IT-Kosten lassen sich fair verrechnen

02.02.2007
Statt pauschaler Umlagen können Unternehmen ihre IT-Ausgaben den Verursachern zuweisen. Patentrezepte gibt es aber nicht.
Kosten der Arbeitsplatzsysteme steigen seit 2003 an. IT-Verrechnungssysteme können zwar die Ursachen dafür nicht beheben, zumindest aber helfen, die finanziellen Aufwände der DV verursachergerecht zuzuordnen.
Kosten der Arbeitsplatzsysteme steigen seit 2003 an. IT-Verrechnungssysteme können zwar die Ursachen dafür nicht beheben, zumindest aber helfen, die finanziellen Aufwände der DV verursachergerecht zuzuordnen.

Was macht ihr eigentlich den ganzen Tag?" Viele Mitarbeiter der IT-Abteilungen in Unternehmen kennen diese Frage, denn oft genug fehlt ihrem Aufgabenfeld dort eine klare Definition und Transparenz. Die mangelnde Akzeptanz der DV entsteht unter anderem, weil die meisten Geschäftsbereiche oder Abteilungen eines Unternehmens heute als Profit-Center agieren oder zumindest sichtbar zum Erfolg des Unternehmens beitragen (zum Beispiel Vertrieb, Entwicklung und Produktion), die IT dagegen Kosten verursacht, die auf alle Abteilungen gleichmäßig umgelegt werden und diese entsprechend belasten.

Hier lesen Sie ...

• warum eine pauschale Umlage der IT-Kosten selten fair ist;

• wie sich IT-Leistungen ermitteln und verrechnen lassen;

• nach welchen Kriterien Kosten von Speichersystemen, Applikations-Servern, ERP- und Datenbanksystemen sowie Internet und E-Mail ermittelt werden;

• dass es zwar gängige Lösungen für die IT-Leistungsverrechnung gibt, die Verrechnungskonzepte jedoch in jedem Unternehmen anders aussehen.

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Wenn Firmen Unternehmensbereiche vom Cost- zum Profit-Center umfunktionieren, bleibt die IT-Abteilung zumeist ausgeklammert. Sie zählt nicht zum Kerngeschäft, sondern zur Infrastruktur. Doch warum sollte der Wandel vom Cost- zum Profit-Center nicht auch auf IT-Abteilungen großer und mittelständischer Unternehmen übertragbar sein?

Kostenverteilung

Bisher ist es üblich, die Kosten der IT-Abteilung auf jeden Mitarbeiter des Unternehmens umzulegen. Damit werden alle Mitarbeiter unabhängig davon, ob sie die Dienstleistung nutzen oder nicht, zur Kostendeckung herangezogen. Eine IT-Verrechnung dagegen verteilt die Kosten so, dass Mitarbeiter nur für die Leistung zahlen, die sie auch in Anspruch nehmen. Durch diese gerechte Verteilung werden die Benutzer für eine verantwortungsvolle Nutzung der IT-Ressourcen sensibilisiert. Möglicherweise steigt so zugleich die Akzeptanz der IT-Abteilung bei allen Mitarbeitern.

Unabhängig von der Wahl des Verrechnungskonzepts müssen weitere Vorbereitungen getroffen werden. Dazu zählt, die Services zu definieren sowie Speicherklassen und Preise zu ermitteln. Entscheidend ist dabei, welche Leistungen (beispielsweise Netzwerk, Speicher, Verfügbarkeit und Management) in welchem Betrag enthalten sind. Eine Verrechnungseinheit kann ein Gigabyte, eine Festplatte oder ein Benutzer sein. Das Verrechnungskonzept muss an die individuellen Bedürfnisse des Verursachers angepasst sein, denn für die verursachergerechte Weiterverrechnung gibt es kein generell richtiges Vorgehen.

Stichtag oder Durchschnitt?

Bei der Stichtagsverrechnung werden die Informationen an einem Stichtag ermittelt, bei der Durchschnittsverrechung da- gegen entscheidet, in welchen Intervallen die Daten erhoben werden, um daraus den Mittelwert zu berechnen. Welchen Ansatz eine Firma letztlich wählt, hängt von ihren inter- nen Strukturen ab. In einigen Fällen ist auch der umgekehrte Weg sinnvoll, nämlich die internen Prozesse an ein optimales Verrechnungskonzept anzupassen.

Die Entscheidung für ein Verrechnungskonzept ist das eine. Doch muss auch klar sein, welche IT-Leistungen ermittelt, qualifiziert und bepreist werden sollen. Hier einige Beispiele:

• Speicher: Ein Großteil der Kosten entfällt auf den Festplattenspeicher. Die Verrechnung kann hier erfolgen nach Verzeichnissen, freigegebenen Verzeichnissen (Shares), exportierten Verzeichnissen unter Unix oder nach Zahl der Festplatten und Server. Meist entscheiden sich die Unternehmen für eine Kombination verschiedener Grundlagen.

