IT-Koordinatoren verbinden Welten

28.07.2005
Von Hiltrud Osterried
Sie kennen sich im ganzen Unternehmen aus, bringen Leute zusammen, organisieren und vermitteln: IT-Koordinatoren benötigen für ihre Aufgaben neben fundiertem Fachwissen viel Kommunikationsgeschick.
Im Juni suchten vor allem IT-Beratungs- und Softwarehäuser IT-Koordinatoren. Der Bedarf ist an Rhein und Ruhr am größten.
Im Juni suchten vor allem IT-Beratungs- und Softwarehäuser IT-Koordinatoren. Der Bedarf ist an Rhein und Ruhr am größten.

Key User, IT-Koordinator, IT-Beauftragter, Fachkoordinator oder Business-Analyst: Das Berufsbild hat viele Namen, die aber nicht unbedingt selbsterklärend sind. "Wenn ich erzähle, dass ich als IT-Koordinatorin arbeite, weiß kaum einer, was damit gemeint ist", erklärt die IT-Koordinatorin eines mittelständischen Maschinenherstellers. "Ich beschreibe meine Tätigkeit immer als Dolmetscherfunktion zwischen Fach- und der zugehörigen IT-Abteilung. Als IT-Koordinator sorge ich dafür, dass die Anwender die richtigen IT-Werkzeuge bekommen."

Hier lesen Sie …

• wie IT-Koordinatoren daran arbeiten, dass Anwender und IT-Abteilung nicht immer aneinander vorbeireden;

• gegen welche Widerstände sie zu kämpfen haben;

• welche beruflichen Erfahrungen sie mitbringen sollten;

• weshalb IT-Koordinatoren immer gefragter sind.

Fazit

• IT-Koordinatoren brauchen eine Doppelqualifikation: Sie sollten in der IT zu Hause sein und zusätzliches Know-how der entsprechenden Fachabteilung mitbringen.

• Als Moderator sollten sie über viel Verhandlungsgeschick verfügen.

• Gerade in Zeiten kleiner Budgets werden IT-Koordinatoren gebraucht. Sie stellen sicher, dass die knappen Ressourcen an der richtigen Stelle eingesetzt werden.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/go/

*76340: Berufsperspektive Six Sigma;

*76828: IT-Arbeitsmarkt 2005;

*75452: Itil-Service-Manager als Prozessprofi.

Für den Beruf des IT-Koordinators gibt es keine gängige Definition. Ein Blick in Stellenausschreibungen zeigt die Bandbreite der geforderten Arbeitsgebiete und Anforderungsprofile. Die Infoscore Management- und Beteiligungs GmbH aus Baden-Baden definiert den IT-Koordinator als zentrale Schnittstelle zwischen Fachbereich und IT. Er soll in enger Zusammenarbeit mit der Anwendungsentwicklung komplexe Abläufe für die Fachbereiche gestalten und diese in IT-Lösungen umsetzen. Wie umfangreich die Tätigkeitsfelder sind, zeigt das Beispiel der KfW-Bankgruppe. Hier soll der IT-Koordinator die fachlichen Anforderungen an neue und weiter auszubauende DV-Anwendungen analysieren, Datenmodelle entwickeln sowie bei Konzeption und Ausführung von Tests mitwirken.

"Der Kandidat muss unbedingt bankspezifisches Wissen mitbringen, um Anwenderbedürfnisse analysieren zu können. Zudem sind IT-Kenntnisse erforderlich, damit er die Anforderungen in ein IT-Fachkonzept umsetzen kann. Man wird sehr schnell IT-Spezialist, IT-Koordinatoren hingegen sind breiter aufgestellt", beschreibt Rudolf Jellinek, Personalbetreuer bei der KfW-Bankengruppe, seine Erwartungen. In Frage kommen vor allem Wirtschaftsinformatiker- oder -ingenieure mit Banken-Know-how oder Diplomkaufleute mit IT-Wissen. "Keine Chance haben in diesem Fall reine IT-Spezialisten oder Hochschulabsolventen ohne Berufserfahrung."

Zur Doppelqualifikation in einem Fachgebiet und der IT sollte der künftige IT-Koordinator Organisationsgeschick und ausgeprägte soziale Fähigkeiten mitbringen: "Für diese Aufgabe brauchen wir Mitarbeiter, die zuhören und vermitteln können, die also sehr kommunikativ sind", präzisiert Jellinek das Anforderungsprofil. Organisatorisch können die IT-Koordinatoren entweder in der IT-Abteilung oder in den Fachbereichen angesiedelt sein, ohne dass sich dies auf ihre Schnittstellenfunktion auswirkt. Im Fall der KfW-Bankengruppe wird der gesuchte IT-Koordinator dem Rechnungswesen zugeordnet und bildet so die Brücke zwischen Bankwesen und IT-Abteilung.

Kaum Ausbildungsangebote

Eine spezielle Ausbildung zum IT-Koordinator bringt kaum einer mit, zumal sich in den letzten Jahren das Berufsbild gewandelt hat. "Viele kamen ursprünglich aus dem Support, haben einen guten Draht zur Fachabteilung entwickelt und die Schnittstellenfunktion neben ihrer eigentlichen Arbeit ausgeübt", erzählt Georg Herzwurm, Professor am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik an der Universität Stuttgart. Supportmitarbeiter dokumentieren bei den Einzelvorhaben die Anforderungen und sind an der Erstellung von Pflichtenheften beteiligt. Inzwischen sind einige IT-Koordinatoren darüber hinaus auch für Anforderungsänderungen, Change-Management und Priorisierung verantwortlich und beschäftigen sich zunehmend mit Prozessorganisation. Zukünftig kann sich Herzwurm vorstellen, dass Fachabteilung und IT in eine echte Kunden-Lieferanten-Beziehung treten und entsprechend verhandeln, so dass die Koordinatoren auch als Moderatoren gefragt wären. Langfristig sollten sie systematisch analysieren, in welche Richtung sich die Anwenderbedürfnisse entwickeln werden, um sich mit der IT-Abteilung oder mit externen Partnern darauf vorzubereiten.

