IT-Profis müssen das Bewerbungs-Einmaleins lernen

25.06.2002
Von in Hiltrud
Was den meisten fehlt, ist die Kunst, ihre potenziellen Arbeitgeber mit den richtigen Argumenten zu überzeugen. Bei einigen hapert es auch schon beim Bewerbungs-Einmaleins.

Den Wunscharbeitgeber davon zu überzeugen, dass man der Richtige ist, sollte eigentlich nicht so schwer sein. So denken viele IT-Profis, die sich schon einige Jahre im Berufsleben behaupten konnten, aber sie täuschen sich. Denn es reicht nicht, sich in der Bewerbung möglichst gut darzustellen. Die Unternehmen wollen überzeugt werden, was der Kandidat für die Firma bringt und welche Ziele er hat.

„Diese Denkrichtung geht den meisten ab“, resümiert der Wiesbadener Personalberater Antony Georg Arendt. Gerade IT-Experten mit Berufserfahrung sähen die Bewerbung als notwendiges Übel und nicht als Mittel zum Selbst-Marketing an. Mit dieser Einstellung fällt es schwer, Zeit und eventuell auch Geld zu investieren, um sich gut vorzubereiten. Dabei haben gerade gestandene IT-ler Hilfe nötig, denn nach einigen Jahren im Beruf schütteln die wenigsten den perfekten Lebenslauf aus dem Ärmel. Für viele ist der Bewerbungsprozess völliges Neuland, wurden doch in den letzten Jahren viele Stellen unter der Hand vergeben.

„Die meisten zahlen den Golf- oder Tennistrainer, ohne mit der Wimper zu zucken, aber wenn es um die eigene Karriere geht, wird gespart“, mokiert sich Personalberater Arendt. Dabei sei es genauso wichtig, die berufliche Weiterentwicklung zu pflegen, wie sich fachlich auf dem Laufenden zu halten.

Inzwischen gibt es in Deutschland etliche Karriereberater, die Jobsuchende unterstützen. Einige Personalberatungen bieten diesen Service neben ihrer Vermittlungstätigkeit an, andere haben sich darauf spezialisiert. Oft beginnt die Beratung mit einer Art Potenzialanalyse, in der die Stärken, Schwächen und Karriereziele herausgearbeitet werden.

Normalerweise rechnen die Berater nach Zeitaufwand ab, wobei die Stunde in der Regel zwischen 140 und 180 Euro zu Buche schlägt. Als Orientierung: Um einen schriftlichen Lebenslauf zu optimieren, veranschlagt beispielsweise Dirk Kempa, Consultant bei der Paola Klinger Personalberatung, zwischen einer halben und einer Stunde.

„Sehr geehrte Damen und Herren“: Dieser Anfang bedeutet üblicherweise das schnelle Ende einer Bewerbung. Denn kaum ein Personalverantwortlicher macht sich angesichts wachsender Bewerberzahlen die Mühe, sich mit Serienbriefen dieser Art auseinanderzusetzen. Das sollte eigentlich bekannt sein, aber die Praxis spricht eine andere Sprache. So erhält Petra Puchta, Personalreferentin bei dem Ismaninger IT-Dienstleister msg systems, sogar Anschreiben, bei denen der Verfasser vergessen hat, den Ansprechpartner der vorherigen Bewerbung zu ersetzen.

Unternehmen warten auf den Richtigen

Einige IT-Spezialisten scheinen die jähe Wende auf dem Arbeitsmarkt überhaupt noch nicht bemerkt zu haben. Sonst wäre es kaum erklärlich, dass sie glauben, ein Versenden des Links auf ihre Homepage reiche aus, um eine Jobofferte zu erhalten. Allerdings sei diese lässige Vorgehensweise eher selten geworden, erzählt Puchta. Das ist auch gut so, denn im Gegensatz zu früheren Jahren bemühen sich immer mehr Bewerber auf immer weniger Stellen. Und das betrifft auch die noch vor ein bis zwei Jahren sehr begehrten Spezialisten mit einigen Jahren Berufserfahrung.

Diese Erfahrung spiegelt sich auch auf dem Schreibtisch beziehungsweise in der Mailbox von Personalreferentin Puchta wider. Ihr Unternehmen gehört momentan zu den wenigen, die überhaupt noch ihren Personalstand vergrößern wollen. Auf die Stellenofferten erhielt sie dieses Jahr mehr als dreimal so viele Bewerbungen wie im Jahr zuvor. Ungefähr ein Drittel davon legt sie gleich auf die Seite, weil die Kandidaten nicht die gewünschten Qualifikationen mitbringen.

