Community fragt Oracle

Ist Java noch zu retten?

23.01.2011
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

"Oracle geht es nur ums Geld"

Für so manchen Insider kam Oracles Vorstoß indes nicht überraschend. Schon bei den Übernahmeverhandlungen mit den Sun-Verantwortlichen hätte Oracle den Plan verfolgt, zu einem späteren Zeitpunkt gegen Google vorzugehen, berichtet Java-Erfinder James Gosling, der Oracle nach der Akquisition von Sun im Frühjahr 2010 den Rücken gekehrt hatte. Es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, schreibt Gosling in seinem Blog. Während der Gespräche habe man das Funkeln in den Augen der Oracle-Anwälte sehen können. "Bei Oracle geht es immer nur ums Geld. Das ist die einzige Metrik, die sie verstehen."

Auch die Google-Verantwortlichen scheinen bereits mit einer Klage gerechnet zu haben. In den jüngsten Quartalsberichten finden sich Hinweise auf mögliche rechtliche Verfahren und deren Folgen. "Wir sind und können auch in Zukunft Ziel von Patentrechtsklagen sein", heißt es dort. Diese abzuwehren sei teuer, könne signifikante finanzielle Schäden nach sich ziehen und die Möglichkeiten einschränken, künftig bestimmte Techniken einzusetzen.

Geschlagen geben will sich Google allerdings nicht. "Wir sind enttäuscht darüber, dass sich Oracle dafür entschieden hat, sowohl Google als auch die Open-Source-Community rund um Java mit dieser grundlosen Klage anzugreifen", lautet die Antwort des Android-Herstellers. Die Open-Source-Community um Java gehe weit über jedes einzelne Unternehmen hinaus und arbeite tagtäglich daran, das Web zu verbessern. "Wir werden die Open-Source-Standards verteidigen und fortfahren, zusammen mit der Branche die Android-Plattform weiterzuentwickeln."

Java-Vater geht auf die Barrikaden

Nachdem es im vergangenen halben Jahr ruhig um James Gosling geworden war, bezieht der Java-Erfinder seit der Klage gegen Google offen Stellung gegen Oracle. Gosling war nach Vollzug der Übernahme von Sun Microsystems im Januar dieses Jahres zunächst in Diensten Oracles geblieben, hatte dem Konzern dann aber Anfang April den Rücken gekehrt. Oracle habe versucht, ihn zu kontrollieren, moniert die Java-Ikone. Er hätte letztendlich nur noch als Maskottchen auf diversen Veranstaltungen auftreten dürfen. Hinter allen Entscheidungen, was Java betraf, habe man die Hand von Oracle-Chef Lawrence Ellison gespürt. "Er ist die Sorte Mensch, die mich zum Gruseln bringt", ließ Gosling in einem Interview mit der US-amerikanischen Magazin "eweek" durchblicken.

Parallel zu den Oracle-Veranstaltungen Open World und Java One startete Gosling eine Aktion für die Unabhängigkeit von Java. Er entwarf Motive für T-Shirts und forderte die Mitglieder der Java-Community auf, diese auf den Veranstaltungen zu tragen, um Oracle daran zu erinnern, seine Versprechen zu halten. Oracle selbst ignorierte die Initiative. Angesprochen auf die Aktion Goslings antwortete Thomas Kurian, Executive Vice President für die Produktentwicklung, lapidar: "Ich werde nicht darüber sprechen."