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Ist Lotus´ Jeff Papows ein übler Aufschneider?

30.04.1999
Zeitungsbericht sorgt für Aufregung

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Ein Artikel des renommierten "Wall Street Journal" sorgt für einigen Wirbel. Das Blatt berichtet darin, der derzeitige President von IBMs Softwaretochter Lotus Development, Jeffrey Papows, habe im Laufe seiner Karriere seinen Lebenslauf in wesentlichen Punkten aufpoliert und dabei wissentlich Falschaussagen verbreitet. Unter anderem soll Papows seine Militärkarriere übertrieben dargestellt und seine Familiengeschichte umgedeutet haben. Das "Wall Street Journal" behauptet unter anderem, der Lotus-Boß habe

angegeben, er besitze einen Doktortitel der Pepperdine University in Malibu, Kalifornien. In Wirklichkeit habe er dort lediglich seinen Master gemacht und diesen später durch einen Ph.D. eines anderen College ergänzt;

in seinem Lebenslauf angegeben, er habe seine Militärkarriere im Rang des Captain eines US-Marinekorps beendet. Statt dessen sei er in den offiziellen Militärunterlagen nur als Oberleutnant (First Lieutenant) geführt. Papows erklärte, er sei kurz vor seinem Ausscheiden zur Beförderung vorgeschlagen worden;

mit militärischen Heldentaten geprahlt. Unter anderem will Papows einen Jet-Absturz überlebt, bei einem riskanten Flugmanöver einen Gehörschaden davongetragen und das Leben eines Kameraden gerettet haben. Die Zeitung hatte festgestellt, daß es bei der Armee keinerlei Aufzeichnungen darüber gibt, daß Papows überhaupt je geflogen ist. Der Lotus-Boß erklärte daraufhin, er sei zwar kein Pilot, aber Radar-Offizier in einer zweisitzigen "Phantom" gewesen. Die Zahl seiner absolvierten Flugstunden gab er korrigierend mit "ein paar Hundert" an - zuvor soll er mit "Tausenden" angegeben haben;

Kollegen gegenüber behauptet, ein Waisenkind zu sein. Ein Verwandter erklärte gegenüber der Zeitung, Papows sei von seinen Eltern in Gloucester, Massachusetts, aufgezogen worden.

Trotz der erhobenen Anschuldigungen sehen weder Papows Arbeitgeber Lotus noch die IBM irgendwelchen Handlungsbedarf. Beide gehen davon aus, daß das "Wall Street Journal" die Aussagen von Papows nur aus dritter Hand und vom Hörensagen kenne. Der Lotus-Chef selbst habe erklärt, die Aussagen so nie gemacht zu haben, und das nehme man ihm auch ab. "Die Geschichte zieht keine Nachforschungen nach sich", erklärte Lotus-Sprecher Bryan Simmons.