• Applikations-Server: Solche Systeme werden nach komplet- ten Servern oder nach abteilungsanteiligen Speichervolu- mina zuzüglich einer Pauschale für die Server-Hardware verrechnet.

• Datenbanken und ERP-Systeme: Für deren Verrechung existie- ren ebenfalls unterschiedliche Ansätze. Die einfachste Art ist die der Leistungen pro Benutzer, bei der jeder einzelne mit ein- em Pauschalbetrag abgerech- net wird. Die ERP- und Datenbank-Dienstleistungen nach Zahl der Transaktionen zu verrechnen ist dagegen weitaus genauer. Dementsprechend zahlt ein Anwender mehr, der viel mit dem ERP-System arbeitet oder eine Datenbankanwendung häufig nutzt. Abteilungen, die diese Dienste nicht oder nur sporadisch beanspruchen, müssen weniger entrichten. Leider gibt es hier ebenfalls keinen Standard. Vielmehr basieren die Kostenschlüssel auf der Kalkulation des jeweiligen Unternehmens. Das setzt voraus, dass jemand die Leistungen definiert, die ein Schlüssel beinhaltet. Patentrezepte gibt es auch hier nicht.

• Internet und E-Mail: Ein Augenmerk auf die durch Web- und Mail-Verkehr verursachten Kosten ist nicht nur notwendig, um sie den Anwendern in Rechnung zu stellen, sondern bewirkt auch, dass Benutzer schonend mit diesen IT-Ressourcen um- gehen. Verrechnet werden sollte nach Postfachvolumen und genutztem Datenvolumen beim Surfen im Internet. Eine weni- ger genaue Methode ist, Benutzer pauschal damit zu belasten, indem jede Abteilung für Internet und E-Mail den gleichen Betrag zahlt. In der Praxis durchgesetzt hat sich letztlich eine Mischform aus beiden Verfahren: Es wird ein Grundbetrag pro Monat und Anwender erhoben, zuzüglich einer Gebühr für das tatsächlich genutzte Internet- und E-Mail-Volumen. Im Ergebnis bedeutet dies eine faire und verursachergerechte Verteilung der Internet- und E-Mail-Kosten.

Für alle genannten Kostenbereiche gibt es bereits Lösungen und Applikationen, mit denen Firmen Daten sammeln beziehungsweise Volumina ermitteln können.

Die Daten- und Verrechnungszahlenermittlung ist dabei die kleinere Herausforderung. Firmen sollten eine von Hardware- und Softwareherstellern unabhängige Lösung zur IT-Weiterverrechnung wählen, die auch nach einem Wechsel auf andere Rechner oder Applikationen verwendet werden kann.

Transparente Abrechnung

Ein Verrechnungssystem sorgt allerdings nicht notwendigerweise auch für transparente Abrechnungsprozesse. Um dem Unwillen der IT-Nutzer vorzubeugen, sollte die Verrechnungssoftware beispielsweise Datenvolumina übersichtlich aufschlüsseln und damit für die Kostenstellenverantwortlichen nachvollziehbar darstellen. Mittlerweile existieren Applikationen, die die gewonnenen Informationen den Abteilungsleitern transparent über eine Web-Schnittstelle darstellen und gleichzeitig rasch Volumina ermitteln können.

IT-Belastungen beim Messen

Einerseits müssen Applikationen, die Verrechnungsdaten erfassen, leistungsfähig sein, andererseits dürfen sie die auszu- wertenden IT-Systeme nicht belasten, denn die Datenermittlung findet in produktiven Umgebungen und während der normalen Arbeitszeit statt. Die ermittelten Informationen sollten in beliebigen Formaten verfügbar sein. Es empfiehlt sich, die gewonnenen Daten in einer Datenbank abzulegen, so dass eine Historisierung sowie Wachstumsprognosen möglich sind. Die ausgewählte Anwendung sollte mit den gewünschten Verrechnungssystemen und ERP-Systemen reibungslos zusammenarbeiten können. Das Verrechnungssystem sollte die Abrechnung ebenfalls im gewünschten Format darstellen und eine Kostenstellenverwaltung integrieren.

Auch für die Einführung einer Verrechnungslösung gibt es keinen allgemeingültigen Weg, denn nicht alle Endanwender wollen weiterverrechnet werden. Im Gegenteil: Die Erfahrung zeigt, dass die Weiterverrechnung nur von Abteilungen akzeptiert wird, die sich dadurch konkrete Einsparungen versprechen, alle anderen Unternehmensteile verhalten sich eher zurückhaltend oder ablehnend. Erst wenn auch sie erkennen, dass sie durch die Weiterverrechnung sparen können, geben sie ihre Zurückhaltung auf.

An der Einführung der Weiterverrechungslösung sollten möglichst wenige Mitarbeiter beteiligt sein, daher ist es kaum sinnvoll, Workshops oder Schulungen zu veranstalten. Besser ist es, die IT-Mitarbeiter zu schulen, damit sie auf Rückfragen der Anwender fachkundig reagieren können. (fn)