Das große Gründer-Roundtable

IT-Startup-Wüste Deutschland?

22.06.2010
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

c3. Mangelware gute Mitarbeiter

Pascal Matzke, Forrester: "Fachidiotie und Silodenken sind nach wie vor große Probleme."
Pascal Matzke, Forrester: "Fachidiotie und Silodenken sind nach wie vor große Probleme."
Foto: Joachim Wendler

Die Defizite in der Ausbildung verursachen jungen Unternehmen auch in späteren Phasen noch Kopfzerbrechen, wenn es beispielsweise darum geht, Mitarbeiter für die Expansion des eigenen Geschäfts zu finden. "Fachidiotie und Silodenken sind nach wie vor große Probleme", bestätigt Forrester-Analyst Pascal Matzke. Schuld daran seien aber nicht allein die Ausbildungseinrichtungen, widerspricht er den Kritikern des hiesigen Ausbildungssystems. Das Problem liege auch in der überwiegend ingenieurlastigen Ausrichtung der Startups. In vielen Unternehmen fehle die Bereitschaft, auch einmal abseits der ausgetretenen Pfade neue Mitarbeiter zu suchen und einzustellen. Geistes- und Sozialwissenschaftler könnten einen anderen Blickwinkel auf die Technik anbieten als Ingenieure und Entwickler, empfiehlt Matzke. "Hier müssen die Unternehmen umdenken".

"Die Not treibt uns ja schon zu den Sozialwissenschaftlern", kontert Helpline-Manager Martin schmunzelnd, bestätigt aber im gleichen Atemzug das Problem vieler junger Unternehmen. Gründer täten sich oft schwer, sobald die ersten Schritte getan sind und das Geschäft ins Laufen kommt, die richtigen Mitarbeiter für den weiteren Ausbau des Business zu finden, schildert er die Klagen aus der Unternehmerschaft.

Peter Weger, Brainloop: "Man glaubt gar nicht, wie schwierig es ist, deutsche Informatiker dazu zu bringen, Code zu schreiben."
Peter Weger, Brainloop: "Man glaubt gar nicht, wie schwierig es ist, deutsche Informatiker dazu zu bringen, Code zu schreiben."
Foto: Joachim Wendler

"Man glaubt gar nicht, wie schwierig es ist, deutsche Informatiker dazu zu bringen, Code zu schreiben", berichtet auch Peter Weger, CEO der Brainloop AG. Die Absolventen der Universitäten und Hochschulen meinten, sie könnten gleich als Projektleiter und Unternehmensberater im Berufsleben durchstarten. "Aber wie kann jemand Unternehmensberater werden, wenn er keine Ahnung hat, wie es in einem Unternehmen zugeht?", fragt sich der Manager. Nach der Uni sei erst einmal eine Lernphase angesagt. Doch das sei in den Berufsplänen der meisten Absolventen offenbar nicht vorgesehen. Weger hat die Konsequenzen gezogen. Der Großteil seiner Entwickler komme nicht mehr aus Deutschland, berichtet der CEO. "Die deutschen Uni-Abgänger sind dafür unbrauchbar und zum großen Teil auch unwillig."