Was aber bringt den Personaler dazu, sich einer Bewerbung näher zu widmen? Puchtas Idealvorstellung eines guten Anschreibens hängt eng mit dem knappen Zeitbudget zusammen, die ein so hoher Response mit sich bringt: „Schön sind Anschreiben, in denen ich auf einen Blick erkennen kann, welche Qualifikationen ein Kandidat mitbringt, welche Positionen er bisher innehatte und auf welche Position er sich bewirbt.“

Eigentlich ein Selbstverständnis, ebenso wie orthografische Sorgfalt. Aber auch hier sieht die Realität anders aus, wobei Puchta, was Rechtschreibfehler angeht, noch relativ großzügig ist. „Es ist zwar nicht besonders vorteilhaft, aber wenn der Kandidat entsprechend gutes Praxiswissen mitbringt, drücke ich ein Auge zu, denn IT-Experten werden ja nicht als Spezialist für Orthografie eingestellt.“ Weit verbreitet ist auch das Phänomen, im Anschreiben den Lebenslauf nochmals zu wiederholen, was spätestens auf der zweiten Seite jeden Personaler gähnen lässt.

Was den Lebenslauf angeht, hat sich mittlerweile auch hierzulande die amerikanische Vorgehensweise durchgesetzt, also mit der letzten Position anzufangen und umgekehrt chronologisch fortzufahren. „Den Personalleiter interessiert nicht, was der Kandidat vor zehn Jahren programmiert hat. Die letzten Jahre sind die interessanten, die auch am ausführlichsten beschrieben werden sollten“, spricht Kempa aus seiner Erfahrung als Personalleiter und Bewerbungsberater.

Gerade in Zeiten knapper Ressourcen achten die Unternehmen darauf, genau den für sie richtigen IT-Spezialisten einzustellen, um den Aufwand in der Einarbeitungszeit möglichst gering zu halten. Deshalb sollten die Bewerber ihre letzten Projekte detailliert beschreiben, also Umfang, Techniken, Budget, Zeit und die eigenen Aufgaben, empfiehlt Personalexperte Thomas Küpper, Gründer der Firma Twinfin in Meckenheim, die sich auf Personalsuche und -auswahl, Personalentwicklung und Business Development spezialisiert hat.

Die Bewerber sollten allerdings darauf achten, sich bei der ausführlichen Beschreibung auf die letzten drei Jahre zu beschränken, „denn wenn einer mit 15 Jahren Berufserfahrung zu jeder Position eine Seite schreibt, schläft der Personalverantwortliche ein“, erklärt Consultant Kempa, der auch Bewerbungstraining anbietet.

Der Lebenslauf sollte idealerweise zwei bis drei Seiten umfassen und ein Konzentrat des Berufslebens sein. In der Praxis hat sich neben dem klassischen Lebenslauf, der dann nur die wichtigsten Stationen beschreibt, das Know-how-Profil durchgesetzt. Hier fasst der Bewerber seine Kenntnisse prägnant zusammen, beschreibt die wichtigsten Projekte, Tätigkeitsfelder und Qualifikationen. „So kann ich auf einen Blick sehen, ob einer beispielsweise seine Schwerpunkte bei Datenbanken oder im Bereich IT-Architektur hat“, erklärt Personalreferentin Puchta, die inzwischen drei Viertel der Bewerbungen auf elektronischem Weg erhält.

Auch hier hat sie einen Tipp: Um der Personalabteilung die Arbeit nicht unnötig zu erschweren, sollten die Anlagen in einem der populären Formate, also beispielsweise als .doc, .tif, .gif, .pdf oder .jpeg verschickt werden. Gut macht es sich, wenn der IT-Profi zeigen kann, dass er sich fachlich auf dem Laufenden hält, also Weiterbildungen besucht hat oder durch die Projektarbeit Learning-on-the-Job betreibt.

Vorteilhaft ist es auch, wenn der Kandidat auch außerhalb des Büros aktiv wird, also beispielsweise auf Messen oder Kongressen Vorträge hält. Zudem sind diese Veranstaltungen eine gute Gelegenheit, um mit Kollegen aus anderen Unternehmen ins Gespräch zu kommen, auf diese Weise Neuigkeiten zu erfahren und vielleicht sogar einen Tipp für eine vakante Position zu bekommen. Dass jemand auf diese Weise direkt einen Job angeboten erhält, ist eher die Ausnahme, berichtet Küpper. Allerdings können die IT-Profis durch gute Präsentationen das Interesse an ihrer Person wecken.