT-Trend die Integration. Eine weitere wichtige Aufgabe sieht er darin, die bestehenden IT-Systeme Web-fähig zu machen.

Diese Einschätzung teilt Heinz Kreuzer, Geschäftsführungssprecher des Preussag-internen IT-Dienstleisters TUI Infotec: Der "nach wie vor wichtigste Trend" äußere sich darin, dass alle neu entwickelten oder bestehenden Anwendungen auf eine Web-Basis gestellt werden. "Das gibt uns die Möglichkeit, unsere Anwendungen an jedem Ort in der Organisation verfügbar zu machen, und es erlaubt uns darüber hinaus, Geschäftsprozesse oder sogar -modelle in unserem Sinne zu beeinflussen und zu verändern."

Darüber hinaus benennt Kreuzer konkrete Projekte, "die einen hohen wirtschaftlichen Nutzen haben, also nach kürzester Zeit einen Return on Investment bieten": die Konsolidierung der Hoteleinkaufsplattform, die Zusammenführung des Netzes über alle Länder hinweg, die Verringerung der Netzwerk-Provider von derzeit 25 auf "einen oder zwei" sowie die Migration des Mainframe- und Server-Betriebs, der heute über eine Reihe von europäischen Rechenzentren verteilt ist.

Der schnelle Return on Investment spielt auch in der Planung von Frank Roth eine tragende Rolle. "In weniger als zwei Jahren" sollen sich die Projekte auszahlen, so der Geschäftsführer der HVB Info, die zur Hypo-Vereinsbank-Gruppe, München, gehört. "Rationalisierungsprojekte" haben für Roth deshalb "höchste Priorität".

Dirk Ventur, CIO der Degussa AG, Düsseldorf, stellt ebenfalls den Kostenaspekt in den Mittelpunkt seiner strategischen Überlegungen. Die drängenden Fragen lauten aus seiner Sicht: "Wie können mit Hilfe der IT die Business-Prozesse optimal unterstützt, der Umsatz gesteigert und gleichzeitig die Kosten gesenkt werden?" Entscheidend hierfür sei eine gute Infrastruktur: Standardisierung bei weitestgehender Flexibilität, Harmonisierung der Systeme und Schnittstellen-Reduktion.

Deshalb wird Ventur in diesem Jahr die unternehmensweite Homogenisierung der SAP-Landschaft, die Konsolidierung der IT- und Telekommunikationslandschaft und die Vereinheitlichung der Content-Management-Systeme vorantreiben. Im Gegensatz zu vielen Kollegen möchte der Degussa-CIO parallel dazu "neue E-Business- und ERP-Anwendungen - etwa in den Bereichen Customer-Relationship-Management (CRM) und Enterprise Application Integration (EAI) - installieren". Auch die Migration auf Windows XP ist vorgesehen.

Damit gehört Ventur allerdings einer Minderheit an. Die meisten Anwender legen dem neuen Microsoft-Betriebssystem gegenüber eine abwartende Haltung an den Tag - wenn auch nicht jeder sie so bestimmt zum Ausdruck bringt wie Wilfried Grewe: "Windows XP tangiert mich überhaupt nicht", bekennt der Bereichsleiter IT bei der Multivac Sepp Haggenmüller GmbH & Co. KG, Wolfertschwenden. Priorität haben für den mittelständischen Maschinenbauer aus dem Allgäu derzeit die Einführung eines 3D-CAD-Systems sowie ein CRM-System und "eine interne Data-Warehouse-Struktur".

Mit einem CRM-Projekt ist derzeit auch die IT-Abteilung des Chip-Brokers Consumer Electronics AG (CE), München, beschäftigt. Auf der To-do-Liste des IT-Leiters Detlef Stüwe steht zudem ein Dokumenten-Management-System im SAP-Umfeld. Außerdem will CE ab diesem Jahr Microsoft Office, Exchange und File-Services von einem Application-Service-Provider (ASP) beziehen. "Dazu werden unsere Clients mit Citrix Metaframe ausgestattet; das wird mich nachts ruhig schlafen lassen", freut sich Stüwe. Was den Markt angehe, sei er "enttäuscht von der Entwicklung im Bereich Application-Service-Providing", klagt der IT-Manager. "Hier hätte ich größere Akzeptanz auf Kundenseite erwartet. Gerade für Mittelständler ist das Modell attraktiv."

Letzteres findet auch Frank Raker, Leiter der Abteilung Informationstechnik bei der E. Heitkamp Bauunternehmung GmbH in Herne: Über das laufende Jahr hinaus will Heitkamp auf ASP-Basis ein Collaboration-Tool nutzen, um allen an einem Bauvorhaben beteiligten Geschäftspartnern ein einheitliches Projekt-Management zu ermöglichen. (qua)