Input-Umfrage über offene Systeme

IT-Anwendern liegt vor allem an Hersteller-Unabhängigkeit

20.03.1992

SAN FRANZISKO (CW) - In der DV-Industrie ist Konfusion darüber entstanden, welche Rolle das Betriebssystem Unix im Umfeld offener Systeme künftig einnehmen wird. Diesen Eindruck haben zumindest Marktforscher der Input Inc. auf der Uniforum in San Franzisko gewonnen. Die Analysten befragten Anwender zu deren Verständnis von Systemoffenheit.

Nur etwa 40 Prozent der DV-Nutzer sehen demnach das Betriebssystem Unix als Inbegriff für Offenheit an. Im Vergleich dazu erfülle MS-DOS die entsprechenden Anforderungen weitaus besser. Am ehesten, so zitiert Input die gängige Anwendermeinung, werden offene Systeme heute durch die Unterstützung herstellerunabhängiger Standards und Betriebssysteme repräsentiert - so zumindest hätten 70 Prozent der befragten Anwender geurteilt. Kritisiert wurde, daß Unix, im Gegensatz zu MS-DOS je nach Anbieter in einer Vielzahl unterschiedlicher Ausführungen erhältlich sei.

Als wichtig kristallisierte sich neben der Unabhängigkeit von Herstellerstandards und Betriebssystemen die Verfügbarkeit von offengelegten Schnittstellen-Spezifikationen heraus.

Außerdem legten die Befragten Wert auf eine Prozessorarchitektur, für die es preiswerte Clones zu kaufen gibt. Ein Betriebssystem müsse nach dein MS-DOS-Vorbild von einer Vielzahl von Anbietern unterstützt werden und die Möglichkeit bieten, Gast-Betriebssysteme sowie ihre Anwendungen laufen zu lassen.

Diese Argumente deuten an, worauf es DV-Benutzern beim Einkauf offener Systeme vor allem ankommt: auf das Preis-Leistungs-Verhältnis bei der Hardware.

Entsprechend gut bedient, so die Input-Analysten, waren Besucher der Uniforum, die bei IBM und Hewlett-Packard preiswerte Low-end-Workstations unter die Lupe nehmen konnten.

Befragt, welche Open-Systems-Vorteile für sie besonders wichtig seien, nannten jeweils 60 Prozent der Anwender die Möglichkeit, Hardware verschiedener Anbieter miteinander zu verbinden sowie die Chance, Programme auf unterschiedlichen Rechnern laufen zu lassen. Für wichtig oder sehr wichtig

hielten jeweils über 50 Prozent der Befragten den Kostenvorteil und die Nutzung von Datenbanken sowie Anwendungen unter verschiedenen Betriebssystemen.

Weil durch den Trend zu mehr Verarbeitungskapazität auf dem Desktop Downsizing und Client-Server-Verarbeitung zum Durchbruch kommen dürften, gehen die Analysten trotz aller Vorbehalte seitens der Anwender von einem anhaltenden Unix-Boom aus. Bei den Multiuser- und Multitasking-Betriebssystemen gebe es dazu derzeit keine preiswerte Alternative.

Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß auf der US-Messe Uniforum das Unix-Interesse gegenüber einer allgemeinen Systemoffenheit zurückgegangen sei. Schlagworte wie Interoperabilität und Connectivity hätten diesmal die Veranstaltung geprägt.

Als Beispiel dafür, daß auch die Hersteller diesen Trend angenommen haben, nennen die Analysten den Supercomputer-Hersteller Cray Research, der Software für eine Verbindung seiner Rechner mit Sparc-basierten Workstations gezeigt habe. Für beispielhaft hält Input außerdem eine Reihe von Netzwerk-Produkten sowie Tools von der Firma Quorum, mit denen Macintosh-Software auf Workstations von Silicon Graphics, Sun und IBM laufen kann.