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Ist die Initiative D21 reine PR?

25.11.1999
Was hinter den großen Namen steckt ...

CW-Bericht, Hermann GfallerMÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Prominente Namen wie Bundeskanzler Gerhard Schröder, BDI-Chef Hans-Olaf Henkel, ARD-Moderatorin Sabine Christiansen und rund 100 Vertreter namhafter Unternehmen stehen für die Initiative D21, bei der Regierung und Wirtschaft an einem Tisch sitzen. Diese Aktion, für die im Juli dieses Jahres das Memorandum vorgelegt wurde (CW Infonet berichtete), hat sich zum Ziel gesetzt, den unausweichlichen Wandel von der Industrie- zur Informationsgesellschaft zu gestalten und zu beschleunigen. In Berlin demonstrierten Bundesregierung und Wirtschaft, daß hinter diesem hehren Ziel mehr steckt als Marketing und vage Versprechungen.

Gleichwohl kommt der Öffentlichkeitsarbeit bei dem Projekt die zentrale Rolle zu, eine positive Grundstimmung zu erzeugen. Schülern, jungen Erwachsenen und insbesondere Frauen sollen die Chancen der Jobmaschine Informations- und Kommunikationstechnik nahegebracht werden, Existenzgründer ermutigt und Unternehmen beruhigt werden, die zu strenge staatliche Regelungen befürchten. Die Initative D21 hat sich vorgenommen, alle gesellschaftlichen Kräfte zu bündeln, um Deutschland beim globalen Rennen um die Nutzung der Informationstechnik aus dem Mittelfeld zu holen und zum Trendsetter zu machen.

Um zu signalisieren, wie ernst alle wichtigen gesellschaftlichen Gruppen die Schaffung der Informationsgesellschaft nehmen, wurde der Beirat der Organisation so prominent wie möglich besetzt. Unter der persönlichen Leitung von Bundeskanzler Gerhard Schröder finden sich dort Ministerpräsidenten wie Kurt Biedenkopf und Wolfgang Clement, der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit Bernhard Jagoda, Kirchenvertreter, Verbandschefs wie Hans-Olaf Henkel und Dieter Hundt, Mediengrößen wie Hubert Burda, Moderatorin Sabine Christiansen und NDR-Indentant Jobst Plog, Universitäts-Rektoren, Firmenvorstände von BASF, SAP, Siemens, Dresdner Bank, Metro, BMW und viele mehr.

Die Initiative D21 wird inzwischen auch von den Gewerkschaften ernstgenommen. In Berlin hat Roland Issen, Vorsitzender der Deutschen Angestellten Gewerkschaft, auf die Bedeutung der in Gründung begriffenen Dienstleister-Gewerkschaft Verdi für die IT-Industrie aufmerksam gemacht und gegenüber der COMPUTERWOCHE Interesse an einer intensiven Mitarbeit in der Initiative D21 bekundet. Issen: "Die Veränderungen durch IT sind revolutionär. Wir wollen hier nicht bremsen, verhindern oder Angst machen, sondern mitwirken."

Doch mit großen Namen, und werbewirksamen Kanzlerauftritten ist es nicht getan. Es müssen konkrete Pläne entwickelt und Entscheidungen vorbereitet werden. Das geschieht seit August dieses Jahres in fünf Arbeitsgruppen, in denen Wirtschaft und Regierung mit einem gemeinsamen Ziel zusammenarbeiten. So wird jede Gruppe von einem Zweier-Team aus Wirtschaft und Regierung geleitet. Inhaltlich geht es dort darum, eine Ordnungsrahmen für die Informationsgesellschaft zu schaffen, den Staat in eine Vorreiterrolle beim Einsatz von IuK-Techniken zu hieven, das Bildungs- und Ausbildungssystem zu modernisieren, den Frauen mehr Chancen in IT-Berufen zu eröffnen und eine Gründungsoffensive für Multimedia-Firmen zu starten. Die fünf Arbeitsgruppen haben nach kurzer Zeit bereits nennenswerte Ergebnisse vorgelegt:

Ordnungsrahmen: Einig sind sich die Mitglieder, daß freiwillige Selbstregulierung der Wirtschaft die Gesetzgebung ergänzen soll. Der Ordnungsrahmen soll international tragfähig gestaltet werden. Zu den konkreten Ergebnissen, auf die diese Gruppe Einfluß hatte, gehört der Gesetzesentwurf, mit dem die digitale Signatur der Unterschrift gleichgestellt wird.

Vorreiterrolle des Staates: Zu den zahlreichen Projekten dieser Gruppe gehört eine Web-Site für die Bundesverwaltung, die zum zentralen Portal für Einkauf und Beschaffung ausgebaut werden soll. Es werden Informationszentren für Bürger sowie Foren für Diskussionen mit Politikern ins Leben gerufen. Für die Kommunen soll eine zentrale Möglichkeit geschaffen werden, ihre Erfahrungen beim Anbieten von Online-Diensten auszutauschen.

Bildung und Qualifikation: In diesen Bereich fällt die Ausstattung möglichst aller Schulklassen mit Internet-fähigen PCs. Dafür ist im Internet ein Marktplatz geschaffen worden, auf dem Sponsoren mit den Schulen in Kontakt treten können. Ziel ist es, binnen zwei Jahren 20 000 Schulen mit ebenso vielen Sponsoren in Verbindung zu bringen. Außerdem haben die Mitgliedsunternehmen beschlossen, aus ihren Reihen 20 000 sogenannte "D21-Ambassadore" zu rekrutieren, die in Bildungseinrichtungen aller Art für IT-Berufe werben sollen.

Frauen und IT: Das Ziel ist hier, den Frauenanteil in den Ausbildungsberufen und Studiengängen der Branche deutlich zu erhöhen. Um die Technikbegeisterung bei Mädchen zu wecken, wird erwogen, eigene Computerklassen für sie einzurichten und intensiv über Chancen für Frauen in der IT-Branche aufzuklären, in der beispielsweise Teilzeit- oder Telearbeit einfacher zur realisieren sei als in anderen Berufsfeldern.

Gründungsoffensive: Hier geht es vor allem darum, jungen Menschen Mut zur Unternehmensgründung zu machen. Dazu soll ab dem ersten Quartal 2000 bundesweit Unterrichts- und Projektmaterial zum Thema Unternehmenskultur verbreitet werden. Bestehende Gründerwettbewerbe sollen ausgebaut und Partnerschaften zwischen Gründern und Großunternehmen gefördert werden. Zusammengebracht werden sie auf der im Herbst nächsten Jahres geplanten Messe D21 Com 2000. Außerdem ist der Vorschlag dieser Arbeitsgruppe, einen Gründungsbeauftragten in die Bundesregierung aufzunehmen, vom Bundeskanzler aufgegriffen worden.