IT-Profis stehen bei Zeitarbeitsfirmen hoch im Kurs

23.02.2007
Von Ulrike Wendel
Die rasante Entwicklung der Zeitarbeit hat den Positivtrend auf dem Arbeitsmarkt in den vergangenen Monaten zusätzlich beflügelt. IT-Spezialisten sind bei Personaldienstleistern besonders gefragt.

Zeitarbeit liegt im Trend. Etwa 500 000 Arbeitnehmer hatten nach Zahlen des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen Ende 2005 einen Personaldienstleister als Arbeitgeber. An Bedeutung gewinnt die Arbeitnehmerüberlassung auch in hoch qualifizierten Berufen. IT-Fachkräfte sind neben Ingenieuren und Finanzexperten zurzeit besonders gefragt.

Um 14 Prozent ist der Zeitarbeitsmarkt nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Lünendonk 2005 gewachsen. Auch 2006 hatten die Zeitarbeitsunternehmen fast 80 Prozent mehr Jobofferten im Angebot als noch im Vorjahr. Lünendonk-Geschäftsführer Hartmut Lüerßen rechnet mit einem Wachstum von mindestens 16 Prozent im Jahr 2006: „Es könnte sein, dass wir sogar mehr als 20 Prozent Wachstum haben.“ Auch für 2007 gehen die großen Zeitarbeitsunternehmen von einem überproportionalen Wachstum in Deutschland aus. „Wir hoffen, dass es so weitergeht“, sagt Petra Timm vom Personaldienstleister Randstad, der im vergangenen Jahr 10 000 neue Stellen im Angebot hatte. Konkurrent Adecco möchte hierzulande 12 000 neue Jobs schaffen.

Bedarf an flexibler Beschäftigung steigt

Auf die zunehmende Nachfrage nach hoch qualifizierten Spezialisten haben die großen Personalvermittler mit der Gründung eigener Geschäftsbereiche für IT-Services reagiert, die in den vergangenen Jahren kräftige Zuwächse verzeichneten. „Die Firmen haben verstanden, dass man über Zeitarbeit sehr spezialisierte Fachleute finden kann“, sagt Christina Mankus, Leiterin des Geschäftsbereichs IT bei der DIS AG, die zu den fünf größten Personaldienstleistern in Deutschland zählt. Der Geschäftsbereich hat im Jahr 2005 einen Umsatz von 20,9 Millionen Euro und damit ein Plus von 32 Prozent gegenüber Vorjahr erzielt. Mittlerweile beschäftigt DIS im Geschäftsbereich IT etwa 440 Mitarbeiter. Adecco hat die Business Line Information Technology geschaffen, die zurzeit rund 200 Beschäftigte zählt. Langfristiges Ziel ist es, die Mitarbeiterzahl auf 500 IT-Fachkräfte auszubauen. Für das laufende Jahr liegen nach Unternehmensangaben bereits Auftragsanfragen für mehrere hundert Mitarbeiter vor.

Bedarf an flexiblen Beschäftigungsverhältnissen melden die Unternehmen momentan in allen Bereichen der IT. Die Nachfragen richten sich an Datenverarbeitungskaufleute ebenso wie an Programmierer, Berater und Trainer sowie an Systemarchitekten und Netzadministratoren. Java-Entwickler stehen genauso auf der Wunschliste wie Projektleiter und SAP-Netweaver-Spezialisten.

Die Personalvermittler suchen vor allem nach IT-Fachkräften mit Ausbildung oder Studium, die mindestens zwei bis drei Jahre Berufserfahrung mitbringen. „Die Kunden wollen Produktivität vom ersten Tag an“, sagt Randstad-Sprecherin Timm. SOA-, ERP- und Java-Kenntnisse gehören augenblicklich zu den am meisten gefragten Qualifikationen. „Alles, was mit der Schnittstelle zwischen IT und BWL zu tun hat, gehört zu den Themen, die immer wichtiger werden“, sagt Mankus von DIS. Vor allem (Wirtschafts-)Informatiker und Wirtschaftsingenieure haben deswegen momentan besonders gute Chancen.

