Experten

IPv6 nicht auf die lange Bank schieben

19.05.2011
Von pte pte
Der Umstieg von IPv4 auf den neuen Internet-Adressstandard IPv6 drängt zunehmend.

"Es ist kein Jahr-2000-Problem. Es gibt keinen Stichtag, an dem wir umschalten müssen", beruhigt Alfred Pufitsch, Geschäftsführer beim Telekommunikationsanbieter Tele2, zwar. Doch gemeinsam mit den Partnern Cisco, Kapsch und NST macht der Provider im Rahmen des Tele2-IPv6-Forums klar: Unternehmen, die sich jetzt auf die Umstellung ihrer IT vorbereiten, können sich langfristig Geld und Sorgen sparen. Denn nicht zuletzt dank mobilem Internet ist IPv6 unvermeidbar.

Der Vorrat der bisherigen IPv4-Adressen wird sich wohl dieses Jahr erschöpfen. Die Verknappung zeigt bereits Wirkung. Mathias Wietrychowski, Manager für Systems Engineering bei Cisco, verweist darauf, dass Microsoft sich Vorräte aus der Nortel-Konkursmasse gesichert hat. "Es gibt mittlerweile Broker, die versuchen, mit IPv4-Adressen zu handeln", betont er zudem. Dabei steigt der Bedarf an Internetadressen derzeit rasant. Das liegt an Technologien wie Smartphones, Tablets oder Smart Grids ebenso wie an aufstrebenden Märkten insbesondere in Asien.

"IPv6 bietet genug Adressen, um jedem Sandkorn auf dem Planeten mehrere Adressen zuweisen zu können", sagt Peter H. Schoinz, Systems Engineer bei Kapsch BusinessCom. Zwar können Unternehmen ihre IT-Infrastruktur nicht von heute auf morgen umstellen. Doch sind sich die Experten auf dem IPv6-Forum einig, dass es Zeit für die Vorbereitung ist. "Man muss sich jetzt überlegen, was es auf die Dauer bedeuten wird", mahnt Dietmar Gaar, Senior IT Architect bei NTS. Das erlaubt in den nächsten Jahren strategisch sinnvolle Investitionen.

"IPv6 ist eine Evolution, keine Revolution", betont Pufitsch. Der Standard ist immerhin seit Mitte der 90er in Arbeit und moderne Netzhardware ist oft schon IPv6-tauglich, sodass Softwareaktualisierungen für die Umstellung genügen. Wie Gaar erläutert, ist es daher für Unternehmen sinnvoll, jetzt eine Analyse ihrer Infrastruktur durchzuführen. Das ermöglicht eine frühzeitige Entscheidung, wie man langfristig mit nicht IPv6-fähigen System umgeht. Bei notwendigen Erneuerungen ist es jedenfalls sinnvoll, in IPv6-taugliche Hardware zu investieren - damit kann es langfristig nicht zu unliebsamen Überraschungen kommen.

"Es gibt schon heute viele Betriebssysteme, die IPv6 einsetzen können", erklärt zudem Wietrychowski. Das umfasst Windows 7, iOS und Android. Schointz betont weiter, dass mit dem neuen Standard auch Vorteile wie beispielsweise einfachere, effizientere Header für Verbindungsanfragen verbunden sind. "Wir wollen hier vermitteln, dass man keine Angst vor IPv6 haben muss", sagt er.

Ein Thema im Rahmen des IPv6-Forums ist auch der von der Internet Society für 8. Juni angesetzte "World IPv6 Day". An diesem Tag werden große Webseiten wie Google, Facebook und Yahoo testweise via IPv6 erreichbar sein. Für teilnehmende Provider wie Tele2 ist das ein wichtiger Test, ob ihre Infrastruktur - von Routern über Switches bis hin zu DNS-Servern - auch fehlerfrei mit dem neuen Standard arbeitet. Für Lösungsanbieter wie Cisco und Kapsch verspricht der Testlauf zudem wertvolle Erkenntnisse für zukünftige IPv6-Umsetzungen. (pte)