Handelssystem Eurex nur noch für Solaris und Windows NT

IT-Pläne der Deutschen Börse verärgern Banken

24.03.2000
MÜNCHEN (ba) - Mit der Entscheidung, künftige Versionen ihrer "Eurex"-Software für den Wertpapierhandel nicht mehr für Compaqs Alpha-Plattform und das IBM-Unix AIX anzubieten, hat die Deutsche Börse AG für Unmut bei den Banken gesorgt. Sie müssen wohl oder übel auf Suns Unix-Derivat Solaris oder Microsofts Windows NT umsteigen.

Eurex, ein Softwareprodukt der Deutschen Börse AG, bildet die Plattform für den Handel mit Wertpapieren zwischen den Banken und der Börse. Bislang konnten die Anwender mit Compaq/AXP, IBM/AIX, Sun Solaris und Windows NT auf eine breite Basis an unterstützten Plattformen bauen. Das soll jedoch mit der Version 5.0, die 2001 herauskommen wird, anders werden. Dann wird Eurex nur noch auf Solaris und Windows NT unterstützt, heißt es in einer offiziellen Mitteilung der Börse an die Banken.

Die Weiterentwicklung des Frontend-Systems "Member Integrated System Server" (Miss) wird ab sofort eingestellt. Anwender, die angesichts der für Ende Juni angekündigten Version 4.0 auf Compaq- oder IBM-Systeme gesetzt haben, finden sich damit in einer Sackgasse wieder. Ihnen bleibt vorerst nichts anderes übrig, als mit der aktuellen Version 3.0 weiterzuarbeiten. Das funktioniert allerdings nicht mehr lange, da die Börse die Banken zwingt, so schnell wie möglich auf die jeweils neueste Eurex-Version umzusteigen.

Anwender und Systemhäuser reagierten verärgert auf die neue Strategie der Börse. Andreas Trunk, Chef des Systemberaters Bit & Byte GmbH, musste einen Auftrag der Stadtsparkasse München für Compaq-Maschinen stornieren und das Ruder auf Solaris-Kurs herumreißen.

Einen Sinn hinter den Maßnahmen kann Trunk nicht erkennen. Rechner von IBM und Compaq hätten einen breiten Rückhalt bei den Banken.

Die Börse begründet ihren Schritt damit, dass es kosteneffektiver sei, in Zukunft nur noch zwei Plattformen zu unterstützen. Die Antwort auf die Frage, warum gerade den IBM- und Compaq-Systemen der Boden weggezogen werde, bleibt die Börse schuldig. Banken, die in einem Migrationsprozess auf solche Systeme steckten, würden "kontaktiert", so dass man "die Auswirkungen der Entscheidung auf die Pläne der Banken diskutieren könne", heißt es in der offiziellen Mitteilung lapidar. Die Börse "entschuldige sich für die Unannehmlichkeiten", die der Beschluss zugunsten von Solaris und Windows NT nach sich ziehe, glaube aber, dies sei "langfristig die richtige Entscheidung".

Hilfe vermag die Börse nicht anzubieten. Die Ansprechpartnerin, die Trunk mündlich eine Entschädigung zugesichert hatte, war zwei Tage später nicht mehr zu erreichen. Was hinter den Kulissen der Deutschen Börse AG ablaufe, wisse keiner, resümiert der verunsicherte DV-Berater (mehr dazu in der nächsten Ausgabe).