Auch Chancen für Ältere

Auch für Hochschulabsolventen, die Praktika absolviert haben, oder für Umschüler mit den richtigen Erfahrungen bieten die Zeitarbeitsfirmen oft einen geeigneten Markt. Für manche Unternehmensanfrage bringen ältere Arbeitnehmer, die scheinbar veraltetes Wissen haben, die richtige Qualifikation mit. „Wenn die Leute spezielle Kenntnisse vorweisen, kann das genau das Richtige sein“, meint Thorben Clausen, der bei Randstad für die Vermittlung von IT-Fachleuten zuständig ist.

Sowohl um Auftragsspitzen abzudecken als auch für kurz- und mittelfristig angelegte Projekte schätzt man etwa bei der Deutschen Bahn flexible Zeitarbeitskräfte. Rund 40 Arbeitnehmer auf Zeit sind momentan im IT-Bereich der Bahn eingesetzt. Größtenteils wurden sie vom konzerneigenen Personaldienstleister „DB Zeitarbeit“ vermittelt. Ihre Einsatzfelder reichen nach Unternehmensangaben von Anwendungsentwicklung über Softwareinstallation und Datenaufbereitung bis zu Projekt- und Querschnittsaufgaben zwischen IT und Fachabteilung.

Die Zeitarbeit, ursprünglich dazu gedacht, auf unvorhergesehene Engpässe zu reagieren, wird dabei zunehmend auch als strategisches Instrument der Personalplanung genutzt. „Flexibilität ist heute Teil der Planung“, sagt Lünendonk-Geschäftsführer Lüerßen. Indem die Unternehmen Mitarbeiter nur für begrenzte Zeit von Personaldienstleistern „entleihen“, bekommen sie die Möglichkeit, schnell Personal zu rekrutieren, ohne sich an Mitarbeiter zu binden.

Zeitarbeit profitiert von Aufschwung

In den IT-Abteilungen boomt die Arbeit mit Zeitarbeitskräften vor allem, seit mit der Hartz-Gesetzgebung die Branche liberalisiert wurde. Bis Ende 2002 konnten Zeitarbeiter nur bis zu zwei Jahren ohne Unterbrechung bei ein und demselben Kundenunternehmen arbeiten. Diese Höchstüberlassungsdauer war für viele komplexe IT-Projekte jedoch zu kurz bemessen. „Wenn es besonders gut lief, mussten wir die Mitarbeiter oft abziehen“, erinnert sich Randstad-Sprecherin Timm. Denn der durchschnittliche Einsatz eines Zeitarbeiters in der IT dauert eineinhalb Jahre, viele Projekte sind jedoch wesentlich langfristiger angelegt.

Auch der wirtschaftliche Aufschwung der vergangenen Monate hat der Zeitarbeit Aufwind gebracht. Der Konjunkturbelebung trauen viele Firmen offenbar noch nicht. „Gerade wenn Unternehmen unsicher sind, ob die Aufschwungphase weitergeht, setzen sie auf Zeitarbeit“, so Timm. Das Risiko sinkt dadurch, denn die Arbeitnehmer auf Zeit sind bei den Personaldienstleistern angestellt, nicht bei den Unternehmen selbst. Langfristig streben viele Zeitarbeiter, gerade wenn sie gut qualifiziert sind, eine unbefristete Anstellung im Kundenunternehmen an. Die Übernahmechancen stellen sich für die IT-Fachkräfte besser dar als für den Durchschnitt der Zeitarbeiter. „Im Laufe eines Jahres verlieren wir ungefähr die Hälfte unserer Mitarbeiter“, berichtet Clausen von Randstad.

Den momentan viel beklagten Mangel an Fachkräften bekommen auch die Zeitarbeitsunternehmen zu spüren. Denn an der Nachfrage ihrer Kundenunternehmen nach qualifizierten IT-Mitarbeitern fehlt es nicht, wohl aber manchmal an geeigneten Bewerbern. „Die Unternehmen würden noch mehr nachfragen, aber die Zeitarbeitsfirmen sind nicht in der Lage, die entsprechenden Personen zur Verfügung zu stellen“, sagt Lünendonk-Geschäftsführer Lüerßen.