Kosten senken in der IT/Die Kosten auf dem Kieker

IT-Controlling von ganz oben anstoßen

06.09.2002
Der Ruf nach mehr Kosten- und Leistungskontrolle innerhalb der IT ist unüberhörbar. Das Mittel dazu: Controlling. Professionell aufgesetzt, steckt darin ein beträchtliches Kosteneinsparungs- und Effizienzpotenzial. Von Walter Gora und Bernd Steinke*

Bisher weitgehend unausgeschöpfte IT-Kosteneinsparungs- und -Leistungspotenziale gibt es in Unternehmen und Behörden immer noch mehr als genug. Daraus lassen sich eine ganz Reihe von Handlungsempfehlungen ableiten:

-Straffen und Automatisieren der Geschäftsprozesse

-Sich weitestgehend an Standards beziehungsweise De-facto-Standards orientieren.

-Schnittstellen-Vielfalt reduzieren. Das entschärft die Systemkomplexität, verringert die Betriebs-, Wartungs-, Support- und künftigen Projektkosten und erlaubt es, die IT auf einfache Weise zu erweitern.

-Auswahl und Einsatz nur markteingeführter Programme.

-zentralisierten Web-Anwendungen bei der Softwareauswahl den Vorzug geben. Dabei aktiv den Web-Portal-Gedanken vorantreiben, um flexibel nach allen Richtungen - Intranet, Extranet und Internet - agieren zu können.

-alle Applikationen so weit wie möglich in Form eines Server-Pools zentralisieren

-Software-Wildwuchs, vor allem Client-seitig, so weit wie möglich stutzen. Das schafft Software-Transparenz, reduziert den Administrationsaufwand und hilft, die Anzahl kostspieliger und immer wieder geschäftsablaufhemmender Programm-Updates in engen Grenzen zu halten.

-die Datenhaltung so weit wie möglich zentralisieren. Bei der Auswahl der Datenbanken auf die strikte Einhaltung von Standards wie SQL und XML (Extensible Mark-up-Language) achten.

-auf dieser soliden System- und Softwarebasis nur die notwendigsten Management-Werkzeuge anschaffen. Der größte Return on Investment (RoI) steckt dabei im Desktop-Management mit den Disziplinen Inventarisierung, Initial-Roll-out, Softwareverteilung und Remote Control/Help-desk.

-die Benutzeradministration per Verzeichnisintegration weitgehend zentralisieren. Das hilft, den Verwaltungsaufwand für die IT auf Dauer im Kosten- und Machbarkeitsgriff zu behalten, und schafft zudem gute Voraussetzungen für eine verlässliche Zugriffskontrolle bis hin zu einer PKI (Public-Key-Infrastruktur).

-besser kräftig die Bandbreitenkapazitäten erhöhen, anstatt sich im LAN und WAN auf komplexitätstreibende und herstellerbindende Flussoptimierungsmechanismen wie Priorisierung, Bandbreiten- und Warteschlangen-Management einzulassen.

-die Abläufe für Service und Support der IT straffen

-sich rigoros von zu kostenintensiven IT-Eigenleistungen trennen und sie besser qualifizierten Dienstleistern übertragen.

Das alles hilft, innerhalb der IT kräftig auf die Kostenbremse zu treten und parallel die Weichen für effizientere Geschäftsprozesse zu stellen.

Das rechte Maß der IT-Veränderung werden die Entscheider allerdings nur dann finden, wenn sie sich das Verhältnis von Aufwendungen und Nutzen bewusst machen. Dazu müssen die Projektverantwortlichen für jede Wertschöpfungskette gesondert den Aufwand und den Nutzen eines jeden Leistungsträgers - Mensch, System, Software, Netzwerkkomponente, Management-Werkzeug - kostenrechnerisch nachvollziehen. Erst auf diese Weise wird transparent, wie es um das Kosten-Nutzen-Verhältnis der aktuellen IT steht und inwieweit durch einen optimierten IT-Einsatz die Effizienz der Geschäftsprozessen gesteigert sowie Einsparungen an Personal-, Maschinen- und Lagerkosten sowie bei der Kapitalbindung eingefahren werden können.

Das Projekt "IT-Controlling" einrechnen

Das hohe Ziel - professionelles IT-Controlling - geht allerdings nur dann für die Organisation auf, wenn intern Klarheit über die Strategie und die Ziele herrscht. Sie sollten in Form eines Business Case kritisch durchgerechnet werden. Denn nur dann ist gewährleistet, dass die Ziele im Markt erreichbar sind und die anvisierten Einsparungen und Effizienzzuwächse tatsächlich zum Tragen kommen.

Natürlich müssen für eine seriöse Kostenrechnung auch die Kosten für das Projekt "IT-Controlling" einschließlich der Aufwand für die organisatorischen und personellen Veränderungen einfließen. Nur dann ist eine reale RoI-Kalkulation möglich. Professionell absolviert, kann sich das Vorhaben immerhin binnen zwölf bis 18 Monaten für das Unternehmen respektive die Behörde auszahlen. Ab dann schlagen die Einsparungen, ob direkt oder indirekt durch Effizienzsteigerung, Jahr für Jahr kräftig zu Buche.

