Outsourcing/Service-Level-Management

IT-Service braucht Kontrolle

10.08.2001
Wer IT-Services bezieht, muss die Qualität der gelieferten Dienstleistungen kontrollieren und messen. Um den reibungslosen und IT-gestützten Betrieb von Kernprozessen sicherzustellen, ist eine geschäftsorientierte Sicht auf die gelieferten Leistungen erforderlich. Von Nicolas Kourim*

Ein Beispiel aus dem täglichen Leben: Herr S. fliegt regelmäßig mit einer großen internationalen Fluggesellschaft ins europäische Ausland. Beim Erwerb der Einstiegskarte kommt es immer wieder zu Verzögerungen, da das dahinter liegende IT-System diesen Geschäftsprozess nicht adäquat unterstützt. Weil Herr S. bereits des öfteren Verspätungen in Kauf nehmen musste, beschließt er, die Fluglinie zu wechseln.

Der Fall lehrt, dass bei fortlaufender Vernachlässigung der Kontrolle und Überarbeitung der IT die jeweiligen Unternehmen konkrete Umsatzeinbußen riskieren. Im Gegensatz zu traditionellen Geschäftsbeziehungen hat der Qualitätsmangel bei IT-gestützten Lösungen direkte Auswirkungen auf das Geschäft, weil die heutigen Kunden stärker in die Geschäftsprozesse eingebunden sind und mangelnden Service direkter wahrnehmen.

Doch dieser Umstand hat bislang nicht dazu geführt, neue Wege bei der Sicherstellung von Dienstleistungen zu beschreiten. Eine IDC-Studie etwa besagt, dass Anbieter ihre Servicequalität vornehmlich unter technischen Gesichstpunkten messen. Dabei gibt es mit dem Service-Level-Management (SLM) bereits Kontrollmechanismen, die die jeweiligen IT-Dienstleistungen adäquat an Geschäftsprozesse anpassen. Grundlage dafür sind die zwischen den Partnern abgeschlossenen Service-Level-Agreements (SLAs).

SLAs beinhalten üblicherweise technische Daten wie garantierte Antwortzeiten und Verfügbarkeit, doch die Vereinbarungen zwischen den Partnern werden weder dynamisch angepasst noch sind sie für die meisten Geschäftsanwender transparent. Weil kritische Geschäftsprozesse ihrer Kunden zunehmend eine funktionierende IT-Umgebung voraussetzen, ist es für IT-Dienstleister unabdingbar, die Servicequalität aus Geschäftsprozess- beziehungsweise Anwendersicht zu messen und zu optimieren.

Das Thema SLM hat es bislang nicht geschafft, in das Bewusstsein deutscher Manager aus den Führungsetagen vorzudringen. Anders verfahren einige große Anwaltsfirmen: Sie prüfen beispielsweise bei großen Übernahmen und Unternehmenshochzeiten die Leistungsfähigkeit und Steuerbarkeit der IT-Systeme der beteiligten Firmen, um bei Fehleinschätzungen oder Nichtbeachtung dieser Kriterien nicht selbst in der Verantwortung zu stehen.

Die Zuverlässigkeit der IT muss umgehend im deutschen Top-Management zur Chefsache erklärt werden, will man vermeiden, dass deutsche Unternehmen langsam, aber sicher, nur begrenzt steuerbar werden. Die IT muss mit dem neuen Ansatz - aus Sicht der Geschäftsprozesse - gemessen, optimiert, und auf geschäftliche Prioritäten (Unternehmensziele) ausgerichtet werden. Dazu ist kein Hexenwerk erforderlich, sondern es ist ganz einfach: Die Informationssysteme müssen mit den heute existierenden Lösungsansätzen ganzheitlich - also nicht nur aus rein technischer Sicht - bewertet werden.

*Nicolas Kourim ist President und CEO von Clariteam weltweit sowie Geschäftsführer der Clariteam GmbH in Feldkirchen bei München.

Service-Level-ManagementIm Rahmen des Service-Level-Managements wird die für den Geschäftsbetrieb relevante IT-Leistung überprüft. Die SLM-Zuständigen erheben die IT-Leistungen, die an Anwender geliefert werden, und vergleichen die Werte mit den vereinbarten Service-Level-Agreements. Im Vorfeld sollte die betriebswirtschaftliche Stimmigkeit der Leistung geklärt werden, anschließend erfolgt eine Definition der notwendigen Verfügbarkeit und des erwarteten Mengengerüsts.

Ist dies geschehen, können SLAs technisch gemessen und überprüft werden. Über ihren Geschäftswert ist damit jedoch noch nichts gesagt. Ist die IT komplett ausgelagert, bietet es sich an, die gelieferte Leistung auf Basis einer End-to-End-Messung zu erfassen.

Verantwortet ein Dienstleister hingegen nur Teile einer komplexeren Struktur, ist neben der End-to-End-Messung des Geschäftsprozesses eine punktuelle Streckenmessung sinnvoll, um externe und interne IT-Dienste sauber zu trennen. System-Management-Werkzeuge von Tivoli, Hewlett-Packard, Amdahl oder Micromuse liefern in der Regel Daten und Berichte, die für Anwender weder verständlich noch transparent sind. Für den Bezieher einer IT-Leistung ist nur sein Geschäftsprozess relevant. Dazu lassen sich Technologien verschiedener Anbieter bündeln und die Ergebnisse unter geschäftsorientiertem Blickwinkel analysieren. Um aus der meist komplexen IT-Struktur den Verlauf eines relevanten Geschäftsprozesses isolieren zu können, sind aber nach wie vor das Wissen und die Erfahrung von Menschen notwendig.