Martina Koederitz, IBM

IT treibt neue industrielle Revolution

05.03.2013
Das Tempo der Informations- und Telekombranche zwingt die klassische Industrie aus Sicht der IBM-Deutschlandchefin Martina Koederitz zunehmend zum Umdenken.
IBM-Deutschlandchefin Martina Koederitz (hier auf der CeBIT 2012)
IBM-Deutschlandchefin Martina Koederitz (hier auf der CeBIT 2012)

Stärker als je zuvor müsse ein Produkt heute bereits in der Planungsphase auf ein Zusammenspiel mit den Erfindungen von übermorgen ausgerichtet sein. "Das ist sicher eine Herausforderung, wenn man etwa die Automobilindustrie nimmt oder die großen Anlagen und Maschinenbauer. Da ist unsere Branche anders getaktet", sagte Koederitz am Dienstag am Rande der CeBIT im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Die Lösung sei, die Schnittstellen der Produkte so offen wie möglich zu halten.

"Natürlich wissen wir heute nicht, was für andere technologische Komponenten es in zehn Jahren geben wird", sagte die Managerin, die seit 2011 als erste Frau an der Spitze der Deutschland-Tochter des Technologieriesen steht. Die entscheidende Frage sei: "Wie betreibe ich Industrieentwicklung und versuche, Standards aus unserer Industrie mit vorzudenken?" Als Beispiel nannte sie Smartphones und Pkw-Hersteller. "Das iPhone kam 2007 auf den Markt, also hatte damals auch kein Automobilbauer einen Anschluss für ein iPhone." Das hätten Kunden jedoch bald erwartet. Die Kunst sei künftig, "Technologiezyklen und Innovationen aus unserer Technologie über Standards und vorgedachte Architektur besser integrieren zu können". Dazu dienten offene Schnittstellen, über die IT-Produkte mit klassischen Industrieprodukten verknüpft werden können.

Mit Blick auf den für IBM wichtigen Markt Deutschland kritisierte Koederitz das Umfeld für Start-ups. "Die Möglichkeiten für junge Unternehmen, an Kapital zu kommen und damit ein Business zu starten, sind in Deutschland herausfordernder als in anderen Ländern."

Die Bedingungen für Start-ups seien auch für etablierte Konzerne ein wichtiger Faktor im Rennen um die globale Wettbewerbsfähigkeit. "Wenn wir Rahmenbedingungen finden, die es ihnen ermöglichen, sich nicht durch den bürokratischen Wahnsinn durchzuarbeiten, sondern dort einfacher starten und Ideen ausprobieren zu können, dann hilft uns das auch uns als etabliertes Unternehmen", sagte die Managerin. "Denn auch wir leben davon, dass wir von jungen und neuen Ideen herausgefordert werden."

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bei der Messe-Eröffnung Nachbesserungsbedarf für Start-ups eingeräumt. Koederitz warnte: "Es ist heutzutage mit den Technologien, die wir in der IT haben - etwa mit den digitalen Plattformen - einfacher, ein neues Geschäftsmodell zu etablieren. Nichtsdestotrotz brauchen die Gründer natürlich Zugang zu Kapital und Hilfe dabei, die richtigen Mitarbeiter zu bekommen."

Doch in einigen Bereichen der IT-Industrie mangele es nach wie vor an geeigneten Fachkräften. "Oft gibt es Mitarbeiter nicht in der richtigen Anzahl oder nicht in der richtigen Qualifikation." Besonders knapp seien Fachkräfte in der Softwareentwicklung und für Kundenberatung. Zudem verschärfe der generelle Trend zur IT den Wettbewerb. "Es buhlen mehr Unternehmen um die gleichen Talente."

Als zentrale Zukunftsfelder für IBM nannte Koederitz Mobilität, Energie und Gesundheit. "Ich glaube, da werden völlig neue Ideen entstehen. Wir sind jetzt am Anfang einer wirklich neuen Dekade." Die intelligente Auswertung von Daten - etwa für den Energieverbrauch, die Analyse optimaler Windkraftstandorte oder bessere Verkehrsplanung - sei vor einigen Jahren allein wegen der nötigen Rechenleistung noch gar nicht möglich gewesen. Heute gebe es dafür einfache Apps. (dpa/tc)