IT GmbHs: Drei bleiben vorerst übrig

21.11.2005
Selbst erfolgreiche IT-Ausgründungen deutscher Konzerne sind vor Veräußerungen nie gefeit.
Kunden wollen vor allem günstige, pünktliche und kompetente IT-Dienstleister. Bei Preis und Termintreue können die hauseigenen Anbieter laut Selbsteinschätzung die Ansprüche ihrer Anwender nicht erfüllen.
Kunden wollen vor allem günstige, pünktliche und kompetente IT-Dienstleister. Bei Preis und Termintreue können die hauseigenen Anbieter laut Selbsteinschätzung die Ansprüche ihrer Anwender nicht erfüllen.
Fast jede zweite IT-Ausgründung muss in den kommenden drei Jahren mit deutlichen organisatorischen Veränderungen rechnen.
Fast jede zweite IT-Ausgründung muss in den kommenden drei Jahren mit deutlichen organisatorischen Veränderungen rechnen.

Mit Siemens Business Services (SBS) und Gedas stehen zwei prominente deutsche IT-Ausgründungen auf dem Prüfstand. Während die SBS-Zukunft noch vage erscheint, weil sich das Siemens-Management weder zum Verkauf noch zum Fortbestand eindeutig äußert, bestehen kaum mehr Zweifel daran, dass die IT-Tochter des VW-Konzerns künftig unter neuem Dach arbeiten wird. "Gedas ist international aufgestellt, hat Niederlassungen an den Standorten der Automobilhersteller", schildert Katharina Grimme, Analystin bei Ovum. "An einer Übernahme dürften sehr viele Service-Provider Interesse haben."

Hier lesen Sie …

• welche IT-Töchter sich noch im Drittmarkt engagieren;

• wie fest sie im Konzern verankert sind;

• warum keine Ausgründung unverkäuflich ist;

• wann Muttergesellschaften eine Veräußerung erwägen.

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Beide Unternehmen haben sich auch jenseits des Mutterkonzerns Renommee erarbeitet. Ihr potenzieller Verkauf folgt indes einem einfachen, seit Jahren zu beobachtenden Muster: "Die IT-Töchter rücken in den Fokus des Interesses beim Konzern-Management, wenn entweder das Kerngeschäft schlecht läuft, oder wenn der Geschäftsbereich selbst Probleme verursacht", erläutert Peter Kreutter von der WHU - Otto Beisheim School of Management, Vallendar. Gedas steht zum Verkauf, weil VW Probleme im Kerngeschäft hat und sich von Randaktivitäten trennen möchte. SBS wird von der Konzernspitze kritisch beäugt, weil die IT-Tochter zur finanziellen Last wurde.

So lichten sich die Reihen der IT GmbHs, es gibt nur noch wenige IT-Töchter deutscher Konzerne, die ernsthaft Geschäft im Drittmarkt anstreben. Neben kleineren Anbietern wie Freudenberg IT (Tochter des gleichnamigen Mischkonzerns) und Mieschke Hofmann und Partner (IT-Beratungstochter, die Porsche mehrheitlich übernommen hat) sind Lufthansa Systems, Softlab und BASF IT Services die letzten größeren verbliebenen Anbieter dieses Genres.

Lufthansa Systems: Wackelkandidat

Gemessen am Außenumsatz hat die Lufthansa-Tochter in den vergangenen Jahren eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Etwa 40 Prozent der Jahreseinnahmen in Höhe von 628 Millionen Euro wurden außerhalb des Konzerns erzielt. Für den Mutterkonzern betreibt der IT-Dienstleister sowohl das Rechenzentrum als auch Kernsysteme. Der Fluglinie geht es derzeit gut, eine Veräußerung der IT-Tochter schloss Lufthansa-Finanzvorstand Karl-Ludwig Kley kürzlich gegenüber der "Börsenzeitung" aus: "Ein Verkauf brächte kurzfristig Erträge, würde Lufthansa aber längerfristig dem Preisdiktat des Lieferanten aussetzen." Dennoch bleiben Zweifel: Ein neues, gemeinsames IT-Kernsystem für das Luftfahrtbündnis Star Alliance bestellte die Lufthansa beim IT-Dienstleister Amadeus, obwohl ihre IT-Tochter eine eigene Lösung vertreibt. Neben dem schwer aufzufangen Einnahmeverlust ist für das Management von Lufthansa Systems vor allem bedenklich, dass der Konzern sich in einem geschäftskritischen Bereich abnabelt. Der seit April amtierende Chef Wolfgang Gohde hat nach dieser Entscheidung der Lufthansa System eine neue Organisationsstruktur mit fünf Geschäftsbereichen verordnet und den Vertrieb gestärkt.

Softlab: Eine Perle, aber unverkäuflich?

