Karrierechancen im Mittelstand

IT-Profis müssen Kompromisse machen

25.10.2002
MÜNCHEN (ho) - Wer sich derzeit auf Stellensuche begibt, muss viel Engagement und Zeit mitbringen. Hoch qualifizierte IT-Profis, die sich schon die ersten Sporen verdient haben, haben aber noch Chancen. Schlechter sieht es für Einsteiger aus, denn kaum eine Firma will es sich leisten, neue Mitarbeiter einzuarbeiten.

Auf der Systems war der Abwärtstrend auf dem IT-Arbeitsmarkt deutlich zu spüren: Drängelten sich letztes Jahr noch die Unternehmen, die auf dem CW-Forum "Jobs & Karriere" neue IT-Mitarbeiter suchten, gab es dieses Jahr weitaus mehr Platz. Die Diskussionen auf dem Podium des Forums machten aber deutlich, dass immer noch Firmen nach neuen IT-Mitarbeitern Ausschau halten.

"Wir haben hohe Ansprüche. Für uns kommen nur IT-Profis in Frage, die ihr Studium zügig und mit guten Noten absolviert haben und sich bereits mehrere Jahre lang im Arbeitsleben beweisen konnten. Zudem erwarten wir ein hohes Maß an Flexibilität und Mobilität", beschreibt Matthias Kulessa, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters DMC.

Studium ist oft ein Muss

Bei Ixos, einem Anbieter von Dokumenten-Management-Systemen, sieht es ähnlich aus. Besonderen Wert legt der Personalchef auf eine internationale Ausrichtung der Karriere und auf Soft-Skills. "Wir stellen in erster Linie Kandidaten mit Hochschulstudium ein", erklärt Manuel Dohr. Rund 60 Prozent der Ixos-Belegschaft haben einen akademischen Abschluss.

Anders als noch vor zwei Jahren können die Unternehmen momentan aus einem Gros von IT-Spezialisten aussuchen. Kein Wunder also, dass sie sich vor allem auf Mitarbeiter mit Berufserfahrung konzentrieren. Denn gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind sie darauf angewiesen, dass die Spezialisten ohne lange Einarbeitungszeiten einsetzbar sind.

Wo aber gibt es noch Jobs? Hier bieten kleinere Unternehmen noch Chancen. Denn einige von ihnen scheinen die Wirtschaftsflaute besser verkraftet zu haben als die großen Konzerne, die in den letzten Monaten vor allem durch Massenentlassungen für Schlagzeilen sorgten. Im Mittelstand sieht Rudolf Haggenmüller, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Fast GmbH, gute Chancen auch für IT-Spezialisten ohne Studium. Gerade kleinere Unternehmen könnten Mitarbeiter mit überzeugendem Praxiswissen, also beispielsweise Fachinformatiker, gebrauchen. "Hier kommen Studenten mit ihrem Informatik-Kauderwelsch weniger gut an", berichtet er schmunzelnd. Das Einsatzgebiet für IT-Auszubildende sieht Ixos-Personalchef Dohr in erster Linie bei Anwenderunternehmen. In seinem Unternehmen, das vor allem in der Entwicklung und im Consulting-Bereich aktiv sei, gebe es kaum Aufgaben für sie.

Weniger Hierarchien

Wenn nach dem Wunscharbeitgeber gefragt wird, schneiden die Großen der Branche nach wie vor am besten ab. Dabei haben die Mittelständler in puncto Gehalt und sonstigen Vergünstigungen wie Sozialleistungen aufgeholt. Allerdings unterscheidet sich die Arbeitsweise in Groß- und Kleinunternehmen massiv. Haggenmüller, der selbst zehn Jahre bei Siemens gearbeitet hat, bringt die Unterschiede auf den Punkt: "In den Konzernen kann man, wenn man wünscht, besser in der Masse verschwinden. Oft ist eine 35-Stunden-Woche festgeschrieben. Allerdings hat man auch viele Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Außerdem gibt es meist Servicedienste im Unternehmen, die einem beispielsweise bei der Organisation von Meetings oder Reisen unter die Arme greifen."

In kleineren Firmen habe man hingegen größere Gestaltungsmöglichkeiten, da die Leistung des Einzelnen besser zur Geltung gelange. Wer jedoch den formellen Aufstieg anstrebe, werde Schwierigkeiten bekommen, da es in der Regel bei den Mittelständlern weniger Hierarchiestufen gebe.

In den letzten Jahren mussten sich die IT-Spezialisten kaum Sorgen machen, denn auch Quereinsteiger und Neulinge waren heiß begehrt. Innerhalb kürzester Zeit hat sich die Situation auf dem IT-Arbeitsmarkt radikal verändert. Aber was sollen die ITler tun, um ihre Chancen zu verbessern? Haggenmüller rät den Informatikstudenten, auf jeden Fall das Studium zu beenden, auch wenn sie eventuell schon vor dem Examen ein Angebot erhalten, denn: "Das Berufsleben dauert 30 bis 40 Jahre, da lohnt es sich, in die Ausbildung zu investieren." DMC-Chef Kulessa empfiehlt den IT-Spezialisten, ihr Grundwissen auf möglichst breite und solide Basis zu stellen und nicht auf kurzfristige Techniktrends zu setzen, die rasch obsolet sein können: "Die Beispiele Visual Basic oder Datenbanken haben gezeigt, wie schnell sich die Schwerpunkte manchmal ändern."