Auch potentielle Kostensenkung macht Infrastruktur-Innovation attraktiv:

ISDN in den USA keine Frage des Bedarfs

22.04.1988

CHICAGO (IDG) - "I still don't know" dürfe in den USA nicht länger als Ausrede oder Fehldeutung von ISDN (Integrated Services Digital Network) gelten, verlangte jetzt auf der Interface 88 in Chicago Ian Angus, Präsident der Angus Telemanagement Group, Pikering/Ontario.

Angus, offenbar ein ISDN-Freak, referierte auf der jährlich stattfindenden US-Messe für den Telekom-Markt über unterschiedliche Testergebnisse, die im Zusammenhang mit ISDN in den USA bereits erzielt wurden. Ein ganzes "Füllhorn" von ISDN-Anwendungen berechtige zu der Annahme, daß ISDN zur Zeit mit "It starts delivering now" gleichzusetzen sei. Es stehe nämlich inzwischen nicht mehr zur Diskussion, ob ISDN in großen Installationen auf der Basis von Twisted-Pair-Kabeln installiert werde, diskutiert würden vielmehr die letzten Details des Wie, betonte der Telemanagement-Boß.

Folgt man Angus Ausführungen, so gilt es folgende typische Vorurteile auszuräumen:

- ISDN steht im Wettbewerb mit lokalen Netzen klassischer Herkunft.

Dies bedeutet nicht, so Angus, daß die beiden Vernetzungsarten identische Schwächen und Stärken haben.

Ihre Anwendungsfelder überlappen sich nur teilweise. Die Stärke der LANs läge darin, eine Gruppe von - meist sind es weniger als zehn - Arbeitsplätzen optimal miteinander verbinden zu können. Stärke der ISDN-Technologie hingegen sei es, die Verbindung dieser LAN-Inseln zum WAN (wide area network) herzustellen und Brücken zwischen den unterschiedlichen LANs schlagen zu können.

- Die ISDN-Bandbreite ist zu klein.

Zum Leidwesen von Angus wird diese "Theorie" von Digital Equipment verfochten, aber auch von anderen LAN-Anbietern; richtig sei jedoch, daß die ISDN-Übertragungsrate von 64 KBit/s vierzigmal höher ist als die der meisten installierten heutigen LANs.

- ISDN führt dazu, daß Anwender das Telefonnetz "subventionieren".

Angus räumt ein, daß die heutigen Anwender für ISDN keinen Bedarf anmelden, Tatsache sei jedoch, daß die Kosten der vorhandenen Carriernetze zur Zeit sowohl für die Anwender wie auch für die Carrier selbst "prohibitiv" seien. Genauso wie diese Anbieter von Netzdiensten zunehmend auf ISDN wechselten, um ihre Kosten unter Kontrolle zu halten, würden natürlich auch die Anwender deren Dienste-Angebote mit wachsendem Interesse betrachten.

- ISDN ist zu teuer.

Die allgemeinen Telekommunikationskosten seien in der Tat ein ernstes Problem für die meisten Anwender, bestätigte der Referent. Zuversichtlich stimme aber, daß Carrier und Anwender gleiche Interessen haben, nämlich die Kosten zu senken.

- ISDN nötigt die Anwender, ihr Equipment von Analog- auf Digitaltechnik umzustellen, zwingt also zu einer Alles-oder-Nichts-Position.

Die Furcht VOF ISDN-Inseln sei völlig überzogen, meint Angus. Alle ISDN-Entwicklungen, die zur Zeit "in der Pipeline" seien, hätten Schnittstellen zu anderen bereits eingeführten Netzwerk-Komponenten.

- ISDN ist weit entfernt von seiner Realisierung, deshalb kann man es guten Gewissens ignorieren.

"ISDN kommt schneller als man denkt, und das hat wenig mit dem Anwenderbedarf zu tun", erklärte Angus abschließend; die Anbieter von Telekommunikations-Dienstleistungen, Carriers und VAN-Anbieter (VAN-Value Added Network), müßten nämlich dringend etwas zur Eindämmung ihrer Netzkosten unternehmen.

Der Moderator der Interface-Diskussion, Clark N. Okun, Vice-President der STI Communications in Rutherford/New Jersey, untermauerte die Angus-Statements mit der Feststellung, daß ISDN inzwischen auf Platz Nummer zwei des Interesses innerhalb der Firmenleitungen gerückt sei. Er berief sich auf eine aktuelle Übersicht über private digitale Nebenstellenanlagen bei kleinen, mittleren und großen Unternehmen.