Diese Themen sind aber in den meisten Unternehmen Zukunftsmusik. Momentan haben IT-Koordinatoren mehr damit zu kämpfen, dass es für ihre Arbeit keine Stellenbeschreibung gibt, ihr Aufgabenbereich nicht klar abgegrenzt ist und die Grenzen sowohl zu den IT-Kollegen als auch zur Fachabteilung fließend sind. Im Arbeitsalltag verfügen sie oft über wenig Entscheidungsbefugnis, und ihre Rolle zeichnet sich dadurch aus, dass sie alle Parteien zusammenführen, um gemeinsam zu einer Entscheidung zu kommen.

Wie erfährt der IT-Koordinator aber, was die Mitarbeiter der Fachabteilung brauchen? "Es ist erschreckend, wie wenig die IT-Abteilung über die Anwenderzufriedenheit weiß", berichtet Professor Herzwurm. Wenn überhaupt Abfragen erfolgten, seien diese oft äußerst dilettantisch. Da die Anforderungen sehr unterschiedlich seien, komme man mit Standardfragebögen nicht weiter. Er empfiehlt, kritische Ereignisse abzufragen, also über IT-Ärgernisse oder erfreuliche Erfahrungen berichten zu lassen. Aus den Antworten werden Cluster gebildet, aus denen sich abfragbare Bewertungsmerkmale entwickeln lassen. Um anwenderindividuelle Anforderungen zu berücksichtigen, werden die Bewertungsmerkmale priorisiert. Befragt man die Anwender regelmäßig, lässt sich auf diese Weise ein Zufriedenheitsindex schaffen, der die jeweiligen Trends anzeigt. Die Bewertungskriterien können je nach Projekt unterschiedlich ausfallen. Regelmäßig sollten die Anwender über die Ergebnisse und die Konsequenzen der Umfragen informiert werden. "Wenn die Beteiligten das Gefühl haben, dass immer alles im Sande verläuft, machen sie nicht mehr mit", berichtet Herzwurm.

Diplomatisches Geschick gefragt

In den Seminaren für IT-Koordinatoren, die der Stuttgarter Professor veranstaltet, stehen neben den Methoden zum Anforderungs-Management vor allem Kommunikations- und Moderationstechniken ganz oben auf der Liste. In der Praxis sind die IT-Koordinatoren oft auf das Prinzip "Learning-by-Doing" angewiesen, da einschlägige Fortbildungen noch seltener gefördert werden als technikorientierte Kurse. In der Praxis habe sich gezeigt, dass viele bei der Abstimmung zwischen IT- und Fachabteilung relativ unsystematisch und nach dem Bauchgefühl vorgehen. "Sie machen den Fehler, bereits zu formalisieren und zu spezifizieren, bevor überhaupt klar ist, wo die fachlichen Anforderungen liegen. Oft werden viel zu früh technische Diskussionen geführt. Hier findet zu wenig oder zu unsystematische Kommunikation statt", berichtet Herzwurm. Die Konsequenz: Die IT setzt zwar die Vorgaben richtig um, sie entsprechen aber nicht unbedingt den Bedürfnissen der Anwender.

Trotz der noch vorhandenen Defizite beobachtet Herzwurm eine Professionalisierung der Zusammenarbeit zwischen Fachabteilung und IT. Allerdings führe diese Entwicklung auch zu bürokratischen Vorgehensweisen. Während sich früher der Anwender mit seinen Wünschen teilweise direkt an den Entwickler gewandt hat, braucht er nun vor allem in größeren Unternehmen erst einen genehmigten Antrag. Hier gelte es, einen pragmatischen Mittelweg zu finden.

Die Berufschancen für IT-Koordinatoren sind nicht schlecht. Die meisten Organisatoren und Koordinatoren werden in Nord- rhein-Westfalen gesucht, wie die aktuellen Halbjahreszahlen des Personaldienstleisters Adecco aus Hamburg zeigen. Dieser wertet die Jobofferten aus 40 Zeitungen inklusive der computerwoche aus. So entfallen auf die Region an Rhein und Ruhr 27 offene Stellen. An zweiter Stelle liegt Baden-Württemberg mit 26 Offerten gefolgt von Hessen und Niedersachsen. Überraschend wenig Angebote kommen aus der High-Tech-Region Bayern. Während das südlichste Bundesland - bezogen auf alle IT-Jobs - die Nummer eins ist, belegt es bei den Koordinatoren nur Rang fünf. Aus dem gesamten ostdeutschen Raum kommen 31 Jobangebote.

Zunehmend bekommen auch die IT-Koordinatoren den Effizienzzwang zu spüren: Da aus Kostengründen nicht alle Wünsche der Anwender erfüllt werden können, steht die Priorisierung der Anforderungen im Mittelpunkt. KfW-Personalbetreuer Jellinek sieht deshalb den Bedarf an IT-Koordinatoren wachsen: "Gerade in Zeiten knapper Budgets wird diese Schnittstelle immer wichtiger. Sie stellt sicher, dass die eingeschränkten IT-Ressourcen an der richtigen Stelle eingesetzt werden." (iw)