Meta Group: Anwender investieren in IT-Sicherheit, Integration und Tools für Applikationsentwicklung

IT-Budgets wachsen unter Vorbehalt

03.10.2003
MÜNCHEN (kf) - Nach Einschätzung der Meta Group werden die IT-Budgets im kommenden Jahr wieder leicht wachsen. Der Wermutstropfen: Grünes Licht für die Verwendung der zusätzlichen Mittel erhalten die CIOs nur dann, wenn sich die wirtschaftliche Lage bis zur zweiten Jahreshälfte merklich entspannt.

Von einem grundsätzlichen Aufschwung im IT-Markt wollten die Analysten der Meta Group auf ihrer siebten Europäischen Jahreskonferenz in München noch nicht sprechen. Dennoch glauben die Experten, Anzeichen für eine gewisse Entkrampfung des Investitionsverhaltens auf Seiten der Unternehmen ausgemacht zu haben: "Die Mehrheit unserer Kunden will 2004 mehr Geld ausgeben als in diesem Jahr", berichtete Jean-Louis Previdi, Senior Vice President und Research Director für die Regionen Europa, Mittlerer Osten und Afrika (Emea). Demnach rechnen rund 60 Prozent der von der Meta Group betreuten Anwender damit, dass ihre Budgets im kommenden Jahr wachsen. Nahezu 40 Prozent dieser Unternehmen erwarten eine Steigerung um bis zu zehn Prozent, während knapp ein Fünftel auf ein Plus von mehr als zehn Prozent baut. Keine Veränderung der verfügbaren IT-Mittel erwarten hingegen etwa 18 Prozent der Anwender, und zirka zwölf Prozent befürchten sogar ein weiteres Schrumpfen ihrer Techniketats.

Zuwächse nur bedingt verfügbar

Die in Aussicht gestellten Budgetzuwächse sind jedoch mit Vorsicht zu genießen: Nach Angaben von Previdi handelt es sich dabei um "Conditional Budgets": Demnach wird den IT-Verantwortlichen 2004 zunächst ein dem Vorjahresniveau entsprechender Basisetat zugedacht. Das in die Planung einbezogene Plus soll dann frühestens in der zweiten Jahreshälfte tatsächlich für Investitionen zur Verfügung stehen - und zwar mit der Auflage, dass sich die Wirtschaft bis dahin wieder erholt hat.

Dabei weist Europa hinsichtlich der Investitionsbereitschaft regionale Unterschiede auf: So zeigen sich die nordischen Länder und Großbritannien, wo sich die wirtschaftliche Lage schneller entspannt, in Sachen Ausgaben aggressiver, während IT-Projekte in Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien nach wie vor eingefroren oder aufgeschoben werden.

Zu den Hauptaufgaben der IT-Chefs wird demnach weiterhin ein effektives Management der IT-Kosten zählen. Wichtig ist es nach Ansicht der Meta Group in diesem Zusammenhang, "den IT-Bedarf und nicht nur deren Bereitstellung zu steuern", so die Empfehlung von Emea-Chef Chef Previdi. Zu wenig Beachtung finden nach Angaben der Consultants nach wie vor die langfristigen Folgekosten einer Investition. Nicht zuletzt aus diesem Grund, so die Meta Group, erweisen sich derzeit gut die Hälfte der Hardware- beziehungsweise 60 Prozent aller Softwareverträge als zu teuer. "Häufig wird den Gesamtkosten zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet", warnte Previdi. Zu den Hauptkostentreibern des kommenden Jahres werden sich den Experten zufolge die Bereiche Personal, Software und Storage entwickeln. Die Experten warnen allerdings davor, beim Cost-Cutting übers Ziel hinauszuschießen: "Es geht nicht nur ums Sparen, sondern darum, genügend Flexibilität zu entwickeln, um künftig entsprechend den Gegebenheiten zu reagieren", so Previdi.

Ebenfalls vor dem Hintergrund des Kostenaspekts verwies Meta-Group-Spezialist Previdi auf Web-Services - ein Thema, das die Consultants auf ihrer Jahreskonferenz im vergangenen Jahr noch mit Vorbehalten behandelt hatten, mittlerweile jedoch als wesentlichen Eckpfeiler für den Aufbau des "Adaptive Enterprise" bezeichnen. "Wo sich keine (Web-) Services-basierende, in Teilen wiederverwendbare Architektur implementieren lässt, werden die IT-Kosten auf die Dauer einfach zu hoch", so Previdi. Anders als in der Anfangsphase der Web-Services, in der es sich noch um ein eher konzeptionelles Thema handelte, habe die Technik die Vision inzwischen eingeholt und sei nun tatsächlich implementierbar.

Dem Hype-Stadium entwachsen

"Speziell zu Sparzeiten wie diesen werden sich Web-Services in absehbarer Zeit durchsetzen", ist sich Previdi sicher. Derzeit noch unzureichend definiert und damit noch nicht ganz ausgreift sei die Technik jedoch im Bereich Business-Process-Mapping.

