IT-Industrialisierung macht Komplexität beherrschbar

12.06.2007
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Keine Skaleneffekte durch Outsourcing?

Ein Merkmal der Industrialisierung ist die Arbeitsteiligkeit, die in der IT oft mit Outsourcing gleichgesetzt wird. Kraus ist jedoch skeptisch; die viel beschworenen Skaleneffekte hält er für überbewertet: "Wenn ich als Anwender eine bestimmte Größe habe, bringt das Outsourcing keinen weiteren Gewinn."

An dieser Stelle erhob sich allerdings Widerspruch. Aus Sicht von Walter Brenner, Professor für Wirtschaftsinformatik und Institutsdirektor an der Universität St. Gallen, sind die möglichen Einsparungen noch längst nicht ausgereizt: "Es gibt immer wieder neue Levels of Scales".

Im Zusammenhang mit dem Thema Taylorismus teilte Kraus auch einen Seitenhieb in Richtung Softwarebranche aus: "Die Qualität der zugekauften Software ist derzeit eine Zumutung." Während sich die Zulieferindustrie ständig den Audits der Automobilhersteller unterwerfen müssten, hätten die großen Softwarelieferanten keinerlei Überprüfung zu fürchten: "Dabei ist eine verlässliche Softwarequalität die Voraussetzung für eine Wertschöpfung im Netz."

Globalisierung fordert flexible Architektur

Vor allem die fortschreitende Globalisierung fordert geradezu eine Industrialisierung der IT-Services, betonten die beiden Dialogpartner. Wie stelle ich die Lieferfähigkeit an weit entfernten Orten sicher? Welcher Integrationsgrad ist erforderlich beziehungsweise erwünscht? Woher kommen die Kompetenzen? Welche kritische Masse ist nötig, um Services zu bündeln?

Diese Fragen müsse die IT angesichts der weltweiten Präsenz der Unternehmen stellen. Die richtige Antwort darauf sei, darin waren sich Kraus und Otto einig, in vielen Fällen eine Flexibilisierung des Architektur-Managements oder anders ausgedrückt: eine SOA.

Die IT braucht mehr Eigeninitiative

Zur Industrialisierung gehört für Otto und Kraus aber auch eine im wahrsten Sinne des Wortes Service-orientierte IT-Organisation. Unter diesen Vorzeichen sei ein IT-Controlling absolut unerlässlich.

An der internen Kundenschnittstelle bleibe "noch einiges zu tun", räumte der CIO ein. Nicht jedem IT-Mitarbeiter sei von vorn herein klar, woher er eigentlich seine Aufträge bekomme: "Weiß die Anwendungsentwicklung, dass auch IT-Operations ihr Kunde ist?" lautete die rhetorische Frage, die viele Zuhörer wohl im Stillen mit "nein" beantwortet haben dürften.

Hinsichtlich der Beziehung zwischen IT und Business ging Kraus auch mit seiner eigenen Zunft hart ins Gericht. Sie zeige relativ wenig Eigeninitiative, gab der CIO zu bedenken: "Wir jammern zu viel, dass wir vom Business nicht eingeladen werden. Aber welcher Anbieter wird eigentlich von seinen Kunden angerufen und gefragt: Ich habe da ein tolles Projekt, willst du nicht daran mitarbeiten?" Die IT müsse ständigen Kontakt mit den Business-Kollegen halten, forderte Kraus – nicht nur dann, wenn es im Service oder in den Projekten kritisch werde.