BMW geht es gut und der IT-Tochter Softlab ebenfalls - damit gibt es keinen Grund, etwas an der aktuellen Konstallation zu ändern. Im Konzert der deutschen IT-Töchter spielt Softlab eine besondere Rolle, denn der IT-Dienstleister wurde nicht von BMW ausgegründet, sondern gekauft. Er betreibt für den Mutterkonzern auch keine Rechenzentren wie andere IT GmbHs, sondern Projekte zur Integration der Backend-IT. Damit hat das Unternehmen im vergangenen Jahr 165 Millionen Euro eingenommen, rund 65 Prozent davon außerhalb des Konzerns, eine für eine IT-Tochter sehr gute Quote. Doch die Zahlen ändern nichts daran, dass IT-Dienstleistungen nicht zum Kerngeschäft eines Automobilkonzerns zählen. Dennoch engagiert sich BMW auch finanziell: Im Juli 2005 übernahm Softlab die Deutsche-Börse-Tochter Entory. Das IT-Beratungshaus ist auf SAP-Integrationsprojekte für Finanzdienstleister spezialisiert. Der für das laufende Jahr erwartete Umsatz von Softlab wächst damit sprunghaft auf 250 Millionen Euro. "Softlab ist willens, während der Konsolidierung des Markts zu wachsen. Weitere Zukäufe sind durchaus denkbar ", zeigt sich Gerald Prior, Chef der übernommene Entory AG, zuversichtlich. Betriebswirtschaftlich betrachtet hat BMW lediglich investiert, um den Geschäftswert der Tochter zu erhalten. Das finanzielle Engagement schließt demnach einen späteren Verkauf nicht aus.

BASF IT Services: Immer noch am Start

Das Wirtschaftsjournal "Manager Magazin" hat den BASF-CEO Jürgen Hambrecht zum "Manager des Jahres" gekürt: Er pflege einen konsequenten Führungsstil und habe die Zahlen des Chemie-Primus verbessert sowie sein Image aufpoliert, begründete die Jury die Wahl. Ein wenig Glanz und Konsequenz stünde auch der IT-Tochter BASF IT Services zu Gesicht, die als letzte der großen Ausgründungen in den Drittmarkt eingestiegen ist - zu spät, wie Marktbeobachter meinen. Der IT-Dienstleister wurde erst April 2001 gegründet. Der Umsatz schrumpfte zuletzt deutlich von 442 Millionen im Jahr 2003 auf zuletzt 386 Millionen Euro. Man habe Kosten eingespart und die Effekte an die Kunden weitergegeben, erklärte das Unternehmen dazu.

94 Prozent der Einnahmen stammen vom BASF-Konzern, der Erfolg im Drittgeschäft bleibt damit bescheiden, obwohl sich der Umsatz binnen Jahresfrist auf 24 Millionen Euro mehr als verdoppelte. Dem eigenen Anspruch genügt das nicht. "Wir wollen in den nächsten zwei bis drei Jahren 15 bis 20 Prozent unseres Umsatzes mit externen Kunden erzielen", sagte im Oktober Jahr 2003 Geschäftsführer Wolfgang Erny. Starthilfe kam jüngst vom Bayer-Konzern, er gab der IT-Tochter grünes Licht für die erste Übenahme der Firmengeschichte. "Mit dem Kauf von Plan Business erreicht die BASF IT Services ihr Ziel, 15 bis 20 Prozent ihres Umsatzes mit Nicht-BASF-Kunden zu erwirtschaften", teilte das Unternehmen mit. Die Strategie wird damit jedoch nicht klarer: Im Kundenstamm ist keine Branchenorientierung zu erkennen, er umfasst unter anderem die öffentliche Hand, Automobilindustrie, Gesundheitswesen und Zulieferer. Das Portfolio erstreckt sich auf die gesamte Bandbreite des Servicemarktes: Sich als Full-Service-Provider für den Mutterkonzern zu positionieren mag richtig sein, im Drittmarkt verwässert ein solcher hoher und ambitionierter Anspruch das Profil.

IT GmbHs: Vom Drittmarkt verabschiedet

In den meisten IT-Ausgründungen spielt das Dittmarktgeschäft keine Rolle mehr. Viele erwirtschaften weniger als zehn Prozent vom Gesamtumsatz mit externen Kunden. Die Deutsche Börse unterhält beispielsweise seit dem Entory-Verkauf noch drei Töchter unter dem Dach Information Technology, die im vergangenen Jahr zusammen knapp 426 Millionen Euro eingenommen haben, davon 32,8 Millionen Euro im externen Markt (knapp acht Prozent).

Auch die IT-Tochter des Energierversorgers Eon hat sich von den Ansprüchen der Vergangenheit verabschiedet. Zum Start des Unternehmens im Jahr 2001 erzielte Eon IS noch unter der Firmenbezeichung IS Energey eigenen Angaben zufolge zehn Prozent des Umsatzes im Drittmarkt und peilte mittelfristig eine Quote von 25 Prozent an. Mittlerweile ist der Anteil der Einnahmen mit externen Kunden auf fünf Prozent geschrumpft. Vielen dient das Drittmarkt-Geschäft nur noch als Benchmark. Man betrachte das externe Engagement als flankierendes Geschäft zur Stärkung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit, erklärte etwa RWE Systems auf Anfrage. Die Einnahmen mit externen Kunden belaufen sich auf weniger als zehn Prozent. Eine öffentliche Ausschreibung der Konzernvorhaben wäre vermutlich ein besserer Benchmark.