Mit systematischer DV-Planung zu höherer Anlagenverfügbarkeit, Teil 2:

IPS-Systeme optimieren Instandhaltung

25.11.1988

Gestiegener Automatisierungsgrad und zunehmende technische und organisatorische Verkettung von Maschinen und Anlagen stellen immer höhere Anforderungen an die Verfügbarkeit der Produktionsmittel - und damit auch an die Planung und Steuerung der Instandhaltung. Ein wirksames Hilfsmittel zur Bewältigung der gestiegenen Anforderungen stellen Instandhaltungsplanungs- und

-steuerungssysteme (IPS-Systeme) dar.

Nachdem das Organisationskonzept mit seinen Bestandteilen Auftragswesen, Anlagewesen und Schnittstellen im Unternehmen verabschiedet ist, müssen alle Anforderungen an das IPS-System in einem Pflichtenheft dokumentiert werden. Während das Organisationskonzept sowohl inhaltlich als auch sprachlich auf die Belange der Instandhaltung im Unternehmen abgestimmt und gleichzeitig Grundlage für die anschließende Realisierung der erforderlichen organisatorischen Änderungen ist, muß das Pflichtenheft diese Anforderungen detailliert in eine DV-technische Sprache übersetzen.

Hierbei ist jedoch darauf zu achten, daß jede Anforderung im Pflichtenheft tatsächlich den Ideen des Organisationskonzeptes entspricht. Bei der Erstellung sollte man sich nicht scheuen, auch Anforderungen aufzuführen, die man zunächst für selbstverständlich hält. Nur wenn ein Anbieter hierzu tatsächlich Stellung genommen hat, ist sichergestellt, daß sie erfüllt werden können.

Im Pflichtenheft sollten auch weitergehende Fragen und Anforderungen, etwa gezielte Fragen nach den Erfahrungen des Anbieters bei vergleichbaren Anwendern oder nach Hardware-spezifischen Details, formuliert werden.

Die Angabe eines detaillierten Mengengerüstes, etwa die geschätzte Anzahl von zu verwaltenden Aufträgen der verschiedenen Typen oder Mengenangaben und Häufigkeiten für Datenaustausch mit anderen DV-Anwendungen und die Formulierung von "Muß-", "Mindest-" und "Kann-Anforderungen" erleichtern dem Anbieter die Einschätzung der Bedeutung einzelner Anforderungen und ermöglichen ihm so die Abgabe eines detaillierten Angebotes.

Der allgemeine Teil des Pflichtenheftes spricht die Referenzen und Erfahrungen des Anbieters an. Darüber hinaus werden auch Hardwarespezifika abgefragt. Das im vorangegangenen dargestellte Konzept für die Auftragsabwicklung findet seinen Niederschlag im zweiten Teil des Pflichtenheftes. Zum besseren Verständnis für den Anbieter sollte diesem Teil des Pflichtenheftes ein Ablaufplan der zukünftigen Auftragsabwicklung beigefügt sein. An diesem Ablaufplan orientiert sich die Darstellung der Anforderungen an das IPS-System.

Grobcheck mit K.-o.-Kriterien

Die Anforderungen an das Anlagenwesen etwa in bezug auf die sich aus der Gliederung ergebende Stellenzahl, die Matchcodefähigkeit und die Gesamtzahl der zu verwaltenden Datensätze werden im dritten Teil des Pflichtenheftes formuliert. Weitere Komponenten enthalten Anforderungen an die Analysefunktionen, die Unterstützung der Materialwirtschaft und Angaben über die Kosten des Systems.

Auch wenn viele Anwender sich auf den Standpunkt zurückziehen, daß eine genaue Kostensumme wegen der erforderlichen Anpassungen nicht angegeben werden kann, sollte eine Kostenschätzung für die Punkte Standardpaket, Anpassungen, erforderliche Hardware und Schulung möglich sein.

Vor dem Hintergrund des späteren Aufwands zur Bewertung und Auswahl eines IPS-Systems auf Basis der durch die Anbieter ausgefüllten Pflichtenhefte, aber auch wegen der sehr detaillierten Offenlegung vieler instandhaltungs- und unternehmensinterner Sachverhalte im Pflichtenheft, sollte mit Hilfe eines Grobchecks der Kreis der Pflichtenheftempfänger auf maximal fünf bis zehn Anbieter reduziert werden.

Ein solcher Grobcheck wird mit Hilfe von K.-o.-Kriterien durchgeführt. Diese können aufgrund der zu unterstützenden IPS-Funktionen abgeleitet werden. Beispielsweise ist zu entscheiden, ob mit dem zukünftigen System neben den eigentlichen Instandhaltungsfunktionen auch die Materialwirtschaft unterstützt werden soll.

