IT-Konzerne drängen in die Wohnzimmer

27.08.2003
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Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Apple brach das Eis, Gateway kopierte das Konzept, und langsam entdecken auch Dell und Hewlett-Packard (HP ) die Privatkunden. Sie alle hoffen auf signifikantes Wachstum jenseits von Rechenzentren und Büros. Doch der Kampf um die gute Stube ist schwierig.

Das deutsche Wohnzimmer wird in der Regel durch ein Möbel dominiert, dessen Ausstrahlung die Bürger nur schwer widerstehen können: den Fernseher. Interaktiv läuft hier nichts, lediglich die Programmwahl steht dem Konsumenten per Fernbedienung frei. Doch das wird sich künftig ändern, denn IT-Konzerne haben das Wohnzimmer für sich entdeckt: Statt des Fernsehers soll, so die Hoffnung, der PC ins Zentrum der Unterhaltung rücken - als Plattform für Filme, Fotos, Musik oder Ausflüge ins Internet.

Wer diesen Wandel, falls er sich denn einstellt, am besten verkraftet, steht indes noch nicht fest. Dies gilt ebenso für die Anbieter wie für ihre potenziellen Kunden. Letztere sollen aus ihrer Lethargie gerissen und inter-aktiviert werden, weil dadurch in der Regel neben den Ausgaben für die neue Plattform zusätzlicher Umsatz abfällt - Home-Shopping lässt grüßen. Die Konzerne hingegen wissen selbst noch nicht recht, wie sich die Veränderungen auf ihre Bestandskunden und das traditionelle Markenbild auswirken: Zwischen Teraflops und Teletubbies, Unternehmens- und Privat-IT klafft ein großer Spalt.

Jeder ist eine Zielgruppe

Das jüngste Beispiel für die schleichende Verbreiterung der Kernzielgruppe lieferte Anfang vergangener Woche HP. Auf der eigenen Angaben zufolge größten Produktvorstellung des Unternehmens aller Zeiten konnten mehr als 150 neue Geräte begutachtet werden, die zwar nichts mit Backend-IT, dafür aber viel mit einer möglichen Zukunft zu tun hatten. Wie es sich für den Konzern gehörte, zeichnete die dominante Imaging & Printing-Division für die Show verantwortlich. Folglich wurde das Publikum mit einer Flut neuer Drucker, Scanner und Digitalkameras konfrontiert.

Der Sprung auf eine so genannte Konvergenzplattform, die irgendwo zwischen PC und Fernseher liegen soll, wurde hingegen verweigert - ob absichtlich oder nicht, sei dahingestellt. Eines der wenigen medienübergreifenden und innovativen Konzepte war daher ein DVD-Brenner mit integriertem Videoschacht, der helfen soll, die Heimarchive zukunftsreif zu digitalisieren. Dennoch wissen Firmenchefin Carleton Fiorina und viele Analysten, dass der Erfolg der Bemühungen zum Großteil davon abhängt, wie einfach die Systeme zu bedienen und vor allem zu vernetzen sind.