IT-Benchmarking - das Maß aller Dinge?

10.04.2002
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Vergleiche mit anderen Unternehmen können helfen, die eigenen Prozesse zu verbessern und Kosten zu verringern. Benchmarking bietet IT-Abteilungen dazu Standardverfahren zur Leistungsbewertung. Doch während die klassischen Benchmarks nur Kennzahlen und Kosten gegenüberstellen, empfehlen viele Berater, auch Prozesse und Projekte in den Vergleich einzubeziehen.

Beim Benchmarking können sich Unternehmen mit Konkurrenten vergleichen. Dazu werden bestimmte Infrastrukturen und Prozesse in den Firmen „vermessen“ und einem Mittelwert gegenübergestellt, der aus den Kennzahlen ähnlicher Unternehmen ermittelt wird. Weil die IT-Branche einem stetigen Wandel unterliegt, haben sich hier unterschiedliche Ansätze und Methoden für das Benchmarking entwickelt.

Schritte des Benchmarking

Das Objekt (Produkt, Methode, Prozess) auswählen, das analysiert und verglichen werden soll;

Vergleichswerte festlegen und Vergleichsunternehmen auswählen (wichtig: Vergleichbarkeit überprüfen);

Daten über Sekundär- (Fragebögen) oder Primärinformationen (Werksbesichtigungen, Workshops) erheben;

Daten analysieren und vergleichen sowie Leistungslücken und ihre Ursachen feststellen;

Die eigene Best Practice für das Unternehmen entwickeln und umsetzen.

Der Neusser Unternehmensberater Jochen Michels analysiert und vergleicht seit mehr als 15 Jahren IT-Umgebungen in Deutschland. Mit seiner Benchmarking-Methode zerlegt der Unternehmensberater die Gesamtheit aller IT-Dienste in 29 verschiedene Leistungsarten (etwa CPU-Zeit) und belegt sie jeweils mit einem Preis. Aus diesem Katalog bildet er individuelle IT-Warenkörbe, deren addierter Preis die Grundlage für die Bewertung der jeweiligen Umgebung bildet. Dies sei nötig, da nicht jeder IT-Manager seine Preise nach den verschiedenen Leistungen aufschlüsselt, erklärt der Berater. Als Resultat kann der IT-Manager nun sehen, ob er seinen Warenkorb von IT-Diensten zu marktgerechten Preisen anbietet. Unbeantwortet bleibt allerdings die Frage, wie sich die individuellen Kosten der Dienste ergeben, also nach den Ursachen. Benchmarking-Methoden, so Michels, könnten hier nicht mehr weiterhelfen.

Diese Einschätzung teilt Harald Kiehle nicht. Das IBM-Benchmarking-Modell betrachtet neben den Kosten auch Prozesse oder die Qualität der Unterstützung von Geschäftsbereichen durch die IT, erläutert der Direktor IT-Management Consulting und Benchmarking-Experte der IBM Unternehmensberatung GmbH. Um die Vergleichbarkeit in einem Benchmark-Prozess zu gewährleisten, müssten fundamentale Kennzahlen wie Branche, Größe und Struktur des Unternehmens, Mitarbeiteranzahl und die Nationalität bekannt sein. So ließen sich beispielsweise bei nicht präziser Kenntnis der Kostenstrukturen die Preise für SAP-Arbeitsplätze kaum miteinander vergleichen.

Für einen SAP-Arbeitsplatz errechnet beispielsweise Michels Kosten zwischen 437 und 2589 Euro pro Monat, wobei Qualitätsmerkmale wie Antwortzeit und Verfügbarkeit berücksichtigt wurden. IBM-Berater Kiehle kritisiert jedoch solche Pauschalsichten, da es durchaus gute Gründe für unterschiedliche Kosten bei einem SAP-Arbeitsplatz gebe. Betreiber von Call-Centern haben beispielsweise sehr viel höhere Ansprüche an die Erreichbarkeit ihrer Agenten. Hier müsse wesentlich mehr investiert werden als für einem Sekretariatsarbeitsplatz.