Hardware grenzt DPS-Systemauswahl ein

Darüber hinaus kann es sich möglichweise erübrigen, Anbieter von reinen Wartungs- und Inspektionsprogrammen in die Auswahl einzubeziehen. Die Anzahl der zu verwaltenden Aufträge und Anlagen kann eventuell die Berücksichtigung von PC-Systemen erübrigen. Die Auseinandersetzung mit den Schnittstellen zu anderen DV-Systemen, im Unternehmen bereits vorhandener Hardware oder durch das Unternehmen vorgegebenen DV-Strategien (zentraler oder dezentraler DV-Einsatz) erfordern oft, daß nur bestimmte Hardwaresysteme für das zukünftige IPS-System in Frage kommen. Solche K. o.-Kriterien können den Kreis der potentiellen Anbieter ebenfalls erheblich reduzieren.

Wenn in diesem Grobcheck jedoch die Schwerpunkte zu sehr auf nicht instandhaltungsspezifische Anforderungen gelegt werden, besteht die Gefahr, aus Sicht der Planung und Steuerung von Instandhaltungstätigkeiten eventuell besser geeignete IPS-Systeme aus den weiteren Betrachtungen auszuschließen. Andererseits gestaltet es sich vielfach sehr schwierig, instandhaltungsspezifische Funktionen in einem derartigen Grobcheck zu berücksichtigen, da der erforderliche Marktüberblick häufig nur mit Hilfe externer Unterstützung verschafft werden kann.

Um die Wirtschaftlichkeit eines DV-Einsatzes in der Instandhaltung im voraus abschätzen zu können, wurde am Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) ein PC-unterstütztes Wirtschaftlichkeitsprognoseverfahren entwickelt, mit dessen Hilfe sich alle quantifizierbaren Kosten- und Nutzengrößen abschätzen lassen.

Die Erfassung der Kosten- und Nutzenfaktoren beziehungsweise der zur Berechnung erforderlichen Größen erfolgt direkt am Bildschirm im Dialog zwischen dem Rechner und dem jeweiligen Fachmann eines Unternehmens. Treffen einzelne Kosten- und Nutzenfaktoren in einem Anwendungsfall nicht zu, beispielsweise, wenn in einem kleineren Unternehmen keine DV-Abteilung besteht, werden die entsprechenden Faktoren mit dem Wert Null belegt.

Um hierbei möglichst realistische Schätzwerte als Berechnungsgrundlage anzusetzen, werden viele Faktoren ihrerseits über fest programmierte arithmetische Formeln aus Teilfaktoren automatisch errechnet.

Beispielsweise ergeben sich die Kosten für die Bedienung des IPS-Systems aus der Anzahl der Bediener multipliziert mit der durchschnittlichen täglichen Bedienungszeit und dem betriebsüblichen Stundensatz.

Um dem Anwender des Verfahrens einen ersten Anhaltspunkt für die Größenordnung einzelner Faktoren zu vermitteln und ihm somit die realistische Schätzung der auf das eigene Unternehmen bezogenen Daten zu erleichtern, kann auf eigene Erfahrungen des FIR beruhende Zahlenwerte zurückgegriffen werden.

Nachdem die Eingaben vom Rechner verarbeitet worden sind, werden die Ergebnisse für eine übersichtliche Darstellung in einem Erfassungsmodell aufbereitet. Die Darstellung wird auf fünf Jahre begrenzt, da sich kleinste Ungenauigkeiten in den Schätzungen sonst zu stark auswirken. Bei der Wahl der Abschreibungsperioden können jedoch auch andere Zeiträume angenommen werden, wobei die Darstellung aber nach fünf Jahren beendet wird.

Nachdem Kosten und Nutzen für jeden Planungsabschnitt in das DV-unterstützte Wirtschaftlichkeitsprognosesystem eingegeben worden sind, erfolgt automatisch eine Kumulierung aller entstandenen Kosten und Nutzen über alle Planungsjahre. Sobald die Differenz von kumuliertem Nutzen und Kosten einem Vorzeichenwechsel unterliegt, wird der Amortisationszeitpunkt überschritten und damit gleichzeitig die Gewinnschwelle erreicht. Die relative Rendite ergibt sich für jedes Jahr aus dem Verhältnis von Nutzen minus Kosten zu Kosten. Die Gesamtrendite errechnet sich aus dem Verhältnis von Gesamtnutzen minus Gesamtkosten zu Gesamtkosten.

Aufbauend auf dem erweiterten Wirtschaftlichkeitsbegriff, der Wirtschaftlichkeit als das Verhältnis von Kosten zu Nutzen definiert, lassen sich drei Anwendungsfälle des Verfahrens beschreiben:

1. Bei festen Vorstellungen bezüglich der Wirtschaftlichkeit (zum Beispiel Amortisation < 3 Jahre) und des monetär quantifizierten Nutzens (beispielsweise geschätzte Einsparung an Personalkosten in Prozent) lassen sich diejenigen Investitionskosten ermitteln, die maximal eingesetzt werden dürfen, um die geforderte Amortisation zu erreichen.

