Consulting-Markt verändert sich

IT-Consultants fordern Management-Berater heraus

08.07.2010
Von 
Silvia Hänig ist Kommunikationsberaterin und Geschäftsführerin der iKOM in München.

Die Stunde der externen Berater

Ohne professionelle Hilfe lässt sich dieser Kraftakt nur schwer bewältigen. Die IT-Abteilungen sind aufgrund von Fachkräftemangel und reduzierten Personalbudgets meist gezwungen, mit einer ausgedünnten Mannschaft zu arbeiten, die genug damit zu tun hat, den Tagesbetrieb aufrechtzuerhalten. Hinzu kommt, dass Strukturen und Prozesse immer stärker technologisch durchdrungen sind. Bei Neuprojekten oder Migrationen schlägt die Stunde der externen Berater, die strategisches Know-how mitbringen, Konzepte erstellen und vor allem auch die Implementierung sowie den Betrieb von Projekten übernehmen.

Siegfried Lautenbacher, Beck et al. Services: "Die Leitlinien der Management-Berater haben in der Praxis oft ihren Glanz verloren."
Siegfried Lautenbacher, Beck et al. Services: "Die Leitlinien der Management-Berater haben in der Praxis oft ihren Glanz verloren."
Foto: Siegfried Lautenbacher

"Für diesen Trend gibt es eine Reihe von Erklärungen", kommentiert Siegfried Lautenbacher, geschäftsführender Gesellschafter des IT-Dienstleisters Beck et al. Services: "Zu oft haben es Unternehmen erlebt, dass die Leitlinien, die die Management-Berater entwickelt hatten, in der Umsetzung ihren Glanz verloren. Deshalb sind praxisorientierte Umsetzungsspezialisten zunehmend gefragt."

Besonders die Organisations-, Prozess- oder Innovationsberatung änderten sich derzeit: "Es macht eben einen Unterschied, ob man beispielsweise viel von Business- Service-Management weiß oder ob man viel davon versteht", argumentiert Lautenbacher. "Verstehen ist ein Prozess, der stark aus der Praxis gespeist wird. Und diesen Praxisbezug können IT-Dienstleister besser gewährleisten als klassische Management-Berater."

Praxis zählt

IT-Umsetzer bringen in der Regel ausreichende Felderfahrung aus Projekten mit und können die Umsetzung von Konzepten und ihre Auswirkung auf die Produktivität und Optimierung von Geschäftsabläufen besser einschätzen. In der Regel wird dadurch auch die Zeit vom Konzept bis zur Realisierung kürzer. Das wirkt sich nicht zuletzt auf die Kosten aus. "Während Management-Beratungen noch Spitzenhonorare erzielen, herrscht bei den IT-Consultants ein hoher Preisdruck", schildert Lünendonk-Expertin Fischer.

Zeit meist wichtiger als Kosten

Das Gros der Kunden will seine Lösungen schnell umgesetzt wissen und möglichst rasch damit arbeiten, wie Continental-CTO Bernd Thomas bestätigt: "Ich schätze an der Zusammenarbeit mit kleinen IT-Beratern, dass man direkt beim Start eines Projekts in die konkrete Arbeit einsteigt und mir Berater nicht drei Wochen lang erst einmal erklären, wie wir uns anpassen müssen, um mit ihnen zusammenarbeiten zu können." Selbstbewusst sekundiert Lautenbacher: "Kompetenz und Wissen haben die meisten Berater, unabhängig davon, aus welchem Umfeld sie kommen. Aber die Erfahrung in der Umsetzung lässt sich nur schwer kurzfristig aufholen, diese Kompetenz wächst über Jahre." Hier haben seiner Einschätzung nach IT-Berater und IT-Services-Allrounder unschätzbare Vorteile, zumal sich abzeichnet, dass sich immer mehr Unternehmen die Kompetenzhoheit über strategische Projekte wieder zurückerobern. Ein Grund dafür sei das gewandelte IT-Verständnis in den Unternehmen.

IT als Wertschöpfungsfaktor

IT wird nicht mehr nur als reiner Kosten-, sondern zunehmend als produktiver, wettbewerbsrelevanter Wertschöpfungsfaktor und Treiber für Innovation und die Optimierung von Geschäftsprozessen gesehen. "Zwar sind viele Organisationen noch nicht bereit, die IT ohne Einschränkung als wertschöpfend zu begreifen", räumt Michaela Fischer ein, "tatsächlich bezweifelt heute aber kein Topmanager mehr die Unverzichtbarkeit der Informations- und Kommunikationstechnik für sein Unternehmen."

Diesem Trend haben sich auch die klassischen Management-Berater gebeugt, die heute über ein umfangreiches IT-Know-how verfügen, teilweise für dieses Marktsegment sogar eigene Abteilungen betreiben. Die Frage ist jedoch, ob diese Berater mit ihrem klassischen Modell in der Lage sein werden, strategisches, organisatorisches und technisches Denken gleichwertig einzusetzen, um für ihre Kunden innovative Lösungen zu schaffen.