Doch das analytische Abtauchen ins eigene Geschäftsumfeld, das Herausarbeiten realisierbarer Geschäftsziele und das Ausrichten der Wertschöpfungsprozesse an diesen Zielen ist erst der Einstieg ins IT-Controlling-Projekt. Für eine erfolgreiche Projektabwicklung braucht es mehr:

-Alle wichtigen Informationen zu weiterhin relevanten und zusätzlich anzuschaffenden IT-Anwendungen, Server-Plattformen, Infrastrukturen, Hard- und Softwareausstattungen, IT-Management- und Administrationswerkzeuge, Sicherheitssysteme und WAN-Schnittstellen in einem Asset-Management-System hinterlegen.

-Die einzelnen Applikationen - Anwendungen, Netzdienste, Datenbanken und Werkzeuge - in Form einer Applikationslandkarte zuweisen. Sie ordnet zur besseren Übersicht die einzelnen Applikationen den betreffenden Wertschöpfungsprozessen zu.

-Den insgesamt ermittelten Bedarf an neuer IT gemeinsam mit der beizubehaltenden IT in ein ganzheitliches Gestaltungskonzept einbringen.

-Die anzuschaffende IT kritisch auf ihre Leistungswerte, Schnittstellen und Standardtreue hinterfragen, dabei im Einzelnen ihrem Einsparungs- und Effizienzpotenzial detailliert auf den Grund gehen.

-Bei dieser Recherche nicht den Aufwand für Projektierung, Administration, Service und Support vergessen.

-Das Gesamtvorhaben in gut überschau- und damit beherrschbare Teilprojekte strukturieren und gut aufeinander abstimmen.

-Für jedes dieser Teilprojekte die inneren und äußeren Schnittstellen, Einzelaufgaben, Zeitschienen, Teilbudgets und Verantwortlichkeiten definieren und im Projektverlauf verfolgen.

-Die Koordination und das nahtlose Zusammenspiel aller Teilprojekte durch ein professionelles Projekt-Controlling sicherstellen.

-Für den anschließenden IT-Betrieb ein durchgängiges IT-Controlling herausbilden, das sich nicht an einzelnen IT-Verantwortungen, sondern an der optimalen Erfüllung der Ende-zu-Ende-Wertschöpfungsprozesse orientiert. Dazu gehört ein Planungs-, Steuerungs- und Berichtskonzept, idealerweise gestützt durch Kennzahlen zur besseren Kosten- und Nutzenbewertung.

-Ein IT-Verrechnungsmodell zu etablieren um darüber den Verbrauch an IT gezielt den einzelnen Kostenverursachern - Einzelpersonen, Arbeitsgruppen, Abteilungen - zuzuweisen.

Das weckt bei den Usern auch die Sensibilität, künftig über Art und Umfang des Gebrauchs von IT-Leistungen nachzudenken. Übertreiben sollten die Entscheider bei der gezielten Abrechnung der IT-Kosten dennoch nicht. Für diese verhaltene Abrechnungsstrategie sprechen gute Gründe. So sind lediglich 20 Prozent der IT-Kosten den Verbrauchern direkt zuweisbar. Die übrigen 80 Prozent, allen voran der IT-Personalaufwand, müssten also als Gemeinkosten umständlich in ein Verrechnungsmodell gepresst werden.

Ein Rattenschwanz an Aufwand

Das würde unnötig hohe Zusatzkosten generieren, ohne dass dadurch die IT-Kosten und -Leistungen für die Verbraucher transparenter würden. Zudem würde eine zu gründliche Verrechnung von IT-Leistungen einen Rattenschwanz an Integrations-, Anpassungs- und Strukturierungsaufwand nach sich ziehen, um alle dafür relevanten Daten aus einer Vielzahl von Anwendungen dem Verrechnungsmodell zuzuführen.

Besser ist es deshalb, die Gemeinkosten zu schätzen, nach veranschlagter IT-Verbrauchsintensität aufzuteilen und den einzelnen Kostenstellen zuzuordnen. Zumal diese Form der pauschalen IT-Leistungsverrechnung die Organisation vom permanenten Mitschnitt des individuellen Nutzungsverhaltens entbindet und damit wiederum von Zusatzkosten. Eine periodische IT-Verbrauchskalkulation reicht.

Eines steht mit Blick auf das Projekt "IT-Controlling" außer Frage: Anstoß und Regie für dieses strategische Projekt müssen von ganz oben, vom Top-Management, kommen. Denn keiner innerhalb des IT-Bereichs ist gewillt, sich selbst zu kontrollieren. (bi)

*Dr. Walter Gora ist alleiniger Vorstand der Management- und Technologieberatung C-Sar-Consulting, Solutions and Results AG in Hamburg. Bernd Steinke ist Principal beim gleichen Unternehmen.

AngeklicktWesentliche IT-Kosteneinsparungspotenziale könnten liegen:

- in den Geschäftsprozessen

- bei der Schnittstellenvielfalt

- im Softwarewildwuchs

- beim Administrationsaufwand

- in der Benutzeradministration

- in der dezentralen Datenhaltung

- bei kostenintensiven Eigenleistungen

- sogar bei den IT-Controlling-Kosten

Kräftig eingespart

IT-Controlling spielt Unternehmen im Banken- und Versicherungsbereich, wo der IT-Etat bei rund zehn Prozent des Umsatzes liegt, jährlich bis zu ein Fünfzigstel des Umsatzes ein. Bei einer 500 Millionen-Euro-Company sind das zehn Millionen Euro. In Dienstleistungsunternehmen, in denen der IT-Etat im Vergleich dazu nur etwa halb so hoch ausfällt, ist das immer noch ein Hundertstel des Umsatzes. Selbst in Produktionsbetrieben mit lediglich zwei Prozent an IT-Ausgaben können so Jahr für Jahr erhebliche Einsparungen eingefahren werden.