Aufschwung vorläufig abgesagt

IT-Budgets werden sich nicht vergrößern

07.06.2002
MÜNCHEN (CW) - Merrill Lynch (ML), die Finanz-Management- und Unternehmensberatungsfirma aus den USA, hat die IT-Branche untersucht. Wesentliches Ergebnis: Im laufenden Jahr werden die IT-Budgets nicht steigen.

Die Experten von ML haben bei der Befragung von 75 US- und 25 europäischen CIOs ferner herausgefunden, dass Mainframes weiter an Bedeutung verlieren. Der Markt für Unix-Server wird sich langfristig nur um rund zehn Prozent ausdehnen. Wer aber schon geglaubt habe, dass Unix-Maschinen zugunsten von Wintel-Systemen dem Tode nahe ständen, der täusche sich. Die ML-Analysten rechnen sogar damit, dass die Intel-Prozessoren der 64-Bit-Technologie-Familie "Itanium" vom Scheitern bedroht sein könnten.

Die nicht repräsentative Befragung der CIOs ergab, dass die IT-Budgets sich in diesem Jahr noch einmal um einen halben Prozentpunkt reduzieren könnten. Fast zwei Drittel der befragten 100 IT-Verantwortlichen sehen keinen Grund, ihren eher pessimistischen Ausblick zu revidieren.

Durchschnittlich gaben die CIOs im ersten Quartal 22 Prozent ihres Jahresbudgets aus. 53 Prozent sagten, sie hätten von Januar bis März das Budget nicht ausgeschöpft. Wer aber nun annimmt, die noch vorhandenen finanziellen Ressourcen würden im vierten Quartal zu einem Kaufrausch führen, sieht sich getäuscht: 80 Prozent werden die letzten drei Monate 2002 nicht für Investitionen nutzen.

Bei den Prioritäten bezüglich der Produkte, in die investiert werden wird, ergibt sich bei der ML-Befragung der IT-Entscheider ein bekanntes Bild: ERP-Anwendungen führen die Wunschliste an vor Sicherheitsfragen, CRM-Software, Applikations-Integrations-Lösungen sowie Speicherhard- und -software. Erst an sechster Stelle folgt das Thema E-Commerce.

Interessant waren auch die Antworten zur Zukunft des Großrechners: 54 Prozent der Befragten planen, Anwendungen vom Mainframe auf andere Systeme zu verlagern. Und nur 16 Prozent wollen Linux auf dem großen Blech nutzen. Diese Aussagen stehen im Widerspruch zu IBMs Werbegospel. Die (Unterhalts-) Kosten für Großrechner und vor allem auch der Mangel an Personal, das mit solchen Systemen überhaupt noch umgehen kann, würden zu einer Abkehr von den Rechnerschwergewichten führen, schreiben die ML-Experten.

Interessant auch, dass sich die Ausgaben im Unix-Server-Umfeld in den kommenden Jahren zwar nur um jährlich rund zehn Prozent erhöhen werden. Aber 68 Prozent der CIOs sagen, sie werden Applikationen auf diese Zentralrechner portieren.

Besonders hellhörig werden sollte das Intel-Lager und hier vor allem Dell bei folgender Angabe: Lediglich 14 Prozent der Befragten planen, ihre Unix-Server durch Wintel-Maschinen zu ersetzen. Intels 64-Bit-Architektur Itanium könnte nach Einschätzung der ML-Analysten eine kapitale Bauchlandung erleben: Ohnehin bereits um vier Jahre verspätet, scheint es nicht unwahrscheinlich, dass diese Plattform nie den großen Einfluss in der Industrie erzielen wird. Jetzt schon arbeiten AMD und selbst Intel an 64-Bit-Erweiterungen der herkömmlichen x86-Architektur, die Itanium den Rang ablaufen könnten. (jm)