Das große Gründer-Roundtable

IT-Startup-Wüste Deutschland?

22.06.2010
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

5. Den richtigen Zeitpunkt finden

Kontrovers diskutiert wurde auch über den richtigen Zeitpunkt einer Firmengründung. Helpline-Chef Martin favorisiert für den Start die Phase unmittelbar nach der Universität oder Hochschule. Eine hohe Lernkurve, geringer Leidensdruck sowie eine größere finanzielle Unabhängigkeit sprächen für eine Gründung in dieser Lebensphase. "Man ist noch nicht korrumpiert durch Fünf-Sterne-Hotels und dicke Autos", sagt der Manager. Habe man sich später im Berufsleben etabliert und verdiene gutes Geld, falle eine Gründung deutlich schwerer. Angesichts der aktuellen Finanzierungssituation müssten Gründer in Deutschland bereit sein, in den ersten Jahren auf Geld zu verzichten. "Deshalb eignet sich die Phase direkt nach dem Studium am besten."

Dem widerspricht Brainloop-Chef Weger: "Es ist ein wenig dünn, wenn man nur ein Studium an der Universität XY vorweisen kann." Als Greenhorn bekomme man kaum das nötige Startkapital, begründet der Manager seinen Einwand. Mit Erfahrung und vielleicht sogar ersten Erfolgsgeschichten fielen die Verhandlungen wesentlich leichter. Zwar gebe es Gründungen direkt nach oder sogar während des Studiums, berichtet CAS-Vorstand Hubschneider. Viele Absolventen würden jedoch erst einmal Berufserfahrung sammeln, bevor sie sich an eine Firmengründung wagten. "Um hierzulande an Geld zu kommen, ist es viel wert, einen Lebenslauf vorweisen zu können, in dem womöglich bereits eine renommierte Firma beziehungsweise Success-Stories stehen."

Das Kreuz mit der Internationalisierung

Während US-amerikanische Softwareunternehmen vor etwa zehn Jahren gerade einmal 40 Prozent ihres Ertrags im Ausland erzielt hatten, lag dieser Wert bei ihren europäischen Pendants bei fast 70 Prozent, berichten die Analysten von Forrester Research. Der vergleichsweise geringe Auslandsanteil der US-Hersteller rührt unter anderem daher, dass der Binnenmarkt jenseits des großen Teichs groß ist. US-Startups müssten daher weniger über eine Auslandsexpansion nachdenken als europäische Gründungen.

Während der Dotcom-Krise brach der Auslandsanteil der europäischen Unternehmen deutlich ein. Bestrebungen, das eigene Geschäft zu internationalisieren, wurden vielfach eingestellt oder zurückgefahren. Heute orientieren sich europäische Firmen wieder deutlich internationaler, der Auslandsanteil ihres Ertrags steigt. Dagegen haben es US-amerikanische Hersteller Forrester zufolge bis heute nicht geschafft, ihre Binnenmarkt-Fokussierung zu überwinden.