IT in Versicherungen/Kommentar

02.07.1999
Wann kommt das böse Erwachen?

Das Versicherungsgeschäft ist ein proaktives und hochkomplexes, beteuern die Assekuranzen stets. Will heißen: Der Makler muß den Kunden erst verunsichern, um ihm dann Sicherheit zu verkaufen. Doch ehrlich: Wie steht es um die Qualität der vielzitierten Beratung? Häufig haben weder Versicherungsvertreter noch Kunden im Tarifdschungel einen Überblick. Zugleich sind die Produkte jedoch so stark konfektioniert, daß Kundenbedürfnisse unter den Tisch fallen. Beim Leistungsvergleich verschiedener Anbieter ist der Versicherungsnehmer ohnehin auf viel Eigeninitiative angewiesen. Mit dem Durchfechten von Schadensersatzansprüchen beschäftigen sich Verbraucherschützer, Gerichte und Medien.

Nun hat der mündige Kunde eine Alternative. Er kann sich online informieren, Preise und Leistungen vergleichen und auf zügige Bearbeitung pochen. Grundsätzlich dürfen Kunden damit rechnen, daß die Online-Services günstiger und schneller sind. Online-Transaktionen sind billiger als traditionelle Verfahren, die Informationen direkter. Zudem arbeiten die Internet-Ressorts preiswerter als die traditionelle DV: Sie benötigen weniger Mitarbeiter, und die Technik ist billiger. Diese Vorteile können die Online-Anbieter an ihre Klientel weitergeben.

Da wäre es interessant zu erfahren, wie sich die entstehen- de Konkurrenz zwischen herkömmlichem Vertrieb und dem E-Channel auswirkt. Doch wer hier fragt, trifft auf Schweigen. Sollen die Agenturen und Makler nicht verschreckt werden? Wird der Stellenabbau bereits durchgerechnet? Fürchten die Unternehmen, Geschäftsgeheimnisse preiszugeben? Oder wartet die Branche ab, pennt, ist mit sich selbst beschäftigt, betäubt vom Deregulierungsfieber? So sind deutsche Versicherer deutlich im Verzug, was die interaktive Präsenz angeht. Und statt Auskünften findet der Site-Besucher Werbung.