"Agentur für Arbeit ruiniert uns!"

IT-Kursanbieter im Clinch mit der Arbeitsagentur

01.07.2011
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Wegen seines Open-Source-Engagements sieht sich der Schulungsanbieter Intercom Akademie (ICA) von der Agentur für Arbeit in München benachteiligt und erhebt gegen die Behörde massive Vorwürfe.
ICA-Gründer Wolfgang Franz
ICA-Gründer Wolfgang Franz
Foto: Wolfgang Franz, Intercom Akademie (ICA)

Jahrelang lief das Geschäft des IT-Schulungsanbieters ICA reibungslos, die Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen funktionierte vorbildlich. Inhaber Wolfgang Franz initiierte in den 90er Jahren mit dem damaligen Münchner Arbeitsamt sogar einen "Qualitätszirkel Multimedia". Auch heute liegt ihm das Thema Qualität am Herzen. In den 70 Quadratmeter großen Schulungsräumen arbeiten die Teilnehmer mit modernstem IT-Equipment.

Doch seit einigen Jahren hat diese gute Zusammenarbeit Risse bekommen. Franz hat schon einen ganzen Ordner an Unterlagen gesammelt, die seine Auseinandersetzung mit der Münchner Agentur für Arbeit dokumentieren. Mittlerweile hat er sich an verschiedene politische Würdenträger bis hin zum Bundespräsidenten gewandt und auch an das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt.

"Agentur für Arbeit ruiniert uns"

Der Vorwurf des Trainingsanbieters lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen: "Weil wir für offene Standards und Open Source sind, will uns die Arbeitsagentur München in den Ruin treiben", so Franz. Genau wie seine direkten Konkurrenten bildet er unter anderem Web-Master, Web-Entwickler und Web-Manager aus, aber im Unterschied zu den anderen auf Basis quelloffener Software. Gerade kleine und mittelständische Firmen hätten ein Interesse daran, seine ausgebildeten Mitarbeiter einzustellen, da sich der Mittelstand nicht die teuren Lizenzgebühren der großen Softwarehäuser leisten könne.

Noch zwei weitere Argumente führt der Bildungsunternehmer ins Feld. Zum einen kann er auf exzellente Vermittlungsquoten seiner Teilnehmer verweisen. Zum anderen laufen seine Kurse nur deshalb, weil die Agenturen anderer Städte ihm Teilnehmer schicken. "Es kann doch nicht sein, dass Agenturen anderer Ortschaften von der Richtigkeit meines Konzeptes überzeugt sind und Schüler aus Dresden und aus dem Schwarzwald nach München zum Lernen schicken und die hiesige Agentur keine."

ICA-Gründer Wolfgang Franz

Der Manager ist ein alter Hase im IT-Trainingsgeschäft. Er hat viele, auch ganz Große wie die Marktführer Siemens Schule für Datentechnik oder das Control Data Institut (CDI), überlebt. Er selbst gründete 1987 das Softwarehaus Real Vision. In den 90er Jahren gehörte er zu den Pionieren des Multimedia-Trainings, seit 1998 bietet er mit seiner Intercom Akademie (ICA) Internet- und Open-Source-Schulungen an, die schwerpunktmäßig von der Agentur für Arbeit gefördert werden.

Genau genommen verteilt die Arbeitsagentur Bildungsgutscheine, und der Teilnehmer darf sich den Schulungsanbieter aussuchen. Dem Bildungswilligen soll die Entscheidung überlassen werden, bei welchem Anbieter er seinen Kurs absolvieren möchte. An diesem Punkt erhebt Franz schwere Vorwürfe gegen einige Mitarbeiter der Arbeitsagentur, die - obwohl sie neutral sein sollten - seine Wettbewerber empföhlen. Er hat deshalb einige Dienstaufsichtsbeschwerden abgeschickt und Aussagen von Teilnehmern gesammelt, die ihm bestätigen sollen, dass Agenturmitarbeiter nicht neutral beraten.

Dass die Münchner Arbeitsagentur ihn "aushungern" wolle, sucht Franz mit einem weiteren Indiz zu belegen: Teilnehmern würden seine Kurse nicht genehmigt, wenn sie länger als vier Monate dauern. So laute die Vorgabe. Franz hat in seinem Ordner aber kopierte, auch der COMPUTERWOCHE vorliegende Unterlagen über vergleichbare Kurse seiner Wettbewerber, die über acht Monate gehen und genehmigt wurden.

Zu den Vorwürfen wollte die Münchner Arbeitsagentur nicht Stellung nehmen. Da Franz mittlerweile auch Rechtsanwälte eingeschaltet hat, wolle man sich nicht zu einem schwebenden Verfahren äußern.

Agentur verweist auf Erfolge

Die Agentur verweist darauf, dass sie im vergangenen Jahr 1618 Teilnehmer in IT-Umschulungskursen unterbringen konnte. Insgesamt wurden etwa 5700 Bildungsgutscheine ausgestellt, heuer sollen es um die 5000 werden. Sprecherin Silke Schuppler betont, dass die Interessenten durchaus die Möglichkeit hätten, sich über die "Kursnet"-Datenbank über Kursangebote zu informieren: "Förderwillige werden eingehend über denkbare Maßnahmen beraten - ohne Nennung von Trägern." Die durchschnittliche Dauer aller Bildungsmaßnahmen liege bei 3,6 Monaten, das Spektrum reiche sehr wohl von zwei bis zu 24 Monaten.