Als weltweiten Investitionsschwerpunkt Nummer eins im kommenden Jahr hat die Meta Group das Thema IT-Sicherheit ausgemacht. Laut Previdi wird der Fokus dabei nicht etwa auf dem Erwerb zusätzlicher Firewalls oder verstärkten Virenschutzes, sondern vielmehr auf Prozessen beziehungsweise dem Risiko-Management liegen, was sowohl den Privacy-Bereich als auch die Einhaltung künftiger gesetzlicher Bestimmungen wie Basel II umfasst. Zu beachten sei, dass es sich beim Risiko-Management nicht um eine auf die Technik begrenzte, sondern um eine sämtliche Unternehmensebenen betreffende Angelegenheit handle. Im Gegensatz zu früher, als die Vermeidung von Risiken das Ziel gewesen sei, gehe es heute eher darum, sie zu reduzieren, klärte Tom Scholtz, Vice President Security & Risk Strategies, die Besucher der Münchner Veranstaltung auf. "Kein Profit ohne Risiko - das ist letztendlich die Essenz des Kapitalismus." In diesem Sinne betrachtet Scholtz das Risiko-Management weder als reine IT- noch als pure Business-Angelegenheit. Bei der Entwicklung entsprechender Strategien sei jedoch zu berücksichtigen, dass sich ein Großteil der Risiken aus Gründen der Komplexität - und damit letztendlich auch der Kosten - nicht vermeiden lasse.

Kernkompetenz Risk-Management

Je nach Branche empfiehlt die Meta Group, zwischen fünf und 20 Prozent des IT-Budgets in das Handling von Risiken zu investieren, die durch die Techniknutzung entstehen. Nach Einschätzung der Berater dürfte die korrekte Verwendung dieser Summe bis zum Jahr 2006 zu den primären Management-Aufgaben der CIOs zählen und sich dann zu einer der Kernkompetenzen erfolgreicher IT-Chefs entwickelt haben. Unterstützende Programme müssten dabei jedoch zur Kerndisziplin werden und dürften nicht etwa zur periodischen Feueralarmübung oder zum verstaubten, im Drei-Jahres-Rhythmus reanimierten Projekt verkommen.

Als weiteren Investitionsschwerpunkt für das kommende Jahr hat die Meta Group den Bereich Integration identifiziert - und zwar nicht nur hinsichtlich der IT-Infrastruktur, sprich: in Bezug etwa auf Applikationen, sondern funktionsübergeifend auf Prozessebene. Darüber hinaus planen die Anwender, 2004 auch für die Entwicklung Web-basierender Anwendungen Geld auszugeben.

Die derzeitigen Modebegriffe "On demand", "Utility computing" oder "N1" bezeichnen nach Ansicht der Meta Group weniger bereits konkrete Technologien als zunächst Grundkonzepte für eine neue Organisationsstruktur. Fred Amoroso, Vice Chairman und Chief Executive Officer (CEO) des Marktforschungsunternehmens, fasst diese unter dem Begriff "Adaptive Enterprise" zusammen. Letzteres sei dank einer flexibleren Infrastruktur dazu in der Lage, die Fixkosten - in vielen Firmen bis zu 80 Prozent - in variable Posten umzuwandeln, ermögliche dadurch ein fließenderes Organisations-Management und könne somit proaktiv auf Geschäftsveränderungen reagieren. "Hierbei geht es nicht um Einzelimplementierungen, sondern um ein Gesamtkonzept für das Management eines Unternehmens, das eine Vielzahl technischer Komponenten umfasst", stellt der Meta-Group-CEO klar.

Die neue Rolle des CIO

Die IT-Chefs werden sich nach Einschätzung der Berater darauf einstellen müssen, dass sich ihr Aufgabengebiet innerhalb der nächsten Jahre verändert. So werde künftig zwischen den beiden Positionen CTO (Chief Technology Officer) und CIO stärker unterschieden: Anders als der eher technikorientierte CTO müsse sich - zumindest der erfolgreiche - CIO als einer der wenigen, der den Überblick über sämtliche Abläufe im Unternehmen habe, zusehends zum Change-Agent entwickeln und aus dieser Position heraus sowohl in Sachen Management als auch bei der firmenübergreifenden Prozessdefinition mitwirken, so die Experten. "Zu Zeiten, in denen die IT wieder zum Cost-Center herabgestuft wird, ist das eine echte Herausforderung", warnt Meta-Group-Chef Amoroso. Die fortschrittlichsten Firmen werden in seinen Augen jedoch diejenigen sein, die der IT innerhalb der Wertschöpfungskette wieder zu einem entsprechenden Stellenwert verhelfen. "Dabei greifen sämtliche Konzepte für das Management eines Unternehmens eins zu eins auch für den CIO, der seine IT-Organisation zu führen hat", erklärt Amoroso. In diesem Sinne empfehlen die Experten den IT-Chefs, etwa einen eigenen Finanzverantwortlichen innerhalb der IT-Organisation zu ernennen, der für möglichst niedrige Kosten bei höchstmöglicher Effizienz zu sorgen hat, sowie eine eigene Marketing-Einheit aufzubauen.