2. Bei festen Vorstellungen bezüglich der Kosten und des monetär quantifizierbaren Nutzens läßt sich die Wirtschaftlichkeit (etwa Rendite der Investition) berechnen.

3. Bei festen Vorstellungen bezüglich der Wirtschaftlichkeit und der Kosten läßt sich der notwendige Nutzen berechnen, damit das angestrebte Ziel erreicht wird.

Amortisationsverlauf wird ständig überwacht

Die drei Anwendungsfälle lassen sich durch Variation der entsprechenden Parameter unter Konstanthaltung der übrigen Einflußgrößen realisieren. Da der Nutzen und die Kosten aus vielen Einzelfaktoren bestehen, kann eine Annäherung an gewünschte Ergebnisse nur iterativ geschehen. Eine gleichzeitige grafische Darstellung der Kumulationsergebnisse beziehungsweise Amortisation, die durch die Fenstertechnik DV-unterstützt ermöglicht wird, übernimmt dabei die Sensitivitätskontrolle. Damit kann der Einfluß jeder Änderung einzelner Parameter auf die Amortisationsdauer direkt überwacht werden.

Organisation will laufend überprüft sein

Vorteil der PC-unterstützten Wirtschaftlichkeitsprognose sind der geringe Aufwand und die flexiblen Möglichkeiten zur Variation der verschiedenen Faktoren. Falls eine Wirtschaftlichkeit innerhalb gesteckter Zeiträume ermittelt werden kann, können mit dem zur Verfügung stehenden Investitionsvolumen und der festgelegten Kostenstruktur alternative DV-unterstützte Organisationskonzepte miteinander verglichen werden. Bereits zu diesem Zeitpunkt kann sich die Anwendung der Wirtschaftlichkeitsprognose durch gezieltere Planung positiv bemerkbar machen, da sie auch dazu zwingt, sich mit organisatorischen Abläufen auseinanderzusetzen.

Das Organisationskonzept im Rahmen der Auswahl und Einführung von Standardsystemen für die Instandhaltungsplanung und -steuerung ist wichtig. Ohne seine Erstellung und damit die detaillierte Auseinandersetzung mit dem Auftrags- und Anlagenwesen sowie dem Komplex der Schnittstellen ist die Erstellung eines detaillierten, alle Anforderungen umfassenden Pflichtenheftes praktisch ausgeschlossen. Dieses Pflichtenheft ist aber Voraussetzung für die Auswahl des anforderungsgerechten IPS-Systems.

Kennzahlen geben über Ist-Zustand Aufschluß

Um den Erfolg eines DV-Einsatzes in der Instandhaltung zu beurteilen, sollte man vor der Einführung des IPS-Systems entsprechend der oben aufgeführten Ziele des DV-Systems Kennzahlen bilden, deren Entwicklung im Zeitverlauf den Nutzen anzeigt. Auf der Basis der für die Entwicklung des Organisationskonzeptes erforderlichen Istzustandsanalyse lassen sich entsprechende Kennzahlen für diesen Zeitpunkt leicht bilden.

Die rechnerische Verknüpfung dieser Werte in Form einer Wirtschaftlichkeitsberechnung kann jedoch nur unternehmensindividuell mit einer Abschätzung der Kosten- und Nutzendaten erfolgen, die zwangsläufig sehr viele unternehmensspezifische Randbedingungen in Form von mehr oder weniger intuitiven Annahmen beinhalten muß.

Analyse zeigt, ob sich ein IPS-System lohnt

Läßt sich die Kostenseite noch relativ einfach in entsprechenden Geldgrößen quantifizieren, kann dieses für die Nutzenseite häufig nur eine Festlegung von Zielgrößen, etwa basierend auf Erfahrungsberichten anderer Anwender, bedeuten, deren Erreichung im Laufe der Zeit Schritt für Schritt angestrebt wird. Das hierzu am FIR entwickeltes, PC-unterstützte Verfahren zur Wirtschaftlichkeitsprognose ermöglicht eine Investitionsrechnung, indem der zu erwartende Nutzen anhand einer Vielzahl von Faktoren abgeschätzt werden kann. Unter Berücksichtigung entstehender Kosten kann hiermit eine Analyse durchgeführt werden, ob sich ein IPS-System in vertretbarer Zeit amortisiert.

Dipl.-Kfm. Thomas Naß und Dipl.-Ing. Andreas Syska sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Forschungsinstitut für Rationalisierung e.V. (FIR) an der RWTH Aachen.