IT-Branche schafft neue Jobs - im Ausland

25.03.2004
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Outsourcing und die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland entwickeln sich zum Horrorszenario für den IT- Arbeitsmarkt. Lamentierten Experten vor vier oder fünf Jahren noch über den Mangel an Fachkräften, war auf der diesjährigen CeBIT eher von der Verlagerung hochqualifizierter Positionen in Billiglohnländer die Rede.

Von einem Fachkräftemangel im IT-Sektor spricht heute kaum mehr jemand. Zwar suchen Unternehmen weiterhin Informatiker, aber längst nicht mehr so viele wie vor einigen Jahren. Eine Studie von A. T. Kearney mit der Prognose, 130 000 IT-Jobs gingen in Deutschland durch Offshoring verloren, sorgte im Vorfeld der CeBIT für Aufregung. Die Idee, Projekte in kostengünstigere Länder zu verlagern, scheint gerade auf IT-Firmen eine große Faszination auszuüben.

August-Wilhelm Scheer (links) und Holger Röder (rechts) diskutierten im Job- und Karrierezentrum der COMPUTERWOCHE auf der CeBIT. (Quelle: Meyer)
August-Wilhelm Scheer (links) und Holger Röder (rechts) diskutierten im Job- und Karrierezentrum der COMPUTERWOCHE auf der CeBIT. (Quelle: Meyer)

"Unsere Studie zeigt ein Worst-Case-Szenario" erläuterte Holger Röder von A.T. Kearney in der Eröffnungsdiskussionsrunde des Jobs-und-Karriere-Zentrums auf der CeBIT und präzisiert: "IT-Mitarbeiter in Konzernen sind am meisten gefährdet, denn IT-Dienstleister aus Nearshore-Ländern drängen mit unschlagbar günstigen Preisen in den Markt."

Wie die Analysten von Gartner meinen, haben insbesondere die zehn neuen Beitrittsländer der Europäischen Union gute Chancen, mit attraktiven Angeboten zu punkten. Aus Anwendersicht überwögen hierzulande die Vorteile klar gegenüber den Risiken. Der A.T.Kearney-Bericht konkretisiert eine Entwicklung, die in den vergangenen Jahren bereits schleichend einsetzte und jetzt an Dynamik gewinnt. Bisher wanderten in erster Linie einfache Produktionsprozesse ab, sukzessive werden auch höherwertige Arbeiten ins Ausland verlagert.

"Der Offshore-Trend bildet nur die sichtbare Spitze des Eisbergs und drückt den tief greifenden Strukturwandel in der IT-Branche aus", erklärte Günther Thoma, Geschäftsführer der Management-Beratung Step-Process in Wiesbaden, und ergänzt: "Eine noch größere Gefahr für Arbeitsplätze ist die pessimistische Stimmung. Wir müssen es schaffen, das wieder aufzufangen."

Stephan Pfisterer, Bildungsexperte des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom), sieht zwar Impulse eines wirtschaftlichen Aufschwungs oder zumindest einer Erholung in der IT-Branche, doch auch er räumt ein, dass sich das nicht in neuen Jobs niederschlagen werde. Allerdings mahnte Pfisterer: "Längst nicht jedes Unternehmen plant ein Indien-Projekt. Die Erfahrungen waren